Die Dissertation untersucht den Einfluss jüdischer Musikelemente auf Felix Mendelssohn und sein Werk. Was aber versteht man unter dem Begriff „jüdische Musik“? Warum ist diese Bezeichnung eigentlich so umstritten? Eine Antwort liegt in der fast zweitausend Jahre währenden Zerstreuung des jüdischen Volkes. In der Regel wird eine bestimmte musikalische Strömung mit einem Ort oder einer Region verknüpft, in der sie entspringt und mit der sie untrennbar verbunden ist. Ein Teil des jüdischen Volkes aber blieb in der Region, die heute Israel und Palästina ist, und bewahrte dort seine von Generation zu Generation überlieferte Kultur. Sein Einfluss auf die Exilgemeinden war sehr groß. Dadurch wurde die Grundlage der jüdischen Musik, die in den alttestamentarischen Vortragszeichen liegt, immer beibehalten. Im Laufe der Jahrhunderte, inmitten von vielen verschiedenen Kulturen, war eine Wechselwirkung aber unvermeidlich. Die Wirkung der jüdischen Musik auf andere Musiktraditionen wurde fast vollständig ignoriert. Diese ist aber noch viel tiefgreifender als behauptet. Als eine bedeutende Ausnahme erweist sich der Beitrag von Alexander Ringer, „Felix Mendelssohn oder das Judentum in der Musik“. In musikalisch-analytischen Vergleichen werden spezifische musikalische Merkmale einer bestimmten charakteristischen Musik eines Volkes, wie Melodik, Rhythmik, Metrik und Harmonik, herausgelöst und bestimmt. Die jüdisch-aschkenasische Musik ist im selben geographischen Raum wie die christlich deutsche Musik entstanden und weist daher ähnliche Rhythmik, Metrik und Harmonik auf, weil diese lokal spezifisch sind. Daher befinden sich in der Musik Felix Mendelssohns die meisten jüdischen Musikelemente in der Melodik. Für die Darstellung typisch jüdischer Musikelemente und den Nachweis ihrer kompositorischen Verwendung im Werk Felix Mendelssohns eignen sich die synagogale aschkenasische Liturgie und die jüdischen Volkslieder. Viele Motive, die man als jüdisch bezeichnen könnte, sind zwar auch in anderen volkstümlichen Musikwerken zu finden. Der spezifische Ausdruck der Musik ist jedoch nicht nur durch das Herauslösen einzelner Musikelemente zu beurteilen, sondern wird entscheidend durch die Verschmelzung dieser Elemente miteinander geprägt. Die Verwendung solcher jüdisch-musikalischen Gebilde ist nicht nur als Randerscheinung oder als sporadisches, zufälliges Ereignis in Mendelssohns Werk zu betrachten, sondern sie gehören zu seinem Stil und sind fast in jeder seiner Kompositionen präsent. Nicht minder wichtig sind viele weitere Aspekte seines Schaffens, das vor allem die Musik im Deutschland des 19. Jahrhunderts vorangebracht hat. Der Versuch, durch die Analyse von jüdischen Musikelementen in Mendelssohns Werk diese Annahmen zu belegen, und die dadurch entstandene Bereicherung der deutschen Musikgeschichte darzustellen, sind die wichtigsten Aufgaben dieser Dissertation. Mendelssohns christliche Orientierung und seine familiäre jüdische Prägung vereinte er auf wunderbare Weise in seiner Musik. Daher hat die Kunst Mendelssohns es verdient, nach ihrer qualitativen Bedeutung und ihrem Wert für die musikgeschichtliche Entwicklung im Gesamtkontext beurteilt zu werden.
The dissertation examines the influence of Jewish Music elements on Felix Mendelssohn and his work. But what is meant by the term "Jewish music"? Why this term is really so controversial? One answer lies in the almost two thousand years of dispersion of the Jewish people. In general, a certain musical genre is associated with a place or region in which it arises and to which it is inextricably linked. Meanwhile, a part of the Jewish people remained in the region, which is now Israel and Palestine, and passed down generations its traditional culture.The influence on the exile community was fundamental. Thus, the basis of Jewish music, which is originated in the Old Testament recitation notes, has always been maintained. Being amidst different cultures over the centuries, interaction was inevitable. The effect of Jewish music on other musical traditions has been almost entirely ignored, even though it is much more profound than alleged. An important exception is Alexander Ringer’s lecture, „Felix Mendelssohn oder das Judentum in der Musik“. In musical-analytical comparisons, specific elements which characterize the music of a people, such as melody, rhythm, meter and harmony, are extracted and assigned. The Ashkenazi Jewish music was created in the same geographical area as the German Christian music and has therefore similar, locally specific rhythm, meter and harmony. Therefore most of the Jewish elements in Felix Mendelssohn's music are situated in the melody. Ashkenazi synagogue liturgy and Jewish folk songs are suitable for the representation of typical Jewish musical elements and the evidence of their compositional use in the work of Felix Mendelssohn. Many of the motifs, which could be described as Jewish, are indeed also found in other popular musical works. The specific expression of the music is not only determined by the extraction of individual elements of the music, but is significantly influenced by the fusion of these elements. The use of such Jewish musical structure is to be regarded not only as a side issue or as a sporadic, random event in Mendelssohn's work, but they are part of his style, and are almost always present in his compositions. No less important are many other aspects of his work, which brought forward the music in Germany in the 19th Century. The attempt to justify these assumptions by the analysis of Jewish musical elements in Mendelssohn's,work and to show the resulting enrichment of the German music history are, the main tasks of this doctoral dissertation. Mendelssohn united his Christian orientation and his Jewish family conditioning, in a fascinating way in his music. Therefore, the art of Mendelssohn deserves to be judged on its qualitative importance and value for the historical development of music in its overall context.