Ob die Koinzidenz von Symptomen einer craniomandibulären Dysfunktion und dem Beschwerdebild eines chronischen subjektiven Tinnitus zufälliger oder ursächlicher Natur ist oder ob sie sich gegenseitig beeinflussen, liefert seit jeher Diskussionsstoff in der Fachliteratur. Dies liegt vor allem daran, dass die Entstehung eines Tinnitusgeschehens noch nicht eindeutig geklärt werden konnte. Vielfältige Zusammenhänge wurden auf anatomischer, entwicklungsgeschichtlicher, epidemiologischer, neuromuskulärer und psychologischer Ebene vermutet. In verschiedenen Studien wurden neuromuskuläre Zusammenhänge aufgrund der erhöhten Prävalenz schmerzhafter Palpationsbefunde der Kaumuskulatur als am wahrscheinlichsten eingestuft. Einige Autoren berichten über die Besserung der Tinnitusbelastung unter funktionstherapeutischen Maßnahmen. Im Zentrum der Untersuchung stand die Fragestellung, ob eine Einflussnahme auf die subjektive Tinnitusbelastung bei Patienten mit chronischem Tinnitus durch die Anwendung von Schienentherapie und physiotherapeutischer bzw. physikalisch-medizinischer Therapie (Selbsttherapie) möglich und schließlich nachweisbar ist. Im Rahmen der Tinnitussprechstunde der Charité wurden 340 Patienten auf das Vorhandensein von CMD-Symptomen untersucht. 130 Patienten mit einem chronischen Tinnitus erfüllten die Einschlusskriterien. 59 Patienten gaben ihre Einwilligung zur Teilnahme an der Studie und wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Zwei Gruppen erhielten in einem Crossover-Design zwei verschiedene zahnärztlich-funktionelle Therapiemittel. Ihr Behandlungseffekt auf die Tinnitusbelastung und die CMD-Symptome sollte miteinander und mit der Kontrollgruppe, die keine dieser Therapien erhielt, verglichen werden. Die funktionstherapeutischen Maßnahmen führten erwartungsgemäß zu einer signifikanten Besserung bzw. Reduktion der CMD-Symptome. Das Fehlen eines nachweisbaren signifikanten Behandlungseffektes auf die Tinnitusbelastung im Vergleich zu einer nicht funktionell behandelten Kontrollgruppe stellt jedoch einen Zusammenhang der beiden Symptomkomplexe in Frage. Die Ergebnisse vorliegender Arbeit weisen auf eine eher zufällige Koinzidenz der beschriebenen Symptomkomplexe hin. Für Patienten, die sich mit dem Symptom Tinnitus erstmals bei ihrem HNO-Arzt vorstellen, beginnt eine umfassende und zeitintensive Diagnostik. Die Erwartung einer vollständigen Remission der oftmals stark beeinträchtigten Betroffenen mit dem Beschwerdebild eines chronischen Tinnitus wird meist enttäuscht. Therapiemaßnahmen zielen dann auf eine Einstellungsänderung der Betroffenen gegenüber dem Tinnitus ab, um eine Tinnitusgewöhnung über eine Tinnitusdesensitivisierung zu erreichen. Aufgrund der vorliegenden Studienergebnisse sollte diesen Patienten bei Abwesenheit einer Schmerzproblematik im Mund-, Kiefer-, Gesichtsbereich die zusätzliche Belastung durch eine weitere Untersuchung erspart werden. Demnach sollten für Patienten mit einem chronischen Tinnitus dieselben Indikationen (Vorhandensein von Schmerzen, eine Limitation der Unterkieferbeweglichkeit) zur weiterführenden Funktionsdiagnostik und Therapie einer Craniomandibulären Dysfunktion gelten wie für Patienten ohne otologische Symptome.
Whether coincidence of signs and symptoms of a craniomandibular disorder and chronic tinnitus is coincidental or of causal nature, and more so, if they influence each other, is widely discussed in the literature. Though tinnitus seems to be of multifactorial origin (with anatomical, epidemiological, neuromuscular and psychological contributing factors) the exact mechanism of development remains unclear. Different studies suggested a neuromuscular link between painful palpations of the masticatory muscles and the onset of chronic tinnitus. Some authors could also show a reduction of tinnitus symptoms through treatment. The goal of the present study was to compare different therapies (occlusal splint therapy and selftherapy with elements of physical therapy and self observation) in their effect to reduce perceived tinnitus distress in patients with chronic tinnitus. 340 patients were screened through the ENT-OPD at the Charité, out of which 130 fulfilled the CMD criteria. 59 signed consent and were sampled into three groups. In a cross-over design two groups were given two different treatments and treatment results were compared to each other and both with the control group. No significant correlation was established between the groups with treatment and the control group to validate the link between tinnitus and CMD. The results of this study suggest a coincidental relationship between the two complexes of symptoms. Patients who initially present with signs and symptoms of tinnitus to their GP expect a comprehensive yet time-consuming diagnostic. Hope for patients with chronic tinnitus to fully recover is low, and often patients are disappointed. However, the therapeutic goal should be to alter the perception and attitude of those patients to reach tinnitus habituation by desensitisation therapy. Based on the present findings tinnitus patients without pain and limitation of lower jaw movements should not be encouraged to have any additional dental examination and therapy generally.