Die moderne medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren ist ein hochspezialisierter und interdisziplinärer Prozess, in dem die Radiologie an verschiedenen Punkten eine entscheidende Rolle einnimmt. Hieraus erwächst einerseits die große Verantwortung, stets auf dem aktuellen Stand der facheigenen Methodik zu arbeiten und andererseits bietet sich die Gelegenheit, mit der Konzeption und Erforschung neuer Wege zu einer weiteren Fortentwicklung beizutragen. Sowohl technische Innovationen in der Bildakquisition als auch neue Strategien der Bildauswertung und Befunderstellung bilden die großen Themen der diagnostischen Radiologie. Ganz in diesem Sinne hat auch die vorliegende Arbeit verschiedene Ziele verfolgt. Einerseits wurde die technische Machbarkeit der mul-tifrequenten Magnetresonanzelastographie (MRE) der Ohrspeicheldrüsen untersucht, um einen Einsatz bei Patientinnen und Patienten mit dort lokalisierten Tumoren vorzubereiten. Anschließend wurde das für die standardisierte radiologische Befundung in der Surveillance von Kopf-Hals-Tumoren vom American College of Radiology veröffentlichte Neck Imaging Reporting and Data System (NI-RADS) eingehend evaluiert, welches in zwei Kategorien mittels Likert-Skalen sowohl den Ort des ehemaligen Primarius (primary site) als auch die Halslymphknoten (neck) hinsichtlich eines Tumorrezidivs beurteilt. Abschließend wurde das für die standar-disierte radiologische Befundung von Lymphknotenmetastasen solider Tumoren des gesamten menschlichen Körpers gültige Node Reporting and Data System (Node-RADS) konzipiert und als Leitlinie veröffentlicht. Die multifrequente MRE hat sich in einem Kollektiv von 20 gesunden Probandinnen und Probanden als technisch machbar erwiesen. Die erhobenen arithmetischen Mittelwerte von 0,97 ± 0,13 m/s für die Scherwellengeschwindigkeit SWS (Surrogatparameter für die Gewebesteifigkeit) und 0,59 ± 0.05 rad für den Verlustwinkel des Schermoduls phi (Surrogatparameter für die Gewebeviskosität oder -fluidität) können als erste Referenzwerte für gesundes Ohrspeicheldrüsengewebe gelten. Die Methode war zudem sowohl für SWS (ICC = 0,84) als auch phi (ICC = 0,94) gut reproduzierbar und kann deshalb mit geringem zeitlichem Mehraufwand in bereits bestehende MRT-Untersuchungsprotokolle für die Differentialdiagnostik von Tumoren der Ohrspeicheldrüsen integriert werden. Die Einordnung des klinischen Nutzens muss jedoch Gegenstand zukünftiger Studien sein. NI-RADS kann in der radiologischen Surveillance sowohl für die CT als auch die MRT angewendet werden. In zwei separaten Studien wurde die Reliabilität, das heißt die Reproduzierbarkeit des standardisierten Befundungssystems für diese beiden Modalitäten untersucht. Für die CT war die Interreader-Überstimmung über alle eingeschlossenen Fälle je nach verwendetem statistischem Maß stark oder moderat sowohl für die primary site (W = 0,74, kappa = 0,48) als auch den neck (W = 0,80, kappa = 0,50), die Intrareader-Übereinstimmung moderat bis stark oder nahezu perfekt für die primary site (tau = 0,67-0,82, kappa = 0,85-0,96) und stark oder nahezu perfekt für den neck (tau = 0,76-0,88, kappa = 0,89-0,95). Allerdings war die Interreader-Übereinstimmung in Fällen mit bestätigtem Tumorrezidiv höher als in solchen mit Rezidivfreiheit, und zwar sowohl für die primary site als auch den neck (W = 0,78 gegenüber 0,56, kappa = 0,41 gegenüber 0,29). Für die MRT fanden sich zunächst ähnliche Ergebnisse hinsichtlich der Interreader-Übereinstimmung bei der der Betrachtung sämtlicher Fälle, welche moderat für die primary site (kappa = 0,53) und substantiell für den neck (kappa = 0,67) ausfielen, sowie für die Intrareader-Übereinstimmungen, die deutlich