Interessengruppen nutzen unterschiedliche Instrumente, um Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Dazu können sie Demonstrationen organisieren, an Talkshows teilnehmen oder vor Gericht ziehen. Sie können mit Abgeordneten sprechen, eigene Forschung publizieren und vieles mehr, um ihre Position in die Entscheidungsfindung einzubringen. Gebündelt stellen diese einzelnen Instrumente Strategien der politischen Einflussnahme dar. Auf Basis der bisherigen wissenschaftlichen Literatur ist anzunehmen, dass einige Typen von Interessensgruppen bestimmte Strategien bevorzugen. So unterscheiden sich Strategien zwischen politischen „Insidern“ und „Outsidern“. Diese haben Aufgrund ihrer gruppendynamischen Herausforderungen und den Ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen jeweils unterschiedliche Anreize für die Nutzung einer jeweiligen Strategie. Dabei fokussieren sich Insider-Strategien auf Instrumente der direkten Einflussnahme, während Outsider-Strategien die indirekte Einflussnahme ins Zentrum nehmen. Die Einordnung von Gewerkschaften in diese Systematik wurde in der bisherigen Forschung nur am Rande behandelt. Dies ist auch deshalb überraschend, weil Gewerkschaften in einem Großteil der westlichen Demokratien sowohl historisch als auch aktuell zu den zentralen und prägendsten Interessengruppen gehören. Die Frage, wie sich Lobbystrategien verschiedener Gruppen unterscheiden ist aus mehreren Perspektiven relevant. Zum Einen konnte gezeigt werden, dass unterschiedlichen Lobbying-Strategien mehr oder weniger Erfolg in der politischen Einflussnahme versprechen (Binderkrantz & Pedersen, 2017). Zum anderen kann die Nutzung der unterschiedlichen Strategien ein Anhaltspunkt sein um zu bewerten, ob ein politisches System seinen Gruppen gleichberechtigten Zugang zu Entscheidungsprozessen bietet (Coen & Richardson, 2009). Deshalb möchte ich in dieser Arbeit die Strategiewahl unterschiedlicher Interessengruppen in den Blick nehmen und dabei speziell die Gruppe der Gewerkschaften in diesem Feld einordnen. Dabei ist die Frage zu beantworten: Wie unterscheiden sich die Strategien der politischen Einflussnahme durch Gewerkschaften von denen anderer Interessengruppen? Dazu werden in einem ersten Teil der aktuelle Forschungsstand der Verbände- und Interessengruppenforschung und die spezielle Frage vom Einfluss der Gruppentypen beleuchtet. Daraufhin werden die theoretischen Annahmen zum Zusammenhang von Gruppentypus und Strategiewahl dargelegt und in Hypothesen gefasst. Ebenso wird die Datengrundlage, das „Comparative Interest Group Survey“-Projekt, vorgestellt sowie die Fallauswahl begründet. Zum Ausschluss möglicher Einflüsse der politischen Systeme wird die Untersuchung auf drei Länder mit möglichst vergleichbaren Strukturen der Interessenvertretung, Belgien, Schweden und die Niederlande, beschränkt. Methodisches Vorbild für die folgende Operationalisierung und Analyse ist dabei „Gaining access or going public? Interest Group strategies in five European countries.” von Andreas Dür und Gemma Mateo aus dem Jahr 2013. Mit Hilfe mehrerer Regressionsanalysen wird der Einfluss des Gruppentypus auf die Strategiewahl herausgearbeitet und in einem anschließenden Überblick über die Ergebnisse eingeordnet. Zuletzt wird ein Fazit über die gewonnenen Erkenntnisse und mögliche weiterfolgende Forschungsfragen gezogen. Die Ergebnisse zeigen, dass durchaus starke Unterschiede in der Strategiewahl zwischen den einzelnen Gruppentypen bestehen. Jedoch ist keine klare Einordnung der Gewerkschaften in die Insider/Outsider Systematik zu finden. Stattdessen zeigen sich Gewerkschaften als äußerst aktive „hybride“ Interessensgruppen mit starker Aktivität sowohl bei Insider- als auch bei Outsider-Maßnahmen. Ihre Strategiewahl spiegelt sowohl die für Outsider typischen Notwendigkeiten der öffentlichkeitswirksamen Outsider-Aktivitäten als auch die für Insider typische häufige Nutzung direkter politischer Kanäle wider. Eine mögliche Erklärung für diese Abweichung von bisherigen Befunden kann dabei die besondere Position der Gewerkschaften in den politischen Systemen der untersuchten Länder sein. Auch andere Erklärungsansätze werden diskutiert. Für zukünftige Arbeiten kann die Erfassung weiterer Länder in quantitativen Untersuchungen dabei helfen, Faktoren des politischen Systems mit einer höheren Fallzahl genauer zu untersuchen.
Interest groups use various instruments to influence political decisions. They can organize demonstrations, take part in talk shows or go to court. They can talk to members of parliament, publish their own research and much more in order to introduce their position into the decision-making process. Taken together, these individual instruments represent strategies for exerting political influence. Based on the academic literature to date, it can be assumed that some types of interest groups prefer certain strategies. For example, strategies differ between political "insiders" and "outsiders". Due to their group dynamic challenges and the resources available to them, they each have different incentives to use a particular strategy. Insider strategies focus on instruments of direct influence, while outsider strategies focus on indirect influence. The classification of trade unions in this system has only been dealt with marginally in previous research. This is also surprising because trade unions are among the central and most influential interest groups in the majority of Western democracies, both historically and currently. The question of how lobbying strategies of different groups differ is relevant from several perspectives. This is also surprising because trade unions are among the central and most influential interest groups in the majority of Western democracies, both historically and currently. The question of how lobbying strategies of different groups differ is relevant from several perspectives. On the one hand, it has been shown that different lobbying strategies promise more or less success in exerting political influence (Binderkrantz & Pedersen, 2017). On the other hand, the use of different strategies can be a clue to assess whether a political system offers its groups equal access to decision-making processes (Coen & Richardson, 2009). Therefore, in this paper I would like to look at the choice of strategies of different interest groups and specifically place the group of trade unions in this field. The question to be answered is: How do the strategies of political influence by trade unions differ from those of other interest groups? In a first part, the current state of research on associations and interest groups and the specific question of the influence of group types will be examined. The theoretical assumptions on the connection between group type and choice of strategy are then presented and summarized in hypotheses. The data basis, the "Comparative Interest Group Survey" project, is also presented and the case selection justified. To exclude possible influences of the political systems, the study is limited to three countries with the most comparable structures of interest representation, Belgium, Sweden and the Netherlands. The methodological model for the following operationalization and analysis is "Gaining access or going public? Interest group strategies in five European countries." by Andreas Dür and Gemma Mateo from 2013. With the help of several regression analyses, the influence of the group type on the choice of strategy is worked out and classified in a subsequent overview of the results. Finally, a conclusion is drawn on the findings and possible further research questions. The results show that there are indeed strong differences in the choice of strategy between the individual group types. However, there is no clear classification of trade unions into the insider/outsider system. Instead, trade unions are extremely active "hybrid" interest groups with strong activity in both insider and outsider measures. Their choice of strategy reflects both the need for high-profile outsider activities typical of outsiders and the frequent use of direct political channels typical of insiders. One possible explanation for this deviation from previous findings may be the special position of trade unions in the political systems of the countries studied. Other explanatory approaches are also discussed. For future work, the inclusion of further countries in quantitative studies can help to examine factors of the political system in more detail with a larger number of cases