Das Nierenzellkarzinom (NZK) stellt weltweit die dritthäufigste bösartige Erkrankung in der Urologie dar. Es werden das lokal begrenzte, das lokal fortgeschrittene und das metastasierte Krankheitsstadium unterschieden für die jeweils unterschiedliche Prognosen und Therapiestrategien bestehen. Eine Besonderheit beim lokal fortgeschrittenen NZK stellt das Tumorwachstum per continuitatem in die Vena renalis oder Vena cava inferior (VCI) dar, das bei 4-10% aller neudiagnostizierten NZK-Erkrankungen vorliegt. Trotz kurativer Therapie bei Patienten mit lokal begrenztem oder lokal fortgeschrittenem NZK erleiden zwischen 15-30% der Patienten im Verlauf ein Rezidiv oder Metastasen. Um den Patienten eine individualisierte Therapie- und Nachsorgestrategie anbieten zu können, besteht daher ein großer Bedarf an prognostischen Markern, insbesondere Biomarkern. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, verschiedene Prognosefaktoren und die unterschiedliche Effektivität von Therapiestrategien bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem NZK, die an der Klinik für Urologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin behandelt wurden, zu untersuchen.
In der ersten Studie dieser Arbeit wurden hierzu Patienten mit radiologischen Nachweis eines NZK und fortgeschrittenem Tumorthrombus in die VCI (Level II-IV nach der Mayo-Klassifikation) die durch eine radikale Nephrektomie mit Tumorthrombektomie behandelt wurden, untersucht. Nur das Vorliegen einer primären Metastasierung war ein statistisch signifikant unabhängiger Prädiktor für das Gesamtüberleben. Das Tumorthrombuslevel, Alter des Patienten, Komorbiditäten, OP-Technik bzw. -Dauer stellten keine statistisch signifikanten Prädiktoren dar. Eine radikale Nephrektomie mit Tumorthrombektomie stellt trotz hohen peri- und postoperativen Risikos eine anspruchsvolle, aber effektive Therapiestrategie dar.
Ziel der zweiten Studie dieser Arbeit war es das Potenzial von piwi-interacting RNA (piRNA), als prognostische Biomarker für die Entwicklung eines Rezidivs bzw. für das Gesamtüberleben (OS) zu untersuchen. Es konnte gezeigt werden, dass alle drei ausgewählten piRNA in metastasiertem Tumorgewebe und Gewebe aus Knochenmetastasen verschiedene Expressionsprofile aufwiesen und statistisch signifikante Prädiktoren für OS bei Patienten mit lokal begrenzten und metastasierten NZK waren, obwohl in nicht metastasiertem Tumorgewebe alle drei piRNA im Vergleich zu Normalgewebe signifikant heruntergeregelt waren. Zusammen mit der histologischen Tumordifferenzierung war pRNA-38756 bei nicht metastasierten NZK-Patienten ein unabhängiger prognostischer Faktor für die Vorhersage des rezidivfreien Überlebens (RFS) und des OS. Weiter konnte gezeigt werden, dass piRNA als zusätzliche Biomarker konventionelle Prognosemodelle signifikant verbessern.
Ziel der dritten Studie dieser Arbeit war es miRNA-Expressionsprofile aus Tumorgewebe als prädiktive Biomarker für eine primäre Resistenz einer systemischen Therapie bei Patienten mit mNZK zu identifizieren. Hierfür wurden Patienten mit mNZK eingeschlossen, die in Erstlinientherapie mit einem TKI behandelt wurden und je nach Therapieansprechen in „Responder“ und „Non-Responder“ eingeteilt wurden. Es konnte gezeigt werden, dass miR-9-5p und miR-489-3p in der Lage waren, zwischen beiden Gruppen zu differenzieren und miR-9-5p das Potenzial als prädiktiver Biomarker bzgl. des Ansprechens einer TKI-Therapie und des progressionsfreien Überlebens (PFS) unter Therapie besitzt.
Ziel der vierten und fünften Studie dieser Arbeit war die Untersuchung der Effektivität einer systemischen Therapie bei metastasierten NZK-Patienten, die bereits mindestens drei Therapielinien als Sequenztherapie erhielten. Zusätzlich wurden Prädiktoren bzgl. des PFS und OS exploriert. Sowohl in Viert- als auch in Fünftlinientherapie lag die Krankheits-kontrollrate (DCR) bei 35,7% bzw. 20%. Das mediane OS von Beginn einer Viert- bzw. Fünftlinientherapie betrug 10,5 Monate bzw. 6,2 Monate mit einem PFS von 3,2 Monaten bzw. 4,1 Monaten. Sowohl in Viert- als auch in Fünftlinientherapie zeigten Patienten mitunter eine partielle Remission als bestes Therapieansprechen. Prädiktive Faktoren für ein kürzeres OS bei Patienten in Viertlinientherapie waren eine primäre Resistenz in der Erstlinientherapie, eine synchrone Metastasierung bei Diagnosestellung und ein intermediäres MSKCC-Risikoprofil.