dc.contributor.author
Turnheim, Tina
dc.date.accessioned
2025-08-04T08:30:13Z
dc.date.available
2025-08-04T08:30:13Z
dc.identifier.uri
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/48318
dc.identifier.uri
http://dx.doi.org/10.17169/refubium-48041
dc.description.abstract
Nach ihrer Verbannung im Zuge des vermeintlichen Endes der Geschichte ist Zukunft seit einiger Zeit wieder im Kommen. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe und inmitten einer multiplen globalen Krisensituation erweist sich der Kampf um Zukunft als Bedingung, Voraussetzung und Gegenstand aller weiteren gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse – auf der Straße wie auf der (Probe-)Bühne, in künstlerischen wie in aktivistischen Praktiken, in der Theoriearbeit wie in der Sphäre der sozialen Reproduktion. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie Zukunftsvorstellungen entworfen, erprobt, performt, reproduziert oder verworfen werden. Welche Potentiale können theatrale Praxen bieten, um ästhetische wie politische Vorstellungskraft anzuregen oder zu kultivieren? Wie wird Zukünftiges mit den theatralen Mitteln des P/Re/Enactments, des P/Re/Mix oder der Vorahmung geöffnet? Um sich diesen Fragen anzunähern, spürt die vorliegende Arbeit ‚P/RE/CALLING THE FUTURE‘ Versuche zwischen gestern, heute und morgen auf, die über gegenwärtig herrschende Vorstellungen des sozialen, politischen und ästhetischen Status Quo hinausweisen und sich dafür in einen Dialog mit den Toten begeben und/oder Splitter eines Noch-Nicht aus Vergangenheit und Zukunft bergen.
Die Dissertation widmet sich daher der Analyse theoretischer wie künstlerischer Manifestationen des (Un)/Möglichen, die sich gegen das Realitätsprinzip richten, um die gegenwärtigen Verhältnisse zu entnaturalisieren. Auf der Suche nach dem Loch perforieren diese Beispiele die Wirklichkeit und rekonfigurieren Möglichkeitsräume. Ihre auf andere Zukünfte gerichteten Zeitstrukturen weisen vorausschauend-prometheische wie gespenstisch-ha(u)ntologische Züge auf – etwa indem sie sich an Nachgeborene richten, retroutopisch Splitter aus der Vergangenheit extrapolieren oder Zeiten und Räume miteinander verschränken. Theater wird hier nicht nur zur Zeitmaschine, sondern buchstäblich zum Medium. Han(u)tologisch brechen diese Beispiele homogenisierte Zeitflüsse auf, springen nach vorne oder zurück, p/re/enacten oder p/re/mixen Geschichte mit persönlichen Geschichten, Zitaten und Fakten mit Fiktionen. Über das ‚Hier und Jetzt‘ hinaus erproben sie ein ‚Anderswo und Anderswann‘ und bewegen sich dabei in krisenhaftspektralen Un-Zeiten und Zwischen-Räumen.
Anders als in den Neo-Avantgarden der 1960er Jahre führt der Weg für solcherart Versuche jedoch nicht aus dem, sondern in das Theater: Vorwärts, zurück zu Brecht! Genauer: Zum Lehrstück-Modell, das diese Arbeit als einen gleichermaßen aus der Vergangenheit wie aus der Zukunft kommenden paradigmatischen Möglichkeitsraum erkennt, der als Laboratorium sozialer Phantasie starre Vorstellungen von Theater, Politik, Gesellschaft und Identität erschüttert und spielerisch vorahmend in andere Zukünfte weist. Anders als diese Versuche, Zukunft zu öffnen, zielen die ebenfalls analysierten retroaktiven Performativitäten von Waren, der Kulturindustrie und derivativen Finanzprodukten auf die Kommodifizierung und Programmierung von Zukunft, in der archäisch-fatalistische Elemente letztlich die Kontingenz von Zukunft aushebeln. Zukunft wird hier zu einer unendlich prolongierten Gegenwart zwischen self-fulfilling prophecy, Black-Scholes-Formel und der ewigen Wiederkehr des Gleichen.
