Das komplexe Standortsuchverfahren für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle in Deutschland befindet sich noch in seiner Anfangsphase, die laut Gesetz im Wesentlichen auf nationaler Ebene angesiedelt ist. Doch bereits jetzt lassen sich auf Länderebene, in Regionen und Kommunen die unterschiedlichsten Aktivitäten beobachten. Sie alle eint, dass sie von einem Teilgebiet betroffen sind und vermutlich günstige geologische Eigenschaften für die Endlagerung besitzen. Das Spektrum reicht von der Bildung von Bürger*inneninitiativen über die Vergabe von wissenschaftlichen Gutachten, durch die die Eignung der eigenen Region geprüft werden soll, bis zur Gründung von Koordinationsstellen zur kritischen Begleitung des Verfahrens. Betroffenheit äußert sich damit sehr divers, wird aber in der Regel stark auf die politische Skala begrenzt. Wir argumentieren, dass Betroffenheit weiter gefasst werden muss, und entwickeln dafür eine Perspektive, die politische, räumliche, soziale und zeitliche Skalen umfasst. Diese Skalenperspektive erlaubt es, Betroffenheiten in ihrer Vielfalt und Weiträumigkeit verstehen zu können. Unsere These ist, dass Handlungsweisen und Entscheidungen, die nur wenige oder einzelne Betroffenheiten berücksichtigen, im Standortsuchverfahren zu kurz begreifen. Es bedarf kooperativer politischer Arbeitsweisen, um die diffusen Betroffenheiten in Bezug zueinander setzen zu können.
The complex site selection process for a repository for high level waste in Germany is still in its initial phase, which by law is anchored at the national level. However, a wide variety of activities can already be observed at the federal level, in regions and municipalities. They all have in common that they are affected by a sub-area and presumably have favourable geological characteristics for final disposal. The activity spectrum ranges from the formation of citizens’ initiatives to the commissioning of scientific reports to examine the suitability of one’s own region to the founding of coordinatory offices to critically accompany the process. Affectedness is thus expressed in very diverse ways, but is usually strongly limited to the political scale. We argue that affectedness must be defined more broadly and develop a perspective that encompasses political, spatial, social and temporal scales. This scale perspective makes it possible to understand affectedness in its diversity and broadness. Our thesis is that approaches and decisions that take only a few or individual impacts into account are too short-sighted in their understanding of the site selection process. In contrast, cooperative political working methods are needed to relate the diffuse impacts to each.