Aktueller Forschungsstand: Chronische Urtikaria ist eine der häufigsten dermatologischen Erkrankungen. Die cholinergische Urtikaria (cholU) gehört zu den chronischen induzierbaren Urtikariaformen. Ausgelöst durch Schwitzen kommt es zu charakteristischen stecknadelkopfgroßen, stark juckenden Quaddeln und in bis zu 50% auch zu Angioödemen. Gemäß der aktuellen EAACI/GA²LEN/EDF/WAO Leitlinie gliedert sich die Therapie der cholU in 4 Stufen: Erst- und Zweitlinientherapie sind Antihistaminika in einfacher und bis zu vierfacher Dosierung. Als Drittlinientherapie wird zusätzlich Omalizumab empfohlen; falls es darunter zu keiner Besserung kommt, kann eine Therapie mit Ciclosporin erwogen werden. Die vorliegende Studie erhebt erstmals Daten über die Versorgungsrealität von Patienten mit cholinergischer Urtikaria, die Umsetzung der Leitlinie von cholU Patienten im deutschsprachigen Raum und deren Wirksamkeit im alltäglichen Setting.
Methodik: Mittels eines Online-Fragebogens in deutscher Sprache wurden 111 Patienten mit ärztlich gesicherter Diagnose einer cholU über ihre aktuelle Therapie, die Therapieerfolge und Nebenwirkungen befragt. Diese gewonnenen Daten wurden in SPSS übertragen und anschließend analysiert.
Ergebnisse: Die große Mehrzahl der cholU Patienten (97%) wurden mit Antihistaminika therapiert, 87% davon mit nicht-sedierenden Antihistaminika (nsAH). Fast ein Viertel (23%) der cholU Patienten haben auch sedierende Antihistaminika (sdAH) eingenommen. Eine Symptomverbesserung unter einfacher Dosierung mit Antihistaminika trat selten auf (sdAH: 16% der Patienten, nsAH 32% der Patienten). Die Nebenwirkungen der verschiedenen Antihistaminika Präparate waren vergleichbar, am häufigsten trat Müdigkeit auf. 66 Patienten (59%) erhielten eine Aufdosierung der Antihistaminikatherapie, 98% davon mit nsAH. Das Therapieansprechen auf die erhöhte Dosis ergab keine signifikante Verbesserung im Vergleich zur einfachen Dosierung von nicht-sedierenden Antihistaminika, 38% im Vergleich zu 32%. Ein Drittel (30%) der Patienten wurde auch mit Kortiosteroiden behandelt, welche in den aktuellen Leitlinien nicht empfohlen werden. Nur 6 Patienten (5%) wurden zusätzlich mit Omalizumab therapiert.
Diskussion: Die vorliegende Arbeit zeigt auf, dass die Erst- und Zweitlinientherapie derzeit größtenteils leitliniengerecht erfolgt, allerdings sind zwei Drittel der Patienten damit nicht suffizient behandelt. Deshalb wäre ein Ausbau der Versorgung mit Dritt- und Viertlinientherapie sinnvoll, was jedoch durch eine fehlende Zulassung von Omalizumab und Ciclosporin in der Indikation cholU erschwert ist. Die Studie zeigt einen hohen Bedarf an einem verbesserten Zugang zur Dritt- und Viertlinientherapie bzw. zu neuen Therapieformen, bei größtenteils unkontrollierten Symptomen der Patienten mit cholU.
Background: Urticaria is one of the most common dermatological diseases. Cholinergic urticaria (cholU) belongs to the subgroup of chronic inducible urticaria. Induction of sweating leads to the characteristic strong itching, pinpoint sized wheals and in up to 50 % also to concomitant angioedema. According to the current EAACI/GA²LEN/EDF/WAO guideline recommendations, the therapy has a step-up approach: First-line are second generation antihistamines, second line these antihistamines updosed up to four times, as third- line Omalizumab is added and as fourth- line Ciclosporin can be a therapeutic alternative. Little is known about the cholU patients supply situation, their real-life treatment and if the treatment is following the current guideline recommendations in German speaking countries.
Method: We collected, analysed and compared treatment, treatment success and adverse events of 111 patients, who took part in an online survey about cholinergic urticaria in German speaking countries.
Results: Almost all cholU patients (97%) had used antihistamines, 87% of them second-generation antihistamines (sgAH). One in four cholU patients (23%) had also taken first-generation antihistamines (fgAHs). The rate of cholU patients who benefitted from standard-dosed antihistamine treatment was low (sgAHs: 32% vs. fgAHs: 16%). Side effects of the different Antihistamines were comparable, most common was fatigue. Updosing of antihistamines had been tried by 66 patients (59%); most commonly (98%) with sgAHs. Treatment responses with updosed sgAH were not significantly better than with standard-dosed sgAHs, with 38% vs 32% of patients reporting benefit. One-third (30%) of the cholU patients received corticosteroids as an alternative treatment, only 6 patients (5%) had reported treatment with Omalizumab.
Discussion: Our study revealed that current treatment regimens for cholU patients are mostly aligned with the latest guideline recommendations; however, two-thirds of the patients are insufficiently treated. The use of third-and forth-line therapy should be improved. There is a need for education on and also investigation for alternative therapies, aiming for a better symptom control in these patients.