Einleitung: Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche und degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems. Am weitesten akzeptiert wird derzeit eine autoimmune, T-Zell-vermittelte Genese. Seit 2007 postuliert jedoch eine italienische Arbeitsgruppe eine „Chronische Cerebrospinale Venöse Insuffizienz“ (CCSVI) als Ursache und schlägt Gefäßeingriffe als Therapie vor. Ziel dieser Arbeit ist es, eine Methode zur halbautomatischen Quantifizierung retinaler Gefäße auf laserophthalmoskopischen Fundusbildern (Scanner Laser Ophtalmoscopy, SLO) zu entwickeln und zu evaluieren. Mit Hilfe dieser Methode soll untersucht werden, ob bei MS-Patienten gegenüber gesunden Probanden Veränderungen retinaler Gefäße vorliegen. Fokus sind insbesondere Veränderungen der Venen, die im Sinne der CCSVI-Hypothese bei einer Abflussstörung der drainierenden zerebralen und zervikalen Venen zu erwarten wären. Methoden: Es wurde eine neue Methode entwickelt, die die halbautomatische Quantifizierung retinaler Gefäße auf SLO-Bildern ermöglicht. Zunächst erfolgte eine manuelle Einteilung der Gefäße in Arterien und Venen sowie nicht klassifizierbare, unbekannte Gefäße. Anschließend wurde an definierten Messpunkten mit Hilfe des Grauwertverlaufs eine automatische Messung des Gefäßkalibers durchgeführt. Die Evaluation dieser neuen Methode zeigte sehr gute Übereinstimmungen mit der bereits etablierten Methodik zur Vermessung von Fundus-Fotos und erwies sich darüber hinaus als ausgesprochen wenig untersucherabhängig. Ergebnisse: Für diese Untersuchung wurden Aufnahmen von 108 Patienten mit MS oder klinisch-isoliertem Syndrom mit denen von 96 gesunden Kontrollen verglichen. Dabei zeigten sich keine signifikanten Unterschiede der Gefäßkaliber. Es zeigte sich jedoch eine signifikante Korrelation der Gefäßdurchmesser mit der im OCT bestimmten Nervenfaserschichtdicke (RNFL) und dem Makulavolumen (TMV). Diskussion: Diese Studie konnte keinen Hinweis auf eine venöse Abflussstörung bei MS-Patienten zeigen. Damit reiht sie sich in eine ganze Serie von Untersuchungen ein, die in Reaktion auf die umstrittene CCSVI-These durchgeführt wurden und keinen Hinweis auf eine MS-spezifische venöse Abflussstörung finden konnten. Die Korrelation der Gefäßkaliber mit RNFL und TMV muss zukünftig als möglicher Störfaktor Beachtung finden, da gemessene Effekte möglicherweise durch Gefäßveränderungen verstärkt oder maskiert werden könnten.
Introduction: Multiple sclerosis (MS) is a chronic inflammatory and degenerative disease of the central nervous system. Most accepted is an autoimmune and T-cell mediated etiology. However, since 2007 an Italian research team postulates a “Chronic Cerebrospinal Venous Insufficiency “ (CCSVI) as a main cause of MS and suggests angioplasty as a potential cure. The aim of this dissertation is to develop and to evaluate a method for semi- automatic quantification of retinal vessels on scanning laser ophthalmoscopic (SLO) pictures. By using this method the aim is to examine differences in retinal vessel caliber, especially a potential enlargement of retinal veins, between MS patients and healthy controls. Methods: A new method for semi- automatic quantification of retinal vessels on SLO pictures has been developed. First, all vessels are manually categorized as arteries, veins or unknown vessels. Second, at defined measuring points an automatic algorithm using gray scale gradient determined the vessel caliber. Evaluation of this method showed very good conformance with established methods of quantifying vessels on fundoscopic photos as well as a very low dependency on investigators. Results: Retinal pictures from 108 patients suffering from MS or clinically isolated syndrome have been compared with pictures from 96 healthy controls. There was no significant difference of vessel caliber between both groups. However, a significant correlation of vessel calibers and retinal nerve fiber layer thickness (RNFL) as well as total macular volume (TMV) has been identified. Discussion: There was no sign of venous insufficiency in MS patients in this study. Therewith this study is in line with many other studies performed in reaction to the CCSVI thesis not showing any signs of MS specific venous insufficiency. The shown correlation of vessel calibers with RNFL and TMV needs to be considered as a disruptive factor measuring these parameters that could potentially enlarge or reduce existing effects.