Die Untersuchung der komplexen entwicklungsbiologischen Vorgänge von Zahnmineralisation und -durchbruch prägte in den letzten Jahren die Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der forensischen Altersdiagnostik bei Lebenden maßgeblich. Zwischenzeitlich liegen valide Referenzwerte hinsichtlich des zeitlichen Durchlaufens der verschiedenen Stadien der Weisheitszahnmineralisation und -eruption für die ethnischen Hauptgruppen vor. Die forensische Altersschätzung Lebender sollte unter Verwendung von populationsspezifischer Referenzdaten erfolgen (OLZE et al. 2001; OLZE et al. 2003a, 2003b, 2003c; OLZE et al. 2004; OLZE et al. 2007a, 2007b; OLZE et al. 2008a, 2008b) Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit haben nicht unerheblich die Wahl des in den von der Berliner Arbeitsgruppe durchgeführten Referenzstudien verwendeten Methodenspektrums beeinflusst, da aufgrund des unterschiedlichen Designs der zur Verfügung stehenden Studien zunächst unklar war, welche Stadieneinteilung für die Beurteilung des zeitlichen Ablaufs der Weisheitszahnmineralisation geeignet wäre. Es wurden fünf verschiedene Stadieneinteilungen zur Zahnmineralisation nach Kenntnis der Autorin erstmalig unabhängig von der ursprünglich zugrunde liegenden Referenzpopulation hinsichtlich ihrer Validität verglichen (GLEISER und HUNT 1955, GUSTAFSON und KOCH 1974, HARRIS und NORTJE 1984, KULLMAN et al. 1992 sowie DEMIRJIAN et al. 1973, modifiziert von MINCER et al. 1993). Zur Untersuchung kamen insgesamt 420 konventionell gefertigte Orthopantomogramme von weiblichen deutschen Probanden im Alter von 12 bis 25 Jahren. Jedes Röntgenbild wurde mit einer Identifizierungsnummer versehen, die Geburtsdaten wurden fallbezogen erfasst. Untersucht wurde ausschließlich der Mineralisationsstand des unteren linken Weisheitszahns (Zahn 38). Die Orthopantomogramme wurden von zwei unabhängigen Beobachtern untersucht (A und B). Beobachter A untersuchte die Orthopantomogramme ein zweites Mal (A2). Zwischen beiden Untersuchungen (A1 und A2) lag ein halbes Jahr. Es wurden jeweils Binnen- und Zwischenbeobachterfehler bestimmt. Zusätzlich und als Ergänzung zur Varianzanalyse wurde mittels der Berechnung des gewichteten Kappa- Koeffizienten (FLEISS 1981) für jeweils zwei (rangskalierte) Begutachtungen inter- und intraindividuell der Grad der Übereinstimmung zwischen den Begutachtern eingeschätzt (Intraklass-Korrelation). Die Einschätzung der Übereinstimmung der aus der jeweiligen Methode erhaltenen Stadien/Scores in Bezug zum tatsächlichen Alter geschah mittels direktem Vergleich der kategorial-skalierten Stadien/Score-Beurteilung mit dem intervall-skalierten Alter durch den Eta-Koeffizienten (SIEGEL 1956). Im Ergebnis der vorliegenden Studie wird geschlussfolgert, dass zur Bestimmung des Mineralisationsstandes der dritten Molaren die Stadieneinteilung von DEMIRJIAN et al. (1973), modifiziert von MINCER et al. (1993) verwendet werden sollte, da sie von allen hier geprüften Methoden die größte Validität, d.h. Übereinstimmung zwischen dem geschätzten und dem chronologischen Alter, aufweist (OLZE et al. 2005).
One major criterion for dental age estimation is the evaluation of third molar mineralization.There are various methods for evaluating tooth mineralization based on classification by stages.The aim of the present work is to assess the validity of the common classification systems.To this end,we analyzed 420 conventional orthopantomograms of German females aged 12-25 years old.The mineralization status of tooth 38 was determined using the stages defined by Gleiser and Hunt,Demirjian et al.,Gustafson and Koch,Harris and Nortje and Kullman et al.,respectively.Of the methods tested,the most accurate results were obtained with Demirjian et al.Žs classification system,wich performed best not only for observer agreement but also for the correlation between estimated and true age.It is argued that this is due to the fact that Demirjian et al.Žs classification is based on a sufficient number of stages which are defined independently of speculative estimations of length.This leads to the conclusion that the method devised by Demirjian et al. should be used for evaluating the mineralization of third molars for purposes of forensic age determination.