Seit den 2000er Jahren lässt sich, ausgelöst durch multiple Krisen wie die Finanz-, Energie- und Klimakrise, ein globaler Anstieg an Investitionen in Land, kurz land grabbing, beobachten. Diese großflächigen Investitionen in Land sind oftmals verbunden mit einem industriellen Umbau der Landwirtschaft, sogenannten agrarindustriellen Transformationen. Sie sind gekennzeichnet durch eine zunehmende Konzentration der Produktion auf wenige Un-ternehmen, den verstärkten Einsatz moderner Technologien und Anbauverfahren sowie eine vertiefte Einbindung in globale Märkte. Die Literatur zu land grabbing und agrarindustriellen Transformationen konzentrierte sich bislang verstärkt auf Formen der Aneignung von Land und Kämpfe von Landnutzer*innen gegen Enteignungen. Wenig erforscht sind hingegen die Auswirkungen agrarindustrieller Transformationen im Kontext von land grabbing auf Arbeit, Klas-senverhältnisse und Kämpfe von Arbeiter*innen in der Landwirtschaft. In meiner Arbeit frage ich daher, wie sich die industrielle Transformation der Landwirtschaft auf Klassenverhältnisse und Klassenkämpfe von Landarbei-ter*innen auswirkt. Ziel meiner Arbeit ist es, empirisch begründete Erkenntnisse über den Zusammenhang von agrarindustriellen Transformationen und Klassenverhältnissen sowie Klassenkämpfen von Landarbeiter*innen zu gewinnen. Empi-risch analysiere ich die Fragestellung anhand einer qualitativen Fallstudie über die Transformation des Zucker-rohrsektors im brasilianischen Bundesstaat São Paulo im Zeitraum von 2002 bis 2016. Für die Analyse erarbeite ich einen theoretischen Rahmen bestehend aus dem Konzept der Klassenanalyse nach Erik Olin Wright, der Ar-beitsprozesstheorie und dem Machtressourcenansatz. Anhand meiner empirischen Analyse zeige ich, dass agrarindustrielle Transformationen wenige Gewinner*innen und viele Verlierer*innen unter den Landarbeiter*innen schaffen. Macht verschiebt sich innerhalb des Klassenver-hältnisses Kapital und Arbeit zugunsten von Kapitalbesitzer*innen und verändert die Machtressourcen von Arbei-ter*innen und Gewerkschaften. Hierdurch ändern sich Formen des Klassenkampfes, die Arbeiter*innen und ihre Gewerkschaften nutzen, um ihre Interessen durchzusetzen. Durch meine Forschung erweitere ich die Literatur zu land grabbing und agrarindustriellen Transformationen um Erkenntnisse zu Arbeit und zum Konflikthandeln von Landarbeiter*innen und Gewerkschaften. Zudem entwickele ich Konzepte zur Analyse von Klasse, Klassenverhält-nissen und Klassenkämpfen im Zuge von agrarindustriellen Transformationen weiter.
Since the 2000s, driven by multiple crises such as the financial, energy and climate crises, a global increase in land investment, or land grabbing, can be observed. These large-scale investments in land are often linked to an indus-trial transformation of agriculture: so-called agro-industrial transformations. Agro-industrial transformations are characterized by an increasing concentration of production by a few companies, the increased use of modern tech-nologies and cultivation methods, and a deeper integration into global markets. The literature on land grabbing and agro-industrial transformations has so far focused on forms of land appropri-ation and struggles of land users against expropriation. Little research has been done on the impact of agro-industrial transformations in the context of land grabbing on labor, class relations, and struggles of agricultural workers. In my work I therefore ask: How does the industrial transformation of agriculture affect class relations and class struggles of agricultural workers? The objective of my research is to develop empirically-based knowledge about the relationship between agro-industrial transformations and class relations and class struggles of agricultural workers. Empirically, I analyze the question by means of a qualitative case study on the transformation of the sugarcane sector in the Brazilian state of São Paulo in the period from 2002 to 2016. For the analysis, I develop a theoretical framework consisting of the concept of class analysis according to Erik Olin Wright, the labor process theory and the power resources ap-proach. Based on my empirical analysis, I show that agro-industrial transformations create few winners and many losers among agricultural workers. Furthermore, power shifts in favor of capitalists, changing the power resources of workers and trade unions. As a result, forms of class struggle that workers and their unions use to advance their interests are changing. Through my research, I am advancing the literature on land grabbing and agro-industrial transformations to include insights on labor and the agency of agricultural workers and unions in conflicts. Addi-tionally, I am further developing concepts for analyzing class, class relations, and class struggles in the wake of agro-industrial transformations.