It’s still about time – Die Zukunft bleibt umkämpft.
de
dc.description.abstract
After its declared death in discourses on the end of history, the concept of future has recently been re-emerging. Facing the threat of climate catastrophe and other global crises, the struggle for a livable future proves to be the precondition and subject of all further social struggles – on the streets as well as on the (rehearsal) stage, in artistic as well as in activist practices, in theoretical work as well as in the sphere of social reproduction. In this situation, the question arises how conceptions of the future can be shaped, tested, performed, reproduced, or discarded. What are the potentials of theatrical practices to inspire or cultivate the aesthetic as well as political imagination? How can futurities be opened up with theatrical means of P/Re/Enactment, P/Re/Mix, or premonition (Vorahmung)?
To answer these questions, this dissertation ‘P/RE/CALLING THE FUTURE’ seeks out attempts between yesterday, now and tomorrow that go beyond currently prevailing notions of the social, the political, and the aesthetic by engaging in dialogues with the dead and/or retrieving splinters of a not-yet from the past and from the future. It provides thorough analyses of theoretical as well as artistic examples of engagement with the (im)/possible that are directed against the reality principle. In their search for the hole, these examples perforate reality and re-configure spaces of possibility. Their time structures, which are directed towards different futures, are characterized by both forward-looking-promethean and ghostly-hauntological dimensions: They address themselves to those born later, extrapolate retroutopian splinters from the past, or entangle times and spaces with one another. Theater here becomes not only a time machine, but literally a medium. Hauntologically, these practices break up homogenized time flows, leap forward or backward, p/re/enact or p/re/mix history with herstories, quotes and facts with fictions. Beyond the ‘here and now’ they test an ‘elsewhen’, thus moving in spectral un-times and in-between spaces.
Unlike the neo-avant-gardes of the 1960s, however, the path for such attempts does not lead out of, but it leads into the theater: moving forward backward to Brecht! More precisely: they p/re/turn to the learning-play model, which may be understood as an exemplary space of possibility, a laboratory of social imagination, that playfully shakes rigid notions of theater, politics, society, and identity by pointing to other potential futures. In contrast to these attempts to unlock the future, the retroactive performances of commodities, the culture industry, and derivative financial products aim at the programming of the future, in which archaeo-fatalistic elements ultimately undermine the contingency of futurity. Future here becomes an infinitely prolonged present between self-fulfilling prophecy, Black-Scholes formula and the eternal return of the same.
It's still about time – the future remains contested.
en
dc.format.extent
385 Seiten
dc.rights.uri
http://www.fu-berlin.de/sites/refubium/rechtliches/Nutzungsbedingungen
dc.subject
Preenactment
de
dc.subject
Kapitalistischer Realismus
de
dc.subject
Soziale Reproduktion / Sorge / Care
de
dc.subject.ddc
700 Künste und Unterhaltung::700 Künste::700 Künste, Bildende und angewandte Kunst
dc.subject.ddc
800 Literatur::830 Deutsche und verwandte Literaturen::832 Deutsche Dramen
dc.subject.ddc
300 Sozialwissenschaften::300 Sozialwissenschaften, Soziologie::306 Kultur und Institutionen
dc.subject.ddc
300 Sozialwissenschaften::300 Sozialwissenschaften, Soziologie::303 Gesellschaftliche Prozesse
dc.subject.ddc
300 Sozialwissenschaften::320 Politikwissenschaft::324 Der politische Prozess
dc.title
P/RE/CALLING THE FUTURE
dc.contributor.gender
female
dc.contributor.firstReferee
Warstat, Matthias
dc.contributor.furtherReferee
Müller-Schöll, Nikolaus
dc.date.accepted
2022-07-14
dc.identifier.urn
urn:nbn:de:kobv:188-refubium-48318-8
dc.title.subtitle
Performative Zeit-Experimente zwischen Anrufung, Heimsuchung und Beschwörung
refubium.affiliation
Philosophie und Geisteswissenschaften
dcterms.accessRights.dnb
free
dcterms.accessRights.openaire
open access