Endogene retrovirale Elemente machen etwa 8 % des menschlichen Genoms aus jedoch ist über deren Funktion und biologische Bedeutung nur sehr wenig bekannt. Einige Hinweise deuten eine direkte Beteiligung einiger HERVs an neurodegenera- tiven Erkrankungen wie Amyotrophic Lateral Sclerosis (ALS) oder Multiple Skle- rose (MS) an. In dieser Arbeit konnte erstmalig gezeigt werden, dass die HERV-K(HML-2) env RNA das TLR7/8 Bindungsmotif (GUUGUGU) enthält und durch die Bindung an humanen TLR8 sowie murinen Tlr7, welche in Neuronen exprimiert werden, Neurodegeneration induziert. Diese Neurotoxizität wird dabei zellautonom über die Bindung an Tlr7/TLR8 in Neuronen erzeugt und in Anwesenheit von Mikrog- liazellen noch verstärkt. Die Induktion der Neurotoxizität erfolgt in Neuronen über das Adapterprotein SARM1 und nicht wie in Mikroglia über MyD88. Der durch HERV-K verursachte neuronale Schaden wurde sowohl in vitro als auch in vivo in Abhängigkeit des Vorhandenseins der Tlr7 und TLR8 nachgewiesen. Die erhöhte Expression von HERV-K env RNA in der CSF von Alzheimer Patient*innen lässt eine Beteiligung von HERV-K am Verlauf dieser Krankheit vermuten. Aus diesen Ergebnisse wurde ein Modell entwickelt, dass die Beteiligung an HERV-K an neu- rodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer Krankheit zeigt. HERV-K env RNA beinhaltet das gut untersuchte Erkennungsmotif für TLR7 - GUUGUGU. Daher wurde anfänglich das Potential dieser RNA Tlr7 in der Maus und TLR im Menschen zu binden und zu aktivieren genauer untersucht. HERV-K aktiviert murine Mikroglia und induziert Neurotoxizität in primären Neuronenkul- turen in Abhängigkeit von Tlr7. Die zellautonome Neurodegeneration konnte unter Verwendung der neuronalen Zelllinien N1E-115 und SH-SY5Y bestätigt werden. Ein Zellverlust nach Stimulation mit HERV-K war auch hier zu beobachten. Der HERV-K induzierte neuronale Zelltod ist zeit- und dosisabhängig. In humanen Neuronen wird die HERV-K Neurotoxizität über den TLR8 vermittelt, wie Versuche an der THP-1- und TLR8 überexprimierende HEK-Reporterzelllinie zeigten. Humaner TLR7 wie auch der murine Tlr8 zeigten keine Aktivierung nach HERV-K Stimulation. MST-Messungen zeigen eine direkte HERV-K RNA Bin- dung an TLR8. HERV-K scheint somit ein möglicher neuer endogener Ligand für mTlr7 und hTLR8 zu sein. 1 Weiter konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass die neurotoxischen Effekte auch in vivo durch HERV-K über Tlr7 und TLR8 induziert werden. Intratheka- le Injektionen des HERV-K führten zu signifikanten Absterben von Neuronen im zerebralen Kortex, was durch die Vermittlung der Kontrolloligoribonukleotide aus HERV-K env (HERV-neg.) und einem scrambled Oligo (#4) ohne GUUGUGU- Motif nicht zu beobachten war. Die Notwendigkeit der Expression von Tlr7 oder TLR8 in vivo konnte mit Hilfe der in-utero Elektroporation bestätigt werden. Hier- zu wurden mTlr7 und hTLR8 in das Gehirn 14,5 Tage alter Tlr7-/- Mausembryos eingebracht und diesen dann 19 Tage nach der Geburt per intrathekaler Injektion HERV-K verabreicht. Die immunhistochemische Analyse der Hirnschnitte zeigte deutliche neuronale Schädigungen und Zelltod in den mit Tlr7 und TLR8 trans- fizierten Tieren auf. Im Gegensatz dazu waren die neuronalen Zellen in den Tlr7- und TLR8-defizienten Tieren vor dem Zelltod geschützt, was die Abhängigkeit der HERV-K induzierten Neurotoxizität von Tlr7 und TLR8 in vivo beweist. Die vorherige Verabreichung eines spezifischen HERV-K LNA-Inhibitors konnte den neurotoxischen Effekte des HERV-K sowohl in vitro wie auch in vivo vorbeu- gen und Neurodegeneration verhindern. Die Expression von HERV-K(HML-2) ist größtenteils durch epigenetische Mechanismen unterdrückt, wird in manchen Ge- weben wie dem Gehirn aber ubiquitär exprimiert (Flockerzi et al., 2008; Mayer et al., 2018). Durch Schädigungen oder Erkrankungen kann diese Inhibierung je- doch aufgehoben werden und somit die Bildung von Proviren ermöglichen. So konnte in der humanen Neuronenzelllinie SH-SY5Y eine HERV-K Expression de- tektiert und auch durch induzierten Zelltod eine Sezernierung von HERV-K in das Medium nachgewiesen werden. Die isolierten sezernierten Partikel konnten eben- falls eine Tlr7-abhängige Neurodegeneration in vitro in primären Neuronen indu- zieren. Zur Überprüfung einer möglichen Beteiligung an einer neurodegenerativen Erkrankung wurden die CSFs von Kontrol-, FTD- und AD- Patient*innen auf eine mögliche Expression von HERV-K(HML-2) untersucht. Hierbei konnte in über 50 % der AD-Patient*innen eine HERV-K(HML-2) Expression nachgewiesen werden. Dieses Ergebnis zeigt, dass eine Beteiligung von HERV-K an der Pathologie der Alzheimer Krankheiten wahrscheinlich ist.
