dc.contributor.author
Almer, Gabriel
dc.date.accessioned
2018-06-07T17:53:17Z
dc.date.available
2016-03-23T13:24:29.774Z
dc.identifier.uri
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/4392
dc.identifier.uri
http://dx.doi.org/10.17169/refubium-8592
dc.description.abstract
Seit dem öffentlichen Übertritt Johann Sigismunds zur reformierten Konfession
im Jahr 1613 gab es im Kurfürstentum Brandenburg neben der mehrheitlich
lutherischen Bevölkerung eine kleine, aber privilegierte Minderheit von
Reformierten, aus der sich im 17. und frühen 18. Jahrhundert die Hof- und
Verwaltungselite der Hohenzollern-Fürsten rekrutierte. Eine weiterführende
'Zweite Reformation' war jedoch am geschlossenen Widerstand der lutherischen
Landstände, die den Landesherrn zum Verzicht auf die Ausübung seines ius
reformandi zwangen, gescheitert. Trotz dieser ständisch-konstitutionellen
Beschränkung des landesherrlichen Reformationsrechts sollten die
brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Könige nicht nur dauerhaft am
reformierten Bekenntnis festhalten, sondern auch den Anspruch auf die
alleinige Verfügung über das Kirchenregiment als höchstes Regal behaupten, was
zu einer aus religionshistorischer Perspektive recht ungewöhnlichen
Konstellation führte. Im Zentrum dieser Arbeit steht das Verhältnis von
Konfession und Herrschaft in Brandenburg-Preußen, wie es sich nach der
unabgeschlossenen 'Zweiten Reformation' im Laufe des 17. und frühen 18.
Jahrhunderts entwickelt hatte. Der Übergang von einer konfessionell geprägten
zu einer überkonfessionellen Politik- und Gesellschaftsordnung wird auf
verschiedenen Ebenen aus einer historischen Perspektive verfolgt: im
Staatskirchenrecht, in der Kirchenverfassung und -verwaltung, in der kirchen-
und religionspolitischen Praxis sowie in der höfischen Kultur. Dabei werden
die interkonfessionellen Beziehungen zwischen Lutheranern und Reformierten im
Kontext herrschaftlicher Kirchen- und Religionspolitik analysiert. Deren
praktische Umsetzung wird exemplarisch an den Themenkomplexen der
Liturgiegesetzgebung, der Simultankirchen sowie der Besetzung von Pfarrstellen
untersucht. Diese von der landesgeschichtlichen Forschung weitgehend
vernachlässigten Themen stellten wichtige Experimentierfelder obrigkeitlicher
Reformpolitik dar, die allen Beteiligten eine konfessionelle Selbstverortung
und Positionierung abforderten. Anders als in der mündlich und schriftlich
vorgetragenen kontroverstheologischen Polemik der Geistlichen eröffnet sich
hier ein differenziertes Bild interkonfessioneller Beziehungen, in denen auch
eine frömmigkeitspraktische Dimension greifbar wird. Über die Fokussierung auf
die reformierten Entscheidungsträger in Hof und Verwaltung (Minister,
Regierungsräte, Hofprediger) werden herkömmliche sozial-, kirchen- und
verwaltungsgeschichtliche Forschungen um einen akteursorientierten Ansatz
erweitert. Durch den Vergleich der Territorien Kurmark, Neumark und Herzogtum
Kleve werden die unterschiedlichen Möglichkeiten und Bedingungen von
Herrschaft im Territorialverband Brandenburg-Preußens aufgezeigt. Es wird
davon ausgegangen, dass die klassische historiographische Meistererzählung
einer mehr oder weniger linearen Entwicklung vom Konfessionsstaat zum
säkularen Toleranzstaat für die brandenburgischen Verhältnisse nicht
zutreffend ist. Von Beginn an standen hier konfessionelle und
überkonfessionelle, religiöse und säkulare Entwürfe für die gesellschaftliche
und politische Ordnung des Gemeinwesens in einem Konkurrenz- und
Spannungsverhältnis zueinander. Die allmähliche Durchsetzung der
überkonfessionell-politischen Toleranzkonzeption, so eine grundlegende These
dieser Arbeit, war das Ergebnis von wiederkehrenden, mühsamen und
konfliktgeladenen Aushandlungsprozessen zwischen den historischen Akteuren,
auf deren Grundlage sich erst langfristig politische Leitprinzipien
entwickelten, die Allgemeingültigkeit beanspruchen konnten und somit einen
konstitutiven Charakter für das Gemeinwesen gewannen. Gleichwohl lässt sich im
Beobachtungszeitraum auf verschiedenen Ebenen ein Vorgang der
Entkonfessionalisierung in der Politik und Gesellschaftsordnung feststellen.
