Hintergrund: Bei Patient*innen mit onkologischen Erkrankungen steigt die Nachfrage für komplementärmedizinische Verfahren. Hierzu gehören äußere Anwendungen wie beispielsweise wärmende Schafgarbe-Leberkompressen, welche in naturheilkundlichen Konzepten häufig zusätzlich während onkologischer Therapien angewandt werden. Patient*innen mit onkologischen Erkrankungen leiden häufig unter Tumor-assoziierter Fatigue (TF). Diese wird mit einer Dysregulation des Autonomen Nervensystems (ANS) und Veränderungen der Herzratenvariabilität (HRV) in Zusammenhang gebracht.
Ziel: Untersuchung der Auswirkung der äußeren Anwendung von Schafgarbe-Leberkompressen auf die Aktivität des ANS mittels HRV-Analyse bei Patient*innen mit Tumor-assoziierter Fatigue bei metastasierter Tumorerkrankung, welche eine zweiwöchige Bestrahlungstherapie von ossären oder zerebralen Metastasen erhalten.
Methoden: In einer randomisierten Pilotstudie wurden Patient*innen mit Tumor-assoziierter Fatigue bei metastasierter Tumorerkrankung, welche im Rahmen ihrer onkologischen Therapie eine stationäre Bestrahlung von entweder ossären oder zerebralen Metastasen erhielten, in zwei Gruppen randomisiert: Eine Interventionsgruppe mit wiederholten Anwendungen von Schafgarbe-Leberkompressen und eine Kontrollgruppe ohne diese Anwendungen. Mittels 24-h-EKG wurden zu Beginn (T1) und zum Ende (T2) des zweiwöchigen Studienzeitraumes Daten für die Analyse der HRV erhoben und jeweils eine Tages- (d) und eine Nachtsequenz (n) extrahiert. Anschließend wurden die HRV-Parameter des Zeit- und Frequenzbereichs sowie der Nichtlinearen Dynamik analysiert.
Ergebnisse: Im Zeitraum von September 2017 bis August 2019 erfolgte die Randomisierung von 39 Patient*innen. Die Daten von 20 Patient*innen (10 Patient*innen pro Gruppe) gingen in die Auswertung ein. Zwischen den beiden Tagesmesssequenzen im Vergleich über die Zeit (T1dT2d) konnte in beiden Gruppen ein signifikanter Unterschied der HRV-Parameter beobachtet werden. In der Interventionsgruppe nahmen die HRV und die Komplexität der Regulation der Herzfrequenz ab, als Hinweis auf eine erhöhte Aktivität des Sympathischen Nervensystems (SNS). In der Kontrollgruppe hingegen nahmen die HRV und die Komplexität der Regulation der Herzfrequenz zu, als Hinweis auf eine erhöhte Aktivität des Parasympathischen Nervensystems (PNS). Im direkten Vergleich der beiden Gruppen zeigte sich kein signifikanter Unterschied in den HRV-Parametern, mit Ausnahme des zweiten Tagesmesszeitpunktes (T2d).
Zusammenfassung: In der Interventionsgruppe mit täglicher Anwendung von Schafgarbe-Leberkompressen wurde tagsüber eine Zunahme der sympathischen Aktivität beobachtet, in der Kontrollgruppe ohne äußere Anwendungen hingegen trat tagsüber eine Zunahme der parasympathischen Aktivität auf. Aufgrund von großen Schwierigkeiten bei der Rekrutierung und Durchführung wurde die Studie vorzeitig beendet, dennoch lässt das Pilotergebnis einige Hypothesen zu. Eine Aktivitätssteigerung des SNS tagsüber könnte beispielsweise eine Verbesserung der Mobilisierung von Energieressourcen darstellen, durch welche die Patient*innen mit TF bei metastasierter Tumorerkrankung profitieren könnten. Insgesamt sind allerdings keine klaren Aussagen möglich und es gilt die aufgestellten Hypothesen in weiteren Studien zu überprüfen.
Background: There is an increasing demand for complementary medicine in patients with oncologic diseases. This includes external applications, which are frequently used in integrative care concepts during oncological therapies. Patients with oncological diseases often suffer from cancer-related fatigue (CRF), which seems to be associated with a dysregulation of the autonomic nervous system (ANS) and alterations of heart rate variability (HRV).
Objective: Investigation of the effect of external application of yarrow liver compresses on ANS-activity using HRV-analysis in patients with CRF due to metastatic tumor disease receiving two weeks of radiation therapy for bone or brain metastases. Methods: In a randomized pilot study, patients with tumor-associated fatigue due to metastatic cancer disease, who received two weeks of radiotherapy for bone or brain metastases, were randomized into two groups: an intervention group receiving repeated yarrow liver compresses and a control group not receiving these applications. At the beginning (T1) and the end (T2) of the two-week study period, 24-h-ECG data were collected for HRV analysis. For each, one daytime (d) and nighttime sequence (n) was selected. HRV data were analyzed using time domain, frequency domain, and nonlinear dynamics. Results: Between September 2017 and August 2019, 39 patients were randomized, and HRV data from 20 patients (10 patients per group) were analyzed. In both groups, a significant difference in HRV analyses was observed between the two measurement points during daytime in comparison over time (T1dT2d). In the intervention group, both HRV and the complexity of heart rate regulation decreased, indicating an increased sympathetic nervous system (SNS) activity. In the control group, HRV and the complexity of heart rate regulation increased, indicating an increase in the activity parasympathetic nervous system (PNS) activity. Direct comparison of the two groups showed no significant difference in HRV parameters, except for the second daytime measurement point (T2d). Conclusions: In the intervention group with daily application of yarrow liver compresses, there was an increase in SNS activity during the daytime. In the control group, not receiving daily external applications, an increase in PNS activity was observed. Due to difficulties regarding recruitment and conduction, the study was terminated prematurely, nonetheless, the results permit some hypotheses. For instance, patients with CRF could benefit from the increased sympathetic activity during the daytime that yarrow liver compresses might have caused. However, no clear conclusions can be drawn, and the hypotheses need to be tested in further studies.