dc.contributor.author
Netzl, Johanna
dc.date.accessioned
2024-11-12T09:13:58Z
dc.date.available
2024-11-12T09:13:58Z
dc.identifier.uri
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/45272
dc.identifier.uri
http://dx.doi.org/10.17169/refubium-44984
dc.description.abstract
Die Endometriose ist eine gutartige, östrogenabhängige, chronisch-inflammatorische gynäkologische Erkrankung, von der etwa 10 % der mit Uterus und Ovarien geborenen Bevölkerung im reproduktionsfähigen Alter betroffen sind. Sie ist als das Vorkommen von gebärmutterschleimhautähnlichem Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle definiert. Durch verschiedene immunologische Fehlleistungen findet der Abbau dieses Gewebes nicht beziehungsweise nicht vollständig statt, die Abbauprozesse chronifizieren stattdessen und lokale chronische Entzündungen stellen sich ein. Unterbauchschmerzen wie Dysmenorrhoe, azyklische Unterbauchschmerzen und Dyspareunie sowie Fertilitätsbeeinträchtigungen sind die zentralen Probleme bei Endometriose. Zudem gilt die Erkrankung als häufigste Ursache von chronischem Unterbauchschmerz bei Menschen, die mit weiblich zugewiesenen Geschlechtsorganen geboren wurden. Die Pathogenese der Endometriose ist bis heute nicht vollständig geklärt, sodass sie nicht ursächlich behandelt werden kann. Vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnosestellung vergehen im Mittel zehn Jahre. Neben der Schmerzsymptomatik durch die Erkrankung berichten Menschen mit Endometriose von eingeschränkter Lebensqualität, erhöhter psychopathologischer Symptomatik, belasteten sozialen Beziehungen und Beeinträchtigungen ihrer Sexualität. Zusätzlich dazu wird sowohl eine Assoziation von Endometriose und traumatischen Kindheitserfahrungen als auch, unabhängig davon, von chronischem Unterbauchschmerz und traumatischen Kindheitserfahrungen diskutiert. Das übergeordnete Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die psychische Gesundheit von Menschen mit Endometriose möglichst umfangreich zu untersuchen. Dabei fanden mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung psychische Störungen, die selbstberichtete körperliche und psychische Gesundheit, die Sexualität, traumatische Kindheitserfahrungen sowie die endometriosetypische Symptomatik, die Krankheits- und die Behandlungsgeschichte Berücksichtigung.
Zu diesem Zweck wurden in Publikation I Personen mit Endometriose und chronischem Unterbauchschmerz in Folge der Erkrankung und Personen mit Endometriose, die aktuell keine bis minimale Schmerzsymptomatik berichteten, gegenübergestellt. Die Häufigkeit akuter psychischer Störungen und psychischer Störungen über die Lebensspanne sowie akuter sexueller Funktionsstörungen der Gruppe mit chronischem Unterbauchschmerz war signifikant erhöht. Demgegenüber wurde kein signifikanter Unterschied bezüglich der Häufigkeit traumatischer Kindheitserfahrungen festgestellt. Zusätzlich dazu waren in der Gesamtstichprobe ein höheres Bedürfnis nach Schmerzlinderung sowie eine akute sexuelle Funktionsstörung mit dem Vorhandensein einer akuten psychischen Störung assoziiert.
Publikation II diente der Darstellung der Endometriosesymptomatik, der psychischen und der sexuellen Gesundheit zum Zeitpunkt der Endometriose-Diagnosestellung. Es wurden Personen untersucht, die in den vorangegangenen vier Wochen die Diagnose Endometriose erhalten hatten. Über 90 % der Untersuchungsgruppe machten Angaben von Dysmenorrhoe, ein Fünftel von chronischem Unterbauchschmerz und mehr als Dreiviertel von Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Jeweils über 40 % erfüllten die Kriterien mindestens einer akuten psychischen Störung, gaben mindestens eine akute sexuelle Funktionsstörung oder traumatische Kindheitserfahrungen an. Das Vorliegen einer akuten psychischen Störung war mit stärkeren Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und dem Vorliegen einer akuten sexuellen Funktionsstörung assoziiert.
