Eisen ist ein essenzielles Spurenelement für Mensch und Tier. Neben der wichtigen Rolle in Transport- und Funktionsproteinen (Hämoglobin und Myoglobin) kommt Eisen zudem eine entscheidende Rolle in enzymatischen Prozessen sowie bei der Bildung von Zytochromen zu. Durch die potenzielle Bildung von reaktiven Sauerstoffradikalen hat Eisen im Stoffwechsel ein toxisches Potential, welches durch die Kontrolle von Aufnahme, Speicherung, Transport, Verteilung und Ausscheidung gezielt reguliert wird. Der Eisenmangel in Form der Eisenmangelanämie steht beim Kalb im Vordergrund. Adulte Rinder zeigen auf Grund von ubiquitär vorkommenden Eisen im Boden, des im Vergleich zum Bedarf ausreichenden Eisengehalts im Futter sowie eines geringen Eisenbedarfs keine primäre Unterversorgung. Vielmehr kommt es häufig zur Eisenüberversorgung. Ursächlich hierfür ist ein hoher Eisengehalt im Futter. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Eisenstoffwechsel von Milchkühen. Zunächst wurde der Eisengehalt von Einzelfuttermitteln und der Gesamtration (TMR) zur Beurteilung der nutritiven Eisenversorgungslage der Milchkuhherden ausgewertet. Danach wurden die Eisenkonzentrationen in verschiedenen diagnostischen Probenmedien (Kot, Blutserum, Blutplasma, Vollblut, Harn, Haare) sowie die Parameter des roten Blutbilds (Hämatokrit, Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl), Zusammenhänge zwischen und Einflussfaktoren auf (Untersuchungsjahr, Jahreszeit, Bundesland, Laktationsgruppe) den Eisengehalt in diesen Medien statistisch analysiert. Als Ziel sollten Empfehlungen zur diagnostischen Beurteilung der nutritiven und der metabolischen Eisenversorgungslage von Milchkühen herausgearbeitet werden. Zur Auswertung lagen drei Datensätze vor. Sie wurden im Rahmen der Bestandsbetreuung der Klinik für Klauentiere der Freien Universität Berlin erhoben. Der Probenzeitraum erstreckte sich von 1996 bis 2020. Die Eisenkonzentration wurde in Einzelfuttermittelproben (n = 5263), TMR-Proben (n = 2129), Kotproben (n = 600), Blutserumproben (n = 5990), Blutplasmaproben (n = 1597), Vollblutproben (n = 989), Harnproben (n = 2052), Haarproben (n = 698) mit zertifizierten Methoden analysiert. Zusätzlich wurde in Vollblutproben (n = 5927) der Hämatokrit, der Hämoglobingehalt und die Erythrozytenzahl gemessen. Die Entnahme der Kot-, Blut-, Harn- und Haarproben erfolgte nach einem spezifischen Stichprobenverfahren mit dem Gruppierungsmerkmal Laktationsstatus (frühe Trockenstehperiode = 8 bis 3 Wochen a.p., Vorbereitungsperiode = 3 bis 0 Wochen a.p., 0 bis 1 Woche p.p., 0 bis 5 Wochen p.p., 3 bis 5 Wochen p.p., 15 bis 18 Wochen p.p.). In Abhängigkeit von der Herdengröße wurden vier oder fünf Gruppen pro Bestand beprobt. Analysiert wurden gepoolte Proben von je 10 Kühen pro Gruppe und somit entsprechen die Einzelwerte in den Datensätzen den Mittelwerten der Untersuchungsgruppen. Mit Hilfe des Programms IBM® SPSS Statistics, Version 29.0 wurde mit den Standardverfahren für alle Untersuchungsgrößen die deskriptive Statistik durchgeführt. Die analytische Statistik bezieht Korrelations-, Regressions- und Varianzanalysen ein. Die Kalkulation der Referenzwerte basiert auf dem nichtparametrischen Verfahren über die Berechnung der 2,5-97,5-Interperzentilbereiche. Der Eisengehalt in den analysierten Futtermitteln variierte über den weiten Bereich von 10 bis 36952 mg/kg TS (Median 276 mg/kg TS). In den für die Rationszusammenstellung wichtigen Futtermittelgruppen betrugen die 2,5-97,5-Interperzentilbereiche