Die vorliegende Habilitationsschrift umfasst fünf Veröffentlichungen zu klinischen und sozialen Faktoren bei Menschen mit Substanzgebrauchsstörungen. Die erste in diese Habilitationsschrift einfließende Arbeit untersucht mittels Metaanalysen die Prävalenz psychischer Erkrankungen unter Wohnungslosen in wohlhabenden Ländern und zeigte dabei, dass bei mehr als zwei Drittel der Personen seelische Erkrankungen vorlagen. An erster Stelle stehen Substanzgebrauchsstörungen, gefolgt von Persönlichkeitsstörungen, depressiven Störungen und psychotischen Störungen. Die Daten unterstreichen die besondere Bedeutung von Substanzgebrauchsstörungen, die vermutlich sowohl die Wohnungslosigkeit mit verursachen können als auch eine wichtige Coping-Strategie für wohnungslosen Menschen darstellen. Die Daten legen zudem den Schluss nahe, dass die Abstinenzausrichtung im Hilfesystem in einigen Bereichen zu hinterfragen ist, da dadurch eine Vielzahl von Patienten nicht erreicht werden. Die große Heterogenität der Studien unterstreicht die Notwendigkeit, zukünftig einheitlichere Definitionen zum Beispiel von Wohnungslosigkeit zu verwenden. In der zweiten in diese Habilitationsschrift einfließenden Arbeit wurde das Nutzungsverhalten des psychiatrischen Versorgungssystems bei Menschen mit Substanzgebrauchsstörungen unter besonderer Berücksichtigung der Wohnsituation dieser Personen untersucht. Es zeigt sich, dass Personen mit Substanzgebrauchsstörungen, die in instabilen Wohnsituationen leben (Wohnungslosigkeit oder bei Freunden, Bekannten oder Familie untergekommen), signifikant früher in ihrem Leben psychiatrische und suchttherapeutische Behandlung erhalten hatten als Personen, die in eigener Wohnung leben. Auch sind komorbide Erkrankungen aus dem Psychose-Spektrum neben diagnostizierten Substanzgebrauchsstörungen mit dem Faktor Wohnungslosigkeit signifikant assoziiert. Die Befunde der Studie unterstreichen die Bedeutung einer sicheren sozialen Nachsorgeplanung mit besonderem Fokus auf die Wohnsituation bei Personen mit Substanzgebrauchsstörungen und einem frühen Alter bei erster psychiatrischer Behandlung, sowie bei komorbiden psychotischen Störungen. Die dritte in diese Habilitationsschrift einfließende Arbeit untersucht das Vorhandensein von und den Zugang zu einem eigenen Bankkonto bei psychiatrischen Patienten. Die Befunde zeigen, dass psychiatrische Patienten häufiger kein eigenes Bankkonto oder den Zugang dazu haben. Dies betrifft besonders männliche Personen mit Substanzgebrauchsstörungen, mit weniger Bildungsjahren, in instabilen Wohnverhältnissen und abhängig von Sozialleistungen lebend. Dies steht im Kontrast zu einer sehr guten Verfügbarkeit eines Kontozugangs der deutschen Allgemeinbevölkerung. Die Befunde sind von besonderer Bedeutung, da ein Bankkonto ein wichtiges Element für die Teilhabe an der Gesellschaft ist, beispielsweise zum Abschluss von Miet- oder Arbeitsverträgen, welche wiederum wichtig für die klinische Reintegration insbesondere von marginalisierten Patientengruppen sind. Die vierte Arbeit untersucht Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in opioidgestützter Substitutionsbehandlung und zeigt, dass sich Menschen mit Migrationshintergrund etwa entsprechend ihres Bevölkerungsanteils in Substitutionsbehandlung befinden und demnach nicht unterpräsentiert sind, und auch genauso häufig wie Menschen ohne Migrationshintergrund Entgiftungs- und Langzeitbehandlungen in Anspruch nehmen. Damit weichen unsere Ergebnisse von anderen Untersuchungen ab, welche zeigen, dass Personen mit Migrationshintergrund Einrichtungen der Suchthilfe in Deutschland weniger häufig nutzen. In der Bewertung der Substitutionsbehandlung und der Dauer der Behandlung berichten Menschen mit Migrationshintergrund häufiger den Wunsch, die Behandlung zu beenden und zeigen zudem kürzere Behandlungszeiten. Beide Faktoren sind vermutlich bedingt durch ein anderes Krankheitsverständnis bei Personen mit Migrationshintergrund in der Bewertung von Suchterkrankungen, welche häufiger als stigmatisierend erlebt werden, andererseits auch dadurch, dass eigene Ressourcen überschätzt werden können. Die fünfte Arbeit untersucht, ob die Richtlinien der Bundesärztekammer bei Menschen in opioidgestützter Substitutionsbehandlung mit Take-Home-Verordnung erfüllt sind. Hierbei zeigt sich, dass die wichtigen Kriterien bei den meisten Personen erfüllt sind, wie bereits lange bestehende Substitutionsbehandlung, als Ausdruck einer stabilen medizinischen Einstellung, oder Berufstätigkeit, als Ausdruck einer psychosozialen Reintegration. Hinsichtlich des Konsums weiterer Substanzen zeigte sich, dass auch hier der Großteil der Personen mit Take-Home-Verordnung den Kriterien der Bundesärztekammer entsprach, es aber einzelne Personen mit anhaltendem Konsum stark sedierender Substanzen oder multiplem Substanzkonsum gab, was auf die Notwendigkeit von Urinkontrollen auch bei Personen mit Take-Home-Verordnung hinweist.