Seit Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts wird das Thema des Kinderwahlrechts – hierunter wird ein Wahlrecht verstanden, bei dem Eltern ihre Kinder vertreten – von Verfassungsrechtlern und Politikwissenschaftlern verstärkt diskutiert. In der ökonomischen Analyse wird es weitgehend vernachlässigt, obwohl sich die Politische Ökonomie schon lange mit demokratischen Wahlen und ihren Auswirkungen auf die Allokation und Distribution von öffentlichen und privaten Gütern beschäftigt. Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit sind die folgenden: Auf Grundlage der Theorie des optimalen Budgets in der Tradition von Samuelson (1955) kann gezeigt werden, dass mit einem Wahlrecht allokative und distributive Folgen verbunden sind. Pareto-optimale Lösungen gibt es z.B. auch dann, wenn Kinder vom Wahlrecht ausgeschlossen werden. Wenn aber das weit verbreitete demokratische „one man, one vote“-Prinzip als utilitaristische soziale Wohlfahrtsfahrtsfunktion verstanden wird, dann gibt es nur dann ein optimum optimorum, wenn die Präferenzen von Kindern berücksichtigt werden. Ein Kinderwahlrecht führt auf Grundlage von Medianwählermodellen nicht unbedingt zu effizienteren Ergebnissen; es kann aber zu mehr Umverteilung kommen, wenn das durchschnittliche Haushaltseinkommen pro Kind höher ist als dasjenige des Medianwählers (in Anlehnung an das Modell vom Meltzer und Richard, 1981). Auf Basis des Modells von Hettich und Winer (1997) kann ein Kinderwahlrecht zu höheren Steuersätzen für Kinderlose und zu einem optimum optimorum führen. Die Hoffnung, dass ein Kinderwahlrecht zu einer verstärkten Familienpolitik führen könnte, ist Gegenstand politischer Debatten. Eine einfache politökonomische Analyse illustriert jedoch, dass es z.B. für Kindergelderhöhungen keine politische Mehrheit gibt. Sinn und Übelmesser (2002) stellten die These auf, dass eine Reform der deutschen Rentenversicherung nur noch bis 2016 möglich sei. Auf Grundlage der 12. Bevölkerungs-vorausberechnung des Statistischen Bundesamtes (2009) kann gezeigt werden, dass das Reformfenster bereits geschlossen ist. Bei einem Kinderwahlrecht dagegen ist es noch bis 2023 offen. Wenn familiär-rationales Verhalten in einem Probabilistic Voting-Modell unterstellt wird, reicht die Reformfreudigkeit sogar über das Jahr 2030 hinaus.
Starting in the 1990s, the issue of additional votes per child for parents (Kinderwahlrecht) has almost exclusively been approached by faculties of constitutional law and political sciences, although political economists have been analyzing democratic elections and their impact on allocation and distribution for a long time. The work includes several analyses. The main findings are the following: A general equilibrium theory-based analysis of optimal budget, mainly based on Samuelson (1955), elucidates that suffrage can have allocative and distributive consequences. Pareto optimum solutions can even occur if children are excluded, for instance. But if the widespread democratic principle of “One Man, One Vote” is interpreted as a utilitarian social welfare function, an optimum optimorum can only be found if children have the right to vote. Calculating public budget on the basis of a median voter theorem, it will be illustrated that the introduction of Kinderwahlrecht does not need necessarily lead to more efficient results, but to more redistribution, if the mean family income per child in a society is higher than the family income per child of the new decisive voter (based on the theory of Meltzer and Richard, 1981). In contrast, based on the probabilistic voting approach of Hettich and Winer (1997), it is shown that Kinderwahlrecht leads to an optimum optimorum and higher taxes for childless people. The stance that additional votes for parents facilitate family politics is an argument frequently urged in public political debate. The economic analysis, however, shows that an increase in child benefit rates in Germany will not even be capable of finding a majority if additional votes are applied. Sinn and Übermesser (2002) put forward the thesis that a reform of the German pay- as-you-go-system will not be possible beyond 2016. Based on the 12th population prospects by the German Federal Office of Statistics (2009) it will be explained that the time period for a reform has already expired. As for additional votes for parents, in contrast, the expiry date will not be reached before 2023. In a probabilistic voting model based on family-centered, rational behaviour it is illustrated that a growing majority of voters would approve a reform of pension insurance at least until 2030.