Hintergrund: Über die Auswirkungen von Luftschadstoffen auf die Gesundheit wird seit langem diskutiert. Assoziationen zwischen Atemwegserkrankungen und Luftschadstoffkonzentrationen wurden bereits in vielen Arbeiten gefunden. In den letzten Jahren ließen Studien auch eine Assoziation zwischen kardialen Erkrankungen und Luftverschmutzung vermuten. Maßnahmen zur Luftreinhaltung etablierte man in europäischen Staaten schrittweise seit Mitte des 19. Jahrhundert. Seit 2008 liegt eine verbindliche europäische Luftqualitätsrichtlinie vor. Von Bedeutung sind in Deutschland heute vor allem Luftschadstoffe, die im Rahmen des Straßenverkehrs bzw. in Heiz- und Industrieanlagen entstehen. Dies sind überwiegend Stickoxide (NOx) und Feinstaubpartikel. Ziel der Arbeit: Die vorliegende Arbeit untersucht die Assoziation zwischen den Luftschadstoffen NOx und Feinstaub sowie Wettereinflüssen mit dem Eintreten eines akuten Herzinfarktes in Berlin. Methodik: Das Berlin-Brandenburger Herzinfarktregister (B2HIR) dokumentiert die Versorgung von Patienten mit akutem Herzinfarkt. Dabei werden unter anderem der genaue Zeitpunkt des Symptombeginns, die Art des Infarktes (STEMI oder NSTEMI) undvorbestehende Risikofaktoren wie Raucherstatus oder Diabetes mellitus mitgeteilt. .Von 2008 – 2014 (Studienzeitraum) war die Anzahl einschließender Berliner Kliniken als Basis der Erhebung weitgehend konstant. Die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz stellt Messdaten des Berliner Luftgüte-Messnetzes (BLUME) öffentlich zur Verfügung. Das BLUME-Netzwerk erfasst lokale Tageskonzentrationen von NOX und Feinstaubpartikeln (PM10). Basierend auf den Messdaten des BLUME-Messnetzes wurden Tageswerte für NOX und Feinstaubpartikeln (PM10) zusammengefasst und auch bezogen auf Stationsgruppen (Innenstadt, Hauptverkehrsstraßen und Außenbezirke)gemittelt. Tages- sowie einzelne und über drei Tage gleitend gemittelte Vortageswerte wurden jedem Datum zugeordnet. Zusätzlich wurden tägliche Wetterdaten der Wetterstation Berlin-Tempelhof erfasst. Die Herzinfarktinzidenz der B2HIR-Daten des Studienzeitraums wurde jedem Datum zugeordnet und zusätzlich mit Patientencharakteristika verknüpft. Mittels bivariater Korrelationen und Poisson-Regression wurde die Assoziation zwischen auftretenden Herzinfarkten, Wetterdaten und Luftschadstoffen untersucht. Ergebnisse: Es konnten 17873 Herzinfarktereignisse berücksichtigt werden. Es fand sich eine hoch signifikante Assoziation der Herzinfarktinzidenz mit tagesgleichen NOx-Luftkonzentrationen (p<0,001) und dem gleitenden Dreivortagesmittelwert der PM10-Konzentration (p<0,001). Bezogen auf den Quartilsabstand dieser Variablen ergab sich eine Variation der Herzinfarktinzidenz mit NOx um 3,2% und mit den gemittelten Vortageswerten von PM10 um 4,8%. Die Tageshöchsttemperatur war signifikant invers mit Herzinfarkten assoziiert (p<0,001). Die Herzinfarktinzidenz der Raucher war durch Luftschadstoffe unbeeinflusst. Schlussfolgerung: In dieser Arbeit wird für Berlin erstmals eine signifikante Assoziation der Luftschadstoffe NOx und PM10 mit Herzinfarkten nachgewiesen. Die Infarktinzidenz variierte mit diesen Variablen im einstelligen Prozentbereich. Dass es sich dabei wahrscheinlich um einen kausalen Zusammenhang handelt, wird aus dem Fehlen der Assoziation bei den sich laufend selbst unter anderem mit Feinstaub und NOx belastenden Rauchern deutlich.
Background: The association of air pollution and health is long debated. Associations of respiratory diseases and pollutants were frequently reported. Recently, associations between air pollution and cardiovascular diseases have been postulated. Measures to improve air quality have been established since the 19th century. Since 2008 compulsory guidelines regulate the air quality in Europe. In Germany predominantly air pollutants resulting from traffic, heating, and industry are of importance. Mainly nitric oxide (NOx) and particulate matter are concerned. Objective: This study evaluates the association of the air pollutants NOx and particulate matter (PM10) and meteorological parameters with the incidence of acute myocardial infarction (MI) in Berlin. Methods: The Berlin Brandenburg MI registry documents the treatment of patients with MI. Assessed parameters include symptom onset, type of MI, and risk factors like smoking status, or diabetes mellitus.During the study period from 2008 to 2014 the number of enrolling hospitals was broadly constant. The Berlin administration for environment, traffic, and climate protection provides data assessed by the Berlin air quality measurement network (BLUME). BLUME documents local daily air concentrations of NOx and PM10. Based on BLUME data daily measurements of NOx and PM10 were condensed and averaged for groups of measuring points (inner city, main streets, and suburban districts). Values of each day, values of each previous day, and moving averages over three previous days were assorted to every day of the study period. In addition, meteorological data from the Berlin-Tempelhof weather station were documented. The daily incidence of MI was assorted to each day of the study period and was linked to patient characteristics. Associations were evaluated by bivariate correlations and by Poisson regression analysis. Results: A total of 17873 MI events were included. A significant association linked the MI incidence to same-day NOx levels (p<0,001) and to three day averages of PM10 (p<0,001). With reference to the interquartile range of these parameters, the variation of incident MI was 3,2% for NOx and 4,8% for PM10. Same-day maximum temperature related inversely to MI incidence (p<0,001). The MI incidence in smokers was unaffected by air pollutants. Conclusion: This study demonstrates for the first time a significant association of NOx and PM10 with the incidence of MI in Berlin. The variation of MI incidence with these parameters was found within the single-digit percent range. A causal link for this association appears likely, as for continuously self-intoxicating smokers no relationship was found.