Die vorliegende Arbeit behandelt die Netzwerke des muslimischen Reformers Muḥammad Rašīd Riḍā (1865–1935) in Vereinigungen, in denen er im Laufe seiner Karriere in Kairo aktiv war. Die Strukturen und Aktivitäten dieser Vereinigungen sind mithilfe der Theorie sozialer Bewegungen untersucht worden. Dabei werden sie als eine Strategie zur Mobilisierung erfasst, was sich dazu bewährt hat, ihre Funktionen und ihren Stellenwert für die Reformbewegung sowie Muster in dieser Form des kollektiven Aktivismus herauszuarbeiten. Die Auswahl der Kontaktpersonen erfolgte auf der Grundlage namentlicher Erwähnungen in der viel rezipierten Zeitschrift al-Manār, die Riḍā zwischen 1898 und 1935 in Kairo herausgab. Dabei waren einige qualitative Kategorien des Netzwerkansatzes ausschlaggebend dafür, welche Kontaktpersonen in die Untersuchung einbezogen werden. Dazu gehören zum Beispiel die Kontinuität und Multidimensionalität von Beziehungen, eine hohe Kontaktfrequenz und eine gewisse intellektuelle Zusammengehörigkeit, die Riḍā in al-Manār durch die Verwendung bestimmter Ausdrücke und Attribute zum Ausdruck brachte. Darüber hinaus weisen die Beziehungen Riḍās zu einigen seiner Kontaktpersonen weitere qualitative Eigenschaften auf, wie beispielsweise eine besondere Krisenfestigkeit oder eine affektive Bindung. Auf dieser Grundlage sind innerhalb der neun untersuchten Vereinigungen insgesamt 17 Kontaktpersonen Riḍās herausgearbeitet worden. Es handelt sich dabei ausschließlich um Männer einer gebildeten städtischen Mittelschicht, die die Reformbewegung im Allgemeinen dominierten. Ein Großteil war im Bereich der Publizistik tätig, als Herausgeber von Periodika, Inhaber von Druckereien und Buchhandlungen oder verfassten Essays und Monografien. Alle Kontaktpersonen waren in unterschiedlichem Maße daran beteiligt, die Inhalte von al-Manār und somit auch den Diskurs innerhalb der Reformbewegung mitzugestalten. Die Verbindungen, die Riḍā zu Beginn seiner Karriere in den Kairener Vereinigungen mit religiöser Ausrichtung aufbaute, dienten insbesondere dazu, den Bekanntheitsgrad seiner Person und seiner Reformideen in Kairo und anderen Regionen Ägyptens zu erhöhen. Diese Verbindungen nutzte Riḍā später dazu, eine eigene Vereinigung zu gründen, die Ǧamāʿat ad-daʿwa wa-l-iršād. Diese war transnational ausgerichtet und leistete einen wichtigen Beitrag dazu, Riḍās Ideen jenseits der arabischsprachigen Welt zu verbreiten, insbesondere unter Muslimen in Indien, Malaysia und Indonesien. Zum Ende von Riḍās Leben war sein Ruf in religiös ausgerichteten Vereinigungen so etabliert, dass er ihnen als Mentor diente. Diesen Vereinigungen übertrug Riḍā – so eine der Thesen dieser Arbeit – sein intellektuelles Erbe. Dies war insbesondere durch Riḍās langjährige Verbindungen zu den Führungspersonen dieser Vereinigungen möglich. Die Beziehungen Riḍās zu Kontaktpersonen innerhalb der politisch ausgerichteten Vereinigungen waren zwar zahlenmäßig geringer als die in den religiösen Vereinigungen, waren aber in dem Sinne besonders eng, dass sie eine auffallend hohe Kontaktfrequenz und Kontinuität aufweisen und besonders starke affektive und krisenfeste Beziehungen darstellten. Die entsprechenden Kontaktpersonen verfassten besonders viele Beiträge für al-Manār und ihr Dialog mit Riḍā und al-Manār fand auf sehr konstruktive Weise statt. Auffallend ist außerdem, dass die Verbindungen Riḍās zu Kontaktpersonen in religiösen und politischen Vereinigungen bis auf eine Ausnahme – namentlich Muḥibb ad-Dīn al-Ḫaṭīb zwei voneinander getrennte Teilnetzwerke bilden.
This dissertation deals with the networks of the Muslim reformer Muḥammad Rašīd Riḍā (1865–1935) within the associations that he was active in during his career in Cairo. The structures and activities of these associations are examined by means of social movement theory. They are conceptualized as strategies of mobilization which has proved helpful in identifying their functions and significance for the reform movement as well as patterns of this type of collective activism. The contact persons have been selected based on mentions of their names in al-Manār, the widely read journal published by Riḍā in Cairo between 1898 and 1935. Some qualitative categories of the network approach were applied to determine which contact persons are to be included in this study, such as continuity and multidimensionality of relations as well as a sense of intellectual belonging. The latter was expressed by Riḍā by usage of certain expressions and attributes in al-Manār. Furthermore, some of the relations between Riḍā and his contact persons show additional qualities, such as a particular resistance to crisis or affective bonds. Based on these premises, 17 contact persons have been identified within the 9 associations included in this study. They all belonged to a male educated urban middle-class who in general dominated the reform movement. The majority were publicists, such as editors of periodicals, owners of printing houses and bookshops, as well as authors of essays and monographs. To varying degrees, all of them participated in shaping the contents of al-Manār and hence the discourse of the reform movement. The connections that Riḍā established during his early career in religiously oriented associations in Cairo helped raising the prominence of Riḍā and his reform ideas in Cairo and in other Egyptian regions. These connections were later employed by Riḍā to establish his own association, the Ǧamāʿat ad-daʿwa wa-l-iršād. It was transnationally orientated and made an important contribution to disseminate Riḍā's ideas beyond the Arab-speaking world, especially in India, Malaysia, and Indonesia. At the end of his life, Riḍā's reputation within religious societies was so well-established that he served them as a mentor. This study argues that it is these late associations that Riḍā chose to transfer his intellectual heritage to. This was facilitated by his long-term connections to their leading figures. Riḍā's relations to contact persons within political associations were fewer in number compared to those in religious associations but were particularly close in the sense that they show a remarkable contact frequency and continuity, as well as particularly strong affective bonds and a high resistance to crisis. The respective contact persons wrote a particularly large number of articles for al-Manār and hold a particularly constructive dialogue with Riḍā and al-Manār. Furthermore, it is remarkable that Riḍā's connections to contact persons in religious associations on one hand and in political associations on the other hand, constitute different networks, with one exception, namely Muḥibb ad-Dīn al-Ḫaṭīb.