dc.description.abstract
Komplikationen in der Schwangerschaft stellen für die betroffenen Frauen eine
große psychische und physische Belastung dar und sind eine der Hauptursachen
für mütterliche Morbidität und Mortalität. Gerade Schwangere mit belasteter
Anamnese und Frauen mit Thrombophilie sind einem besonderen Risiko ausgesetzt.
Daher ist eine risikobezogene, effektive Prophylaxe von großer klinischer
Relevanz. Dennoch ist die Datenlage zu Therapieempfehlungen in der
Komplikationsprophylaxe begrenzt, bestehende Therapiekonzepte werden
kontrovers diskutiert. Die vorliegende Untersuchung dient der Überprüfung
bestehender Therapiekonzepte in Bezug auf die Endpunkte Schwangerschaftsdauer,
Geburtsgewicht des Kindes und Schwangerschaftskomplikationen. In die Studie
wurden Schwangere eingeschlossen, die sich zwischen 01/2006 und 12/2007 in der
Hämostaseologischen Ambulanz des Vivantes Klinikum im Friedrichshain, Berlin,
vorstellten. Sie wurden hinsichtlich thrombophiler Marker untersucht. Die
detektierten Thrombophilien umfassten: Faktor V-Mutation, Faktor II-Mutation,
Protein C-Mangel, Protein S-Mangel, AT-Mangel, Antiphospholipid-Syndrom,
Hyperhomozysteinämie und Lipoprotein(a)-Erhöhung. Bei 143 (48,5%) Patientinnen
war eine Thrombophilie nachweisbar, davon 66 (22,4%) Patientinnen mit einer
Faktor V-Mutation, 12 (4,1%) mit einer Faktor II-Mutation, 2 (0,7%) mit einem
Protein C-Mangel, 5 (1,7%) mit einem Protein S-Mangel, 1 (0,3%) mit einem AT-
Mangel, 18 mit einem APS (6,1%), 5 (1,7%) mit einer Hyperhomozyteinämie und 54
(18,3%) mit einem erhöhten Lipoprotein(a)-Wert. Bei den übrigen 152 (51,5%)
ausgewerteten Patientinnen wurde keine Thrombophilie festgestellt. Die
Therapieentscheidung wurde aufgrund des anamnestischen bzw. klinischen
Risikoprofils getroffen. Dabei erhielten Patientinnen mit hohem Risiko und
ohne Thrombophilienachweis niedrig dosiertes ASS 100 mg einmal täglich bis zur
36. SSW. Schwangeren mit Risikoprofil und bestätigter Thrombophilie wurde
dagegen niedermolekulares Heparin (Dalteparin-Natrium) in prophylaktischer
Dosierung entsprechend 2500 IE bzw. 5000 IE anti-Xa gegeben. Die Schwangeren
wurden zur Auswertung aufgrund ihres anamnestischen bzw. klinischen
Risikoprofils vier verschiedenen Gruppen zugeteilt: Gruppe 1 (keine
Thrombophilie, unauffällige Anamnese) mit 59 Patientinnen hatte keine Therapie
erhalten. Gruppe 2 (keine Thrombophilie, positive Anamnese bzw. Klinik) mit
insgesamt 93 Patientinnen war mehrheitlich mit ASS behandelt worden (53
Patientinnen, 57%), 40 (43%) Patientinnen in dieser Gruppe hatten
niedermolekulares Heparin in prophylaktischer Dosis erhalten. Gruppe 3
(Thrombophilie, unauffällige Anamnese) mit 21 Patientinnen hatte während der
Schwangerschaft keine Therapie bekommen. In Gruppe 4 mit 122 Patientinnen war
überwiegend niedermolekulares Heparin in prophylaktischer Dosierung gegeben
worden (86 Patientinnen, 70,4%), 18 Patientinnen (14,8%) hatten aber auch ASS
in niedriger Dosis erhalten. Weitere 18 Patientinnen (14,8%) waren bei
bestätigtem Antiphospholipid-Syndrom mit einer Kombinations-therapie aus NMH
und ASS behandelt worden. Bezüglich der Schwangerschaftsdauer schnitt Gruppe 1
mit 38,6 SSW am besten ab, gefolgt von Gruppe 4 mit 37,6, Gruppe 3 mit 37,2
und Gruppe 2 mit 37,1 SSW. Das Kindsgewicht betreffend wies Gruppe 1 mit 3285g
erneut das beste Ergebnis auf, gefolgt von Gruppe 3 mit 3074g, Gruppe 4 mit
3031g und schließlich Gruppe 2 mit 2824g. In der systematischen Auswertung
zeigte sich in Gruppe 2 ein Vorteil der 40 mit NMH behandelten Patientinnen
bezüglich des Geburtsgewichts von 2970g gegenüber einem Geburtsgewicht von
2714g bei den ASS-Patientinnen. Zudem fiel der deutlich spätere
durchschnittliche Therapiebeginn in Gruppe 2 mit 19,25 SSW gegenüber der
anderen Therapiegruppe Gruppe 4 mit 14,59 SSW auf. Während sich die
Komplikationsraten in Gruppe 3 (5%), Gruppe 4 (4,2%) und Gruppe 1 (3,5%) nur
unwesentlich unterschieden, lag die Komplikationsrate in Gruppe 2 mit 16,5%
deutlich am höchsten. Das schlechte Abschneiden dieser Gruppe konnte
statistisch jedoch nicht hinreichend erklärt werden. Die Untersuchung ergab
keinen signifikanten Unterschied zwischen dem Outcome der verschiedenen
Gruppen in Bezug auf die gewählten Endpunkte. Gruppe 1, in der Patientinnen
ohne gesicherte Thrombophilie und mit unauffälliger Anamnese bzw. Klinik
zusammen gefasst waren, schnitt in allen drei Endpunkten am besten ab. Die
Frauen in Gruppe 1 wiesen aber insgesamt auch das geringste Risiko auf. Gruppe
2, die Patientinnen ohne Thrombophilie aber mit belasteter Anamnese enthielt,
zeigte die Schwangerschaftskomplikationen betreffend das schlechteste
Ergebnis. Möglicherweise werden Frauen mit positiver Klinik aber ohne
nachweisbaren thrombophilen Defekt bislang als weniger gefährdet eingestuft
als Patientinnen mit Thrombophilie und dadurch unzureichend bzw. zu spät
therapiert, obwohl sie in der vorliegenden Arbeit deutlich häufiger
Komplikationen erlitten. Ein pathologisch hoher PI-Wert korrelierte mit
geringerem Geburtsgewicht und kürzerer Schwangerschaftsdauer. Besonders
deutlich betraf das Gruppe 3, wo mit einer Zunahme des Gesamt-PI-Wertes eine
deutliche Verringerung des Kindsgewichts einherging. Innerhalb der
Therapiegruppen, Gruppe 2 und Gruppe 4, lässt sich der Trend erkennen, dass
eine Heparintherapie einer Therapie mit ASS vor allem in Bezug auf die Höhe
des Geburtsgewichtes überlegen ist (Gruppe 2: 2970g vs. 2714g bzw. Gruppe 4:
3064g vs. 2900g). Im direkten Vergleich der beiden Therapiegruppen lassen die
Daten zudem vermuten, dass sich ein früherer Therapiebeginn positiv auf den
Therapieerfolg auswirkt. Bei gegebener Indikation sollte eine entsprechende
Therapie also möglichst früh in der Schwangerschaft eingeleitet werden.
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