Normalerweise reagiert der menschliche Körper auf das Erleben von Angst mit einer Aktivierung der HPA-Achse. Diese Aktivierung führt zu einer ACTH- und Kortisol-Sekretion. Eine Panikattacke stellt für Patienten eine starke emotionale Stresssituation dar. Bisher gibt es nur wenige Studien, die das Stresshormonsystem bei situativ getriggerten oder spontanen Panikattacken untersucht haben (Bandelow et al., 2000; Cameron et al., 1987 und Woods et al., 1987). Cameron und Woods konnten keine signifikante Kortisol-Sekretion während der Panikattacken aufzeigen, jedoch konnte Bandelow einen Kortisolanstieg während Panikattacken beschreiben. Diese unterschiedlichen Studienergebnisse und die Tatsache, dass bisher nur Kortisol und nicht ACTH untersucht wurden, ergab die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen. Diese Studie sollte klären, wie sich Kortisol, ACTH und das subjektive Angstempfinden bei situativ getriggerten Panikattacken verhalten. Es wurden 10 Patienten mit Panikstörung und Agoraphobie und 10 nach Alter und Geschlecht ausgewählte Kontrollprobanden untersucht. Die Patienten wurden mit einer 4- wöchigen kognitiven Verhaltenstherapie behandelt. Im Rahmen der KVT nahmen sie in drei aufeinanderfolgenden Wochen an insgesamt drei individuellen Expositionstrainings teil. Durch die Exposition an agoraphobischen Orten und Situationen wurde Angst erzeugt. Vor, während und nach der Exposition wurden subjektiven Angstwerte erhoben und simultan dazu ACTH- und Kortisol- Konzentrationen im Blutplasma ermittelt. Die Kontrollprobanden durchliefen die gleichen Expositionen. Anschließend verglichen wir die Angst- und Hormonwerte der Patienten und der Kontrollen bei den drei Expositionen miteinander und analysierten die Unterschiede mit mehrfaktoriellen ANOVAs. Die Patienten hatten schon zu Beginn des Expositionstages erhöhte Angstwerte, welche beim Betreten des Expositionsortes stark anstiegen. Der parallel zur Angst erwartete Anstieg der Stresshormone blieb aus. Zwar zeigt sich, dass die Patienten zu Beginn der Exposition, in der Phase der Erwartungsangst, erhöhte Kortisolspiegel im Vergleich zu den Kontrollen haben, jedoch können wir keinen Anstieg der Kortisolkonzentration während der Exposition messen. In der Erholungsphase nach der Exposition nähern sich die Kortisolwerte der Patienten und Kontrollen einander an. Bei den ACTH-Werten zeigen sich zu Beginn des Expositionstages in beiden Gruppen vergleichbare Werte, wobei die Patienten in der Erholungsphase verglichen mit den Kontrollen niedrigere Werte aufweisen. In beiden Fällen spiegeln sich die unterschiedlichen Verläufe von Patienten und Probanden in signifikanten Interaktionen von Gruppe und Phase wider. Über die drei Expositionen hinweg nahm die Furcht ab. Wir können einen signifikanten Unterschied zwischen der ersten und der dritten Exposition feststellen. Bei den Hormonen können wir ebenfalls einen signifikanten Abfall über die drei Expositionen verzeichnen, diesen jedoch nach Korrektur für multiples Testen nur im statistischen Trend in einer Abnahme von Expo 1 auf 2 und für ACTH zusätzlich noch von Expo 1 auf Expo 3 lokalisieren. Die Patienten zeigten in dieser Studie eine Dissoziation von Furcht und den Konzentrationen der beiden Stresshormone während einer Expositionstherapie. Dieses Paradoxon wurde auch schon 2010 von Petrowski et al. beschrieben. Dort wurden Patienten mit Panikstörung und Kontrollen einem psychosozialen Stressor (TSST) ausgesetzt. Beide Gruppen zeigten subjektiv empfundenen Stress, aber die Patienten zeigten keinen Anstieg von Kortisol. Wenn man unsere Ergebnisse mit denen der eben genannten Studie vergleicht, so kommt man zu dem Schluss, dass Patienten mit einer Panikstörung eine pathologisch veränderte HPA-Achsen- Reagibilität auf Stress haben. Durch die fehlende Kortisol-Sekretion während einer situativ getriggerten Panikattacke könnte es dem Patienten schwerer fallen in der (Stress-) Situation umzulernen. Als neue Behandlungsansätze könnte man den Patienten vor der Exposition oral Kortison verabreichen. Dadurch könnte eventuell die angstbesetzte Situation einfacher umgelernt werden. Um die biologischen Prozesse bei Patienten mit Panikstörung besser zu verstehen, sind weitere Studien über die Stresshormone Adrenalin, ACTH und Kortisol vor und während Panikattacken und vor und während dem TSST sowie über die Basalwerte der Hormone notwendig. Durch das Verstehen der genauen hormonellen Abläufe bei Patienten und Probanden können neue Therapieansätze wie z.B. Kortison-Gabe bei Expositionstherapien abgeleitet werden.
Inhealthy subjects fear leads to an activation of cortisol. Studiesshowed ambiguous results regarding the activation of cortisol duringpanic attacks. ACTH-activation during panic attacks has not beenstudied in natural panic attacks so far. Inthis study the level of subjective fear and the plasma levels of ACTHas well as cortisol were examined before, during and after in- vivoexposures to individual phobic situations in ten patients with panicdisorder and agoraphobia. The exposures were part of cognitivebehavioral therapy. Tenmatched healthy control subjects underwent the same exposures. Differencesin levels of fear and stress hormones between patients and controlsduring exposure were compared by multifactorial analysis of variance.Patients had significantlyhigher subjective fear levels than controls. But nosignificant increase in concentrations of cortisol and ACTH werefound during exposure. Patientsâ cortisolconcentrations were slightly higher than those of controls atbaseline but no further increase during exposure was apparent. ACTHconcentrations in patients and controls were similar before andduring exposure, and even lower in patients than those of controls atrecovery. The differences of hormone levels in patients and controlsover time were reflected by significant interaction effects of groupsand phases. Inconclusion patients with panic disorder and agoraphobia seem to havea limited capacity to activate the hypothalamic-pituitary- adrenalaxis during panic attacks.