In Publikation III wurden die körperliche und psychische Gesundheit von Personen mit Endometriose anhand einer groß angelegten Online-Studie zu zwei Erhebungszeitpunkten im Abstand von drei Monaten untersucht. Zu beiden Erhebungszeitpunkten lag die körperliche Gesundheit der Untersuchungsgruppe im durchschnittlichen Bereich im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung, wohingegen die psychische Gesundheit als unterdurchschnittlich angegeben wurde. In querschnittlichen Analysen waren sowohl eine höhere körperliche als auch eine höhere psychische Gesundheit mit höherem Einkommen, niedrigerer Belastung der Beziehung durch die Endometriose, einer kürzeren Diagnoselatenz, weniger Operationen, weniger Schmerztypen, niedrigerer Schmerzstärke, weniger Schmerztagen pro Monat, einem höheren Kohärenzsinn, höherer Selbstwirksamkeit, höherer sexueller Zufriedenheit und höherer Zufriedenheit mit der gynäkologischen Gesundheit assoziiert. Der Unterbauchschmerz und die Zufriedenheit mit der gynäkologischen Behandlung gingen als relevante Faktoren für die Gesundheit aus den Längsschnittanalysen hervor.
Zusammenfassend liefern die Ergebnisse der präsentierten Publikationen weitere Hinweise darauf, dass die psychische und sexuelle Gesundheit beim Vorliegen von Endometriose beeinträchtigt sind und dies insbesondere der Fall ist, wenn das Symptom des chronischen Unterbauchschmerzes besteht. So legen sie nahe, dass chronischer Unterbauchschmerz bei Endometriose einen Risikofaktor für psychische Störungen und sexuelle Funktionsstörungen darstellt. Gleichzeitig zeigen sie die enge Verschränkung von psychischer und sexueller Gesundheit auf. Sie unterstreichen die große Wichtigkeit der Bewertung der gynäkologischen Behandlung aus Patient*innen-Sicht für deren Wohlbefinden und verdeutlichen die Notwendigkeit einer Verkürzung der Diagnoselatenz, um dem Fortschreiten der Schmerzsymptomatik und einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit vorzubeugen. Neben der Bestätigung der Relevanz einer effektiven Schmerzbehandlung zeigen die Ergebnisse der präsentierten Studien darüber hinaus die große Bedeutung spezifischer psychosozialer Faktoren für den Erhalt der Gesundheit von Menschen mit Endometriose auf. Zusammengenommen sprechen sie damit insbesondere für den potentiellen Nutzen psychologisch-psychotherapeutischer und sexualtherapeutischer Behandlungselemente im Kontext der Endometriose. Es lässt sich die Notwendigkeit eines biopsychosozialen Therapiekonzepts von Behandlungsbeginn an ableiten, um die körperliche, psychische und sexuelle Gesundheit von Menschen mit Endometriose langfristig und nachhaltig zu unterstützen und zu schützen.
de
dc.description.abstract
Endometriosis is a benign, chronic-inflammatory, estrogen-dependent gynecological disease which affects about 10% of people born with female assigned reproductive organs of reproductive age. It is defined as the growth of tissue similar to the uterine lining outside of the uterus. The main problems experienced by individuals living with endometriosis are dysmenorrhea, non-cyclical pelvic pain and dyspareunia as well as infertility. Moreover, endometriosis is considered the most common cause of chronic pelvic pain in people born with female-assigned reproductive organs. Pathogenesis of endometriosis is still not fully understood and it cannot be treated curatively. On average, it takes 10 years from the first onset of symptoms to receive the correct diagnosis. In addition to the direct impairment from pelvic pain symptoms, people living with endometriosis report a reduced quality of life, increased psychopathological symptoms, strained social relationships and debilitated sexual functioning. Furthermore, both an association between endometriosis and traumatic childhood experiences and, independently of this, between chronic pelvic pain and traumatic childhood experiences are discussed. The aim of the current thesis was to increase the knowledge about mental health of people living with endometriosis. For this purpose, mental disorders, self-rated physical and mental health, sexuality, traumatic childhood experiences as well as endometriosis symptoms and treatment history were included in the studies presented in this dissertation.