der Eisenkonzentrationen für Silagen 50 bis 1137 mg/kg TS, Stroh 24 bis 834 mg/kg TS, Getreide 26 bis 902 mg/kg TS, Proteinfuttermittel 53 bis 704 mg/kg TS und für Mineralstoffgemische 575 bis 24792 mg/TS. Grassilagen enthielten eine hohe (Median 415 mg/TS, 2,5%-97,5%-Bereich 125 bis 1561 mg/kg TS), Maissilagen eine moderate (Median 75 mg/kg TS, 2,5%-97,5%-Bereich 40 bis 243 mg/kg TS) Eisenkonzentration. Für die Futterrationsberechnung sind für mengenmäßig relevante Futtermittel nicht Tabellenwerte, sondern die korrekt analysierten Eisenkonzen-trationen heranzuziehen. Eine Eisenergänzung über das Mineralstoffgemisch ist obsolet. In keiner der 2129 TMR-Proben wurde eine Eisenunterversorgung (Bedarf 50 bis 100 mg/kg TS) festgestellt, nur in zwei (= 0,1%) der TMR-Proben lag der Eisengehalt zwischen 50 bis 100 mg/kg TS. Milchkuhrationen sind durch eine Eisenüberversorgung (99,9% der TMR-Pro-ben) gekennzeichnet. Ab einem Eisengehalt von 250 mg/kg TS beginnen negative Effekte der Eisenüberversorgung auf die Tiergesundheit (iron stress). Dieser Wert ist in der praktischen Rationsgestaltung schwer einzuhalten. Als Kompromiss sollte über die gezielte Futtermittel-auswahl die Eisenkonzentration in der Gesamtration unter 400 mg/kg TS bleiben. 687 (= 32%) der TMR-Proben überschritten diesen Grenzwert. Das unterstreicht die Bedeutung der regelmäßigen Überwachung der Eisenversorgung von Milchkuhherden im Rahmen der veterinärmedizinischen Bestandsbetreuung. Die TMR-Analyse kann als Methode der Wahl zur Beurteilung und Kontrolle der nutritiven Eisenversorgungslage empfohlen werden. Neben dem Eisen aus den Einzelfuttermitteln werden auch sekundäre Eiseneinträge (Erd- und Schmutzeintrag aus der Umwelt, Eisenablösungen von technischen Geräten wie dem Mischwagen) erfasst. Alternativ geben Kotanalysen Auskunft zur nutritiven Eisenversorgungslage, wobei zusätzlich zur TMR-Analyse auch die Eisenaufnahme über das Trinkwasser und aus dem Belecken von Gegenständen und dem Fressen von Erde gemessen wird. Zwischen der Eisenkonzentration in TMR- und Kotproben bestand ein hoch signifikanter linearer Zusammenhang (r = 0,667, b = 2,24, n = 544). Blutserum ist ein laboranalytisches Untersuchungsmedium zur Beurteilung der kurzfristigen (Tage) metabolischen Eisenversorgungslage und der Verwendung von Blutplasma und Vollblut vorzuziehen. Allerdings wird die Blutserumeisenkonzentration von verschiedenen Einflussfaktoren signifikant verändert. Ein starker Faktor ist die Untersuchungsgruppe, die den Laktationszeit-punkt repräsentiert. In den ersten 5 Laktationswochen sinken die Eisenkonzentrationen im 7.Zusammenfassung 112 Blutserum (Blutplasma, Vollblut) signifikant als Reaktion auf infektiöse und entzündliche Prozesse. Blutserumproben zur Beurteilung der metabolischen Eisenversorgungslage sind im Zeitraum ab 15 Wochen p.p. bis zur Trockenstehperiode zu entnehmen. Ein vom Laktationsstatus unabhängiger Parameter zur Beurteilung der mittelfristigen (Wochen bis Monate) metabolischen Versorgungslage ist die Eisenkonzentration im Erythrozyten (im Hämatokrit, im Hämoglobin). Dieser neue Parameter bedarf der weiteren wissenschaftlichen Bearbeitung. Das trifft auch für die Eisenkonzentration im Harn zu. Die Ergebnisse sprechen für die Möglichkeit der aussagekräftigen Wiedergabe der metabolischen Eisenüberversor-gung. Der Haaranalyse kommt in der Beurteilung der Eisenversorgung keine Bedeutung zu. Abschließend wurden Referenzbereiche unter Berücksichtigung des Einflusses der Laktationsgruppen kalkuliert.