de
dc.description.abstract
Since Johann Sigismund's conversion to the reformed creed in 1613, the
population of the electorate of Brandenburg was divided between a majority of
Lutheran Protestants, and a privileged minority group of Reformed Protestants
from which the princes of Hohenzollern recruited their administrative staff
during the 17th and 18th century. However, the enforcement of a 'Second
Reformation' failed due to the estates' adamant resistance, forcing the ruler
to abstain from the exertion of his ius reformandi. Subsequently, despite this
constitutional limitation of their sovereign rights, the prince-electors of
Brandenburg and kings of Prussia held on to the reformed creed and managed to
maintain the State's exclusive rule over the Church, which led to an unusual
constellation from the perspective of religious history. This thesis addresses
the relation between confession and rulership in Brandenburg-Prussia after the
failed 'Second Reformation' in the 17th and early 18th century. It examines on
different levels (public church law, constitution and aministration of Church,
political practice, and court culture) the transition from a confessional
towards a multiconfessional order of state and society, exploring the
interconfessional relations between Lutheran and Reformed Protestants in the
context of governmental policies of church and religion. In addition to
traditional approaches in research, including church history, administrative
history, and social history, it focuses on the agency of the reformed
decision-makers at court and in the territorial administration (ministers,
private councillors, court chaplains). Contrasting the different territories
of Kurmark, Neumark, and the duchy of Cleves, a comparative approach shows the
different possibilities and constraints of rulership in the composite
monarchy. Dismissing the traditional historiographic narrative that postulates
a linear progress from the confessional state towards the secular state, this
thesis stresses the ambivalence of early-modern religious policy. Since the
beginning, different competing concepts for the organization of the polity,
confessional and transconfessional, religious and secular, existed
simultaneously. The gradual success of the secular conception of tolerance was
the result of continual, difficult and often conflictual processes of
negotiation between historical actors, which formed the foundation for the
polities' universal guiding principles. Nonetheless, a trend towards
deconfessionalization becomes noticeable on different levels of the order of
politics and society during the observation period.
en
dc.format.extent
VIII, 294 Seiten
dc.rights.uri
http://www.fu-berlin.de/sites/refubium/rechtliches/Nutzungsbedingungen
dc.subject
Brandenburg (Germany)
dc.subject
Lutheran Church
dc.subject
Reformed Church
dc.subject.ddc
900 Geschichte und Geografie::940 Geschichte Europas::943 Geschichte Mitteleuropas; Deutschlands
dc.title
Calvinista Aulico-Politicus
dc.contributor.firstReferee
Prof. Dr. Claudia Ulbrich
dc.contributor.furtherReferee
Prof. Dr. Kaspar von Greyerz
dc.date.accepted
2014-04-16
dc.identifier.urn
urn:nbn:de:kobv:188-fudissthesis000000101618-2
dc.title.subtitle
Konfession und Herrschaft in Brandenburg-Preußen (ca. 1660-1740)
dc.title.translated
Calvinista Aulico-Politicus
en
dc.title.translatedsubtitle
Confession and Rulership in Brandenburg-Prussia (ca. 1660-1740)
en
refubium.affiliation
Geschichts- und Kulturwissenschaften
de
refubium.mycore.fudocsId
FUDISS_thesis_000000101618
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