Ziel der vorliegenden Studie war es, die derzeit weltweit angewandte Methode zur Beurteilung des Säuren-Basen-Status, das heißt die Interpretation von Abweichungen in pH-Wert, pCO2 und BE mit dem neueren Stewart Modell während der Infusionstherapie beim Pferd zu vergleichen. Das Stewart-Modell stützt sich auf die Begutachtung dreier unabhängiger Variablen, dem pCO2, der Differenz von starken Ionen (SID) und der Gesamtheit an nichtflüchtigen, schwachen Säuren (Atot). Weiterhin kann die Differenz zwischen gemessenen und ungemessenen starken Ionen (SIG) bei der Beurteilung hinzugezogen werden. In einer ersten Teilstudie wurden bei 38 klinisch unauffälligen Pferden die unabhängigen Variablen SID und Atot sowie Werte für SIG bestimmt und mit den wenigen in der Literatur angegeben Werten für das adulte Pferd verglichen. Die SID wurde auf 2 verschiedene Arten bestimmt, als apparente SID3 und SID4. Für die 38 klinisch unauffälligen Pferden ergab sich folgende Formel: SID3(mmol/l)=x±s=41,84±1,69 und SID4(mmol/l)=x±s=40,91±1,69. Atot wurde mittels der für das Pferd vorgeschlagenen Formeln des vereinfachten Stewart- Modells nach CONSTABLE, 1997 ebenfalls zweifach berechnet, einmal aus dem Gesamteiweiß und einmal aus [Pi], [Alb] und [Glob]. Es ergab sich Atot,1(mmol/l)=x±s=14,5±1,42 und Atot,2(mmol/l)=x±s=13,48±0,99. Diese Werte stimmten mit den meisten Ergebnissen in der Literatur gut überein. Der Vergleich beider Werte für Atot ergab Atot,1-Atot,2=x±s=1,02±1,51(mmol/l). Diese Differenz ist klinisch von keiner erheblichen Relevanz und es kann vorgeschlagen werden, Atot,2 nur bei einem Verdacht auf Veränderung im Phosphatgehalt oder veränderter Albumin/Globulin-Ratio zu berechnen. SIG wurde ebenfalls nach dem Modell Constable s berechnet und es ergab sich SIG=x±s=-4,75±2,65(mmol/l). Weiterhin wurde in der ersten Teilstudie für alle 38 Tiere der venöse pH-Wert aus den unabhängigen Variablen berechnet und mit dem gemessenen pH-Wert mittels der Methode nach Bland-Altman verglichen. Die eigenen Ergebnisse zeigten eine Übereinstimmung von: pHven,gemessen pHven,errechnet=x±2xs=-0,073±0,092. Die zweite Teilstudie bestand aus der Beobachtung von 6 Fallbeispielen. Hierzu wurde zu Beginn, in der Mitte, am Ende, und in 5 Fällen 1 Stunde nach einer Infusionstherapie der Säuren-Basen- Status anhand beider Modelle beurteilt. Es zeigte sich, dass das Stewart- Modell besser als das traditionelle Modell geeignet ist, die Auswirkungen einer Infusionstherapie auf die Säuren-Basen-Homöodynamik zu erklären. So wurde bei mehreren Patienten festgestellt, dass die Infusion einer Lösung mit eigener SID=0 mmol/l (NaCl (0,9%) und (7,5%), Ringerlösung, HES) auf Grund ihrer Senkung der SID des Tieres eine azidierende Wirkung hat. Diese wird aufgrund der Senkung von Atot teilweise kompensiert. Die alkalisierende Wirkung von NaBiC (4,2%) ließ sich in einem Fallbeispiel sehr gut anhand der Erhöhung der SID erklären. Als großer Vorteil gegenüber dem traditionellen Ansatz stellte sich die Möglichkeit heraus, mit Hilfe des Stewart-Modells die metabolische Komponente von Dyshydrien deutlich differenzierter zu betrachten und gerade so die Einflüsse einer Infusionstherapie durch Veränderungen der Elektrolyt- und Proteinbalance besser beschreiben zu können. In einigen Fällen konnten so Diagnosen gestellt werden, die sich bei Betrachtung nach dem traditionellen Ansatz nicht aufzeigten.
The purpose of this study was to compare traditional and quantitative approach to analysing acid-base imbalances in horses. In the quantitative approach (Stewart-Model) the acid-base-status is assessed by looking at three independent variables: the Strong Ion Difference (SID), the total amount of nonvolatile acids (Atot) and the carbon dioxide partial pressure (pCO2). The study was divided in two parts. First we obtained preliminary reference values for SID and Atot in healthy horses (n=38) and compared these to recent studies of other authors. We gained for SID3(mmol/l)=x±s=41,84±1,69 und SID4(mmol/l)=x±s=40,91±1,69.Atot was arrived at using the simplified model (CONSTABLE, 1997) from total protein as Atot,1(mmol/l)=x±s=14,5±1,42 and from concentration in albumine, inorganic phosphate and globuline as Atot,2=x±s=13,5±0,99(mmol/l). Looking at the narrow difference of Atot,1-Atot,2=x±s=1,02±1,51(mmol/l) it can be suggested to use the more expensive determination of Atot,2 only when changes in albumin/globulin-ratio or in inorganic phosphate are suspected. The SIG was also calculated using the simplified model: SIG=x±s=-4,75±5,19(mmol/l). Furthermore the venous pH was calculated from the three independent variables and compared to measured pH with Bland-Altman-method: pHven,measured - pHven,calculated=x±2xs=-0,073±0,092. In a second part we assessed the changes in acid-base using both approaches during fluid therapy in 6 cases. Venous blood samples were taken several times during fluid application. At some points arterial blood samples were also taken. It can be shown that the Stewart approach is well suitable for showing influences of fluid therapy to acid-base metabolism. It explains that the administration of a solution with a SID=0 mmol/l (NaCl 0.9%, 7,5%; Ringer, HES) leads to mild metabolic acidosis through decreasing SID. This acidosis is partly compensated through a parallel induced hypoproteinaemic alkalosis (decreasing Atot). A great benefit of the Stewart approach occurs from a possible distinction between different metabolic acidosis. Therefore, a better understanding of the effect of fluid therapy on acid-base-metabolism, through changes in electrolyte and protein imbalances, is achievable. In some cases we were able to state diagnoses, which did not show up when using the traditional approach.