In publication I, people with endometriosis and either chronic pelvic pain or minimal to no pelvic pain were compared. Participants who suffered from chronic pelvic pain presented with significantly higher rates of current mental disorders, lifetime mental disorders and current sexual dysfunctions, whereas no differences were found regarding childhood maltreatment. Additionally, in the total sample a greater need for pain relief and a current sexual dysfunction were significantly associated with a current mental disorder.
In publication II, endometriosis symptoms, the mental and the sexual health at the time of endometriosis diagnosis were examined. The sample comprised of people who had received the diagnosis of endometriosis within the last 4 weeks. More than 90% reported dysmenorrhea, one fifth chronic pelvic pain and more than three quarters painful sexual intercourse. Each more than 40% met the criteria of a current mental disorder, reported a sexual dysfunction or childhood maltreatment. A current mental disorder was associated with higher pain intensity during sexual intercourse and a current sexual dysfunction.
In publication III, the physical and mental health of people living with endometriosis was examined by means of a large-scale online survey with two survey dates. The participants’ physical health was within the average range and their mental health was below-average at both survey dates. In cross-sectional analyses, better health was associated with shorter diagnostic delay, fewer surgeries, lower pelvic pain and higher sense of coherence, self-efficacy, sexual satisfaction and satisfaction with the gynecological treatment. In longitudinal analyses, pelvic pain and participants’ satisfaction with the gynecological treatment remained significantly associated with health.
In summary, the results of the publications presented in the current thesis provide further evidence that mental and sexual health of people living with endometriosis are impaired and that this impairment is particularly strong if the symptom of chronic pelvic pain is present. They suggest that chronic pelvic pain in endometriosis is a risk factor for both mental disorders and sexual dysfunctions. The presented results underline the importance of the patient's satisfaction with their medical treatment for their well-being. Also, the need to shorten the diagnostic delay associated with endometriosis is highlighted to prevent the progression of pain symptoms and a deterioration in mental health. The results of the studies presented confirm the importance of effective pain treatment and, in addition, show the high relevance of specific psychosocial factors for maintaining the health of people with endometriosis. Considered together, they suggest beneficial effects of psychological-psychotherapeutic and sexual-therapeutic treatment elements in the context of endometriosis. The implementation of a biopsychosocial treatment approach is necessary from the start in order to support and protect the long-term physical, mental and sexual health of individuals living with endometriosis.
en
dc.format.extent
189 Seiten
dc.rights.uri
http://www.fu-berlin.de/sites/refubium/rechtliches/Nutzungsbedingungen
dc.subject
Endometriose
de
dc.subject
Psychische Gesundheit
de
dc.subject
Chronischer Schmerz
de
dc.subject.ddc
100 Philosophie und Psychologie::150 Psychologie::150 Psychologie
dc.title
Die psychische Gesundheit bei Endometriose
dc.contributor.gender
female
dc.contributor.firstReferee
Renneberg, Babette
dc.contributor.furtherReferee
Mechsner, Sylvia
dc.date.accepted
2024-10-14
dc.identifier.urn
urn:nbn:de:kobv:188-refubium-45272-2
dc.title.translated
Mental health in endometriosis
eng
refubium.affiliation
Erziehungswissenschaft und Psychologie
dcterms.accessRights.dnb
free
dcterms.accessRights.openaire
open access