Endogenous retroviral elements account for about 8 % of the human genome, yet very little is known about their function and biological significance. Some evidence suggests a direct involvement of certain human endogenous retroviruses (HERVs) in neurodegenerative diseases such as Amyotrophic Lateral Sclerosis (ALS) or Mul- tiple Sclerosis (MS). In this study, it was demonstrated for the first time that HERV-K(HML-2) env RNA contains the TLR7/8 binding motif (GUUGUGU) and induces neurodege- neration by binding to human TLR8 and murine Tlr7, which are expressed also in neurons. This neurotoxicity is generated in a cell-autonomous manner through binding to Tlr7/TLR8 in neurons and is further amplified in the presence of mi- croglial cells. The induction of neurotoxicity occurs in neurons via the adapter protein SARM1 and not, as in microglia, via MyD88. The neuronal damage cau- sed by HERV-K was demonstrated both in vitro and in vivo, depending on the presence of Tlr7 and TLR8. The increased expression of HERV-K env RNA in the cerebrospinal fluid (CSF) of Alzheimer’s patients suggests a role of HERV-K in the progression of this disease. Based on these results, a model was developed that illustrates the involvement of HERV-K in neurodegenerative diseases such as Alzheimer’s disease. HERV-K env RNA contains the well-studied recognition motif for TLR7 - GUU- GUGU. Therefore, the potential of this RNA to bind and activate Tlr7 in mice and TLR in humans was initially investigated in more detail. HERV-K activates murine microglia and induces neurotoxicity in primary neuron cultures depending on Tlr7. The cell-autonomous neurodegeneration was confirmed using the neuro- nal cell lines N1E-115 and SH-SY5Y. Cell loss after stimulation with HERV-K was also observed here. The HERV-K-induced neuronal cell death is time- and dose-dependent. In human neurons, the HERV-K neurotoxicity is mediated via TLR8, as experi- ments with the THP-1 and TLR8 overexpressing HEK reporter cell line showed. Human TLR7 as well as murine Tlr8 showed no activation after HERV-K stimu- lation. MST measurements indicate a direct binding of HERV-K RNA to TLR8. Thus, HERV-K appears to be a potential new endogenous ligand for mTlr7 and hTLR8. Furthermore, this study showed that the neurotoxic effects are also indu- 3 ced in vivo by HERV-K via Tlr7 and TLR8. Intrathecal injections of HERV-K led to significant neuronal death in the cerebral cortex, which was not observed with the control oligoribonucleotides from HERV-K env (HERV-neg.) and a scrambled oligo (#4) without the GUUGUGU motif. The necessity of Tlr7 or TLR8 expres- sion in vivo was confirmed by using in-utero electroporation. For this, mTlr7 and hTLR8 were introduced into the brains of 14.5-day-old Tlr7-/- mouse embryos, and HERV-K was administered intrathecally 19 days postnatal. The immunohistoche- mical analysis of brain sections showed significant neuronal damage and cell death in the animals transfected with Tlr7 and TLR8. In contrast, the neuronal cells in the Tlr7- and TLR8-deficient animals were protected from cell death, demonstra- ting the dependence of HERV-K-induced neurotoxicity on Tlr7 and TLR8 in vivo. The prior administration of a specific HERV-K LNA inhibitor was able to prevent the neurotoxic effects of HERV-K both in vitro and in vivo. The expression of HERV-K(HML-2) is largely suppressed by epigenetic mecha- nisms but is ubiquitously expressed in some tissues such as the brain. (Flockerzi et al., 2008; Mayer et al., 2018). However, this strong regulation can be rever- sed due to damage or diseases, thus enabling the formation of proviruses. In the human neuronal cell line SH-SY5Y, HERV-K expression was detected, and the se- cretion of HERV-K into the medium was demonstrated through induced cell death. The isolated secreted retroviral particles were also able to induce Tlr7-dependent neurodegeneration in primary neurons in vitro. To investigate a possible HERV- K involvement in a neurodegenerative disease, the cerebrospinal fluids (CSFs) of control, FTD, and AD patients were examined for possible expression of HERV- K(HML-2). In over 50 % of the AD patients, HERV-K(HML-2) expression was detected. This result indicates that the involvement of HERV-K in the pathology of Alzheimer’s disease is most likely.