Hintergrund: Soziodemografische Variablen sind gut belegte, aber eher schwache Prädiktoren der Nutzung von Komplementär- und Alternativmedizin (CAM). In älterer Forschung wurden vielfach persönliche Werte und Weltanschauungen als Prädiktoren der Nutzung oder Bewertung von CAM untersucht, ohne dass sich ein eindeutiges Bild ergab. Jüngere psychologische Forschung deutet darauf hin, dass die positive Bewertung von CAM eher das Ergebnis eines intuitiven oder magischen Denkstils ist. Die vorliegende Arbeit untersucht Prädiktoren aus diesen drei Gebieten mit einer multivariaten Methodik, um relevante Prädiktoren zu identifizieren und dabei Unterschiede zwischen Prädiktoren der Nutzung und Bewertung einerseits und verschiedenen CAM-Praktiken andererseits zu erfassen. Methodik: Wir rechneten eine kanonische Korrelationsanalyse über alle 3 480 Befragten des 2012er ALLBUS-Surveys. Als methodische Vorarbeit wurden Maßzahlen für nichtmetrische Variablen erarbeitet. Ergebnisse: Nichtmetrische Variablen lassen sich am besten interpretieren, indem die Gewichte mittelwertzentiert und mit den Gruppenmittelwerten in den mittelwertzentrierten kanonischen Variaten verglichen werden. Inhaltlich ergibt sich, dass die positive Bewertung von paranormalen Praktiken die positive Bewertung von CAM und die Erfahrung mit paranormalen Praktiken die Erfahrung mit CAM stark vorhersagt. Soziodemografische Variablen sind weniger bedeutsam für die Nutzung und unbedeutend für die Bewertung von CAM. Traditionelle Religiosität, Einstellungen zur Wissenschaft und Postmaterialismus sagen weder die Erfahrung mit, noch die Bewertung von CAM voraus. Schlussfolgerungen: Positive Bewertung von CAM ist nicht durch ein bestimmtes Weltbild, sondern eher durch einen bestimmten Denkstil zu erklären. Zukünftige Forschung sollte psychologische Erklärungen stärker berücksichtigen. CAM-Befürworter könnten im Gespräch mit Behandelnden von einer Kommunikation profitieren, die das intuitive Denken anspricht.
Background: Sociodemographic variables are well established but rather weak predictors of the use of complementary and alternative medicine (CAM). In older research, personal values and worldviews have often been examined as predictors of the use or approval of CAM, without a clear picture emerging. More recent psychological research suggests that the approval of CAM is more likely the result of an intuitive or magical thinking style. This work investigates predictors from these three areas using a multivariate methodology to identify relevant predictors and to capture differences between predictors of use and approval on the one hand and different CAM practices on the other. Methods: We performed a canonical correlation analysis on all 3 480 records of the 2012 ALLBUS survey. As methodological preliminary work, we developed measures for non-metric variables. Results: Non-metric variables can be best interpreted by mean-centering the weights and comparing them with the group means in the mean-centred canonical variates. In terms of content, the approval of paranormal practices strongly predicts the approval of CAM and the experience with paranormal practices strongly predicts the experience with CAM. Sociodemographic variables are less important for the use and irrelevant for the evaluation of CAM. Traditional religiosity, attitudes towards science and post-materialism predict neither the experience with nor the approval of CAM. Conclusions: The approval of CAM cannot be explained by a certain worldview, but rather by a certain style of thinking. Future research should pay more attention to psychological explanations. CAM proponents could benefit from communication that appeals to intuitive thinking when talking to practitioners.