geringer für die primary site (Ao = 53,3-70,0%) als für den neck (Ao = 83,3-90,0%) waren. Im Gegensatz zu der CT-Studie war die Interreader-Übereinstimmung jedoch besonders gering in Fällen mit bestätigtem Tumor-rezidiv (kappa = 0,35). Zusätzlich wurde die bis dato nicht in den Kriterien von NI-RADS vertretene diffusionsgewichtete Bildgebung für die primary site evaluiert, wobei aus einer nahezu perfekten Interreader-Übereinstimmung (kappa = 0,83) und einer sehr hohen Intrareader-Übereinstimmung (Ao = 93,3-100,0%) ein großes Potential für die Verbesserung der Reliabilität abgeleitet werden konnte. Auf Grundlage dieser Ergebnisse sollte beim Training der Anwendung von NI-RADS durch Radiologinnen und Radiologen ein Hauptaugenmerk auf der Beurteilung der primary site liegen. In einer anschließend zur Bestimmung der Validität von NI-RADS mit 503 CT- und MRT-Bilddatensätzen durchgeführten Studie bestätigte sich die in den vorherigen Reliabilitätsstudien nur als Nebenergebnis zu vermutende hohe Trennschärfe des Systems. Bestätigte Tumorrezidive traten dieser zufolge in 1,0% (primary site 1), 7,1% (primary site 2a), 5,6% (primary site 2b), 66,7% (primary site 3) und 100% (primary site 4) beziehungsweise 0,5% (neck 1), 7,0% (neck 2), 80% (neck 3) und 100% (neck 4) auf. Hierzu passend betrug die Fläche unter der receiver operating characteristic (ROC)-Kurve 0,934 für die primary site und 0,959 für den neck. Der Einfluss der Supervision auf die Validität von NI-RADS wurde in einer diesen Themenkomplex abschließenden Studie quantifiziert. An 26% der von einer Assis-tenzärztin und einem Assistenzarzt zu 150 repräsentativen CT- und MRT-Untersuchungen erstellten Befunde wurden von zwei subspezialisierten Kopf-Hals-Radiologen Modifikationen vorgenommen. Die hierdurch erreichten Vergrößerungen der Flächen unter den ROC-Kurven (von 0,86 auf 0,89 für die primary site und von 0,91 auf 0,94 für den neck) waren jedoch nicht statistisch signifikant. Nach Dichotomisierungen der Datensätze konnten hingegen statistisch signifikante Unterschiede hinsichtlich der Spezifität und des positiv prädiktiven Wertes für die primary site (bei Kategorie 1 gegenüber Kategorie 2+3+4 und Kategorie 1+2 gegenüber Kategorie 3+4) und auch für die primary site und den neck gemeinsam (bei Kategorie 1 gegenüber 2+3+4) nachgewiesen werden. Diese Verbesserung der Spezifität kann in der klinischen Routine bedeutsam sein, da hierdurch für Patientinnen und Patienten unnötige oder invasivere Folgeuntersuchungen vermieden werden können und eine ökonomischere Nutzung der radiologischen Großgeräte ermöglicht wird. Die Erfahrungen aus diesen Studien konnten teilweise für die Konzeption von Node-RADS genutzt werden. Im Hinblick auf die radiologische Diagnostik von malignen soliden Kopf-Hals-Tumoren schließt dieses neue System die Lücke im vor der Therapieeinleitung durchgeführten Staging, in welchem NI-RADS definitionsgemäß nicht anwendbar ist. Node-RADS fasst die in der bestehenden Literatur erarbeiteten und diskutierten Kriterien der Lymphknotengröße und -konfiguration in einem Flussdiagramm zusammen und vertritt dabei den Anspruch, neben der Schaffung eines Konsens auch ein leicht verständliches und ohne größeren zeitlichen Mehraufwand anwendbares Konzept anzubieten. Die multifrequente MRE der Ohrspeicheldrüsen, NI-RADS und Node-RADS sind radiologische Werkzeuge, die zu einer modernen und standardisierten radiologischen Diagnostik von Kopf-Hals-Tumoren beitragen können. Während für NI-RADS aufgrund der sich verdichtenden Datenlage bereits eine Nutzungsempfehlung ausgesprochen werden kann, sind hierzu noch zukünftige Studien für die multifrequente MRE der Ohrspeicheldrüsen und Node-RADS notwendig.