Molekular-epidemiologische Untersuchungen komplexer Erkrankungen können gewissermaßen als Bindeglied zwischen klinischer und Grundlagen-orientierter Forschung aufgefasst werden. Auf der einen Seite steht das Ziel, die Beziehung eines Merkmals zum Erkrankungsrisiko selbst oder zu einem bestimmten Erkrankungsverlauf für prophylaktische oder therapeutische Entscheidungen nutzbar zu machen. Andererseits verlangt der Nachweis einer derartigen Beziehung die Aufklärung des zugrundeliegenden biologischen Mechanismus. Insbesondere von einer Überführung molekular-epidemiologischer Untersuchungs- ergebnisse in klinische Diagnose- und Behandlungsabläufe ist man heute noch weit entfernt. Dies liegt unter anderem an der beträchtlichen Heterogenität der einzelnen komplexen Erkrankungen, deren Umfang sich zunehmend erschließt, sowie an der interaktiven Art und Weise, wie verschiedene Risikofaktoren in die pathogenetischen Mechanismen eingebunden sind. Die in unseren Arbeiten zur rheumatoiden Arthritis (RA) dargestellten Befunde, die den PADI4 Genotyp als Risikofaktor für diese Erkrankung beschreiben, die darauf hinweisen, dass diese Assoziation auf solche Patienten mit einem schweren Erkrankungsverlauf beschränkt ist, die den PADI4 Genotyp als signifikanten Modulator des den Krankheitsverlauf beeinflussenden Effekts der Anti-CCP Antikörper identifizieren und die eine Gen-Gen-Interaktion zwischen dem HLA-DRB1 Shared Epitope und dem PADI4 Genotyp in Hinblick auf die Entwicklung von antinukleären Antikörpern (ANA) nachweisen, ein Befund, welcher die Hypothese zweier weiterer RA Subgruppen – einer ANA positiven und einer ANA negativen – nahe legt, stellen exemplarisch die Vielschichtigkeit dieser Erkrankung dar. Auch die von uns beschriebene Beziehung der Marburg I Variante der FSAP mit venösen Thromboembolien, die sich auf die Subgruppe der idiopathischen Ereignisse beschränkt, verdeutlicht die Notwendigkeit, bei Untersuchungen zu komplexen Erkrankungen die Erkrankungsheterogenität in angemessener Weise zu berücksichtigen. Wegen der ausgesprochenen Komplexität solcher vieldimensionaler Betrachtungen überrascht es nicht, dass für die Risiko- und Verlaufsabschätzung vieler komplexer Erkrankungen die Familienanamnese als Synthese aus Exposition und Disposition – aus genetischen und Umweltfaktoren sowie aus familiär geprägten Verhaltensweisen – dem Großteil auch gut charakterisierter genetischer Risikofaktoren heute noch deutlich überlegen ist. Dies ist vielmehr als Hinweis auf die Notwendigkeit weitergehender Bemühungen in der molekular-epidemiologischen Forschung zu werten.
Incidence and clinical course of complex diseases are influenced by genetic as well as environmental factors, which exhibit considerable interactive effects. In this work, data are presented on: \- the influence of the PADI4 genotype on susceptibility to rheumatoid arthritis \- the modulation of the course of rheumatoid arthritis by the PADI4 genotype \- the association of FSAP Marburg I with idiopathic venous thromboembolism.