Das Zungenband gehört zum erlaubten und üblicherweise eingesetzten Equipment im Pferderennsport in Deutschland. Über den deutschlandweiten Gebrauch und die Auswirkungen auf das Stressgeschehen beim Pferd ist bislang allerdings wenig bekannt. Steigendes öffentliches Interesse von Tierschutzorganisationen gegenüber dem Pferderennsport erhöht den Wunsch nach wissenschaftlich erhobenen Daten. Vor diesem Hintergrund war es Ziel der vorliegenden Untersuchung, die Auswirkungen des Zungenbandes bei Rennpferden während des Trainings durch ausgewählte physiologische Blutparameter und der Herzfrequenzvariabilität zu ermitteln, um den Stressstimulus, der potentiell von einem Zungenbandeinsatz ausgehen kann, zu evaluieren. Zusätzlich wurden Fragebögen an Rennpferdetrainer versandt. 30 Traber und 29 Galopper von 9 verschiedenen Trainern haben für den klinischen Teil der Studie deutschlandweit eine Trainingseinheit unter realen Bedingungen mit Zungenband absolviert. Dieselben 30 Traber absolvierten die gleiche Trainingseinheit zu einem nahegelegenen weiteren Zeitpunkt zur gleichen Tageszeit erneut. Die Blutproben und EKG-Sequenzen zur Bestimmung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) wurden dazu in Ruhe, in Ruhe nach Einsetzen des Zungenbandes und unmittelbar nach dem Training entnommen und ausgewertet. Die Blutparameter Kortisol, Glukose, Laktat und Herzfrequenzanalyse-Parameter HF und LF, die Aussagen über die Parasympatikus- bzw. Sympathikusaktivität und sympathovagale Balance zulassen, wurden gemessen, um die Einflüsse auf den physiologischen Stoffwechsel und die HRV zu charakterisieren. Des Weiteren wurde das Verhalten während des Anlegens des Zungenbandes protokolliert. Die Ergebnisse der Blutparameter Kortisol, Glukose und Laktat zeigten insgesamt nur einen leichten, aber nicht signifikanten Anstieg nach Anlegen des Zungenbandes, und eine signifikante Erhöhung von Kortisol und Laktat nach Beendigung des Trainings. Anhand der sich im Vergleich zu den Ruhewerten verändernden Laktatwerte lässt sich schlussfolgern, dass alle Pferde im anaeroben Bereich trainiert wurden. Die Analyse der Frequenzbereichsparameter zeigte bei den Trabern nach Einsetzen des Zungenbandes eine Verschiebung der Parasympathikusaktivität hin zu einer dominierenden Sympathikusaktivität, die auch nach dem Training vorherrscht. Dies konnte bei den Galoppern nicht nachvollzogen werden. Hier waren über den gesamten Trainingsverlauf vermehrt die sympathischen Einflüsse auf das Herz dominant. Die HRV kann als nichtinvasiver Parameter zur Erfassung der Aktivität des autonomen Nervensystems genutzt werden, um das Ausmaß des Stresses, dem die Pferde durch das Zungenband ausgesetzt sind, zu beurteilen. Weitere Einflüsse wie Rasse und Temperament dürfen dabei aber nicht ausser Acht gelassen werden. Protokolliertes Kopfschlagen, Schweifschlagen und angespannte Gesichtsmuskulatur bis hin zum Steigen und einem damit einhergehenden Ausschluss aus der Studie wiesen in ihrer Form darauf hin, dass das Wohlbefinden der Pferde unter dem Einsatz des Zungenbandes litt. Die Ergebnisse der Fragebögen zeigten, dass es deutschlandweit während des Trainings bei 17,2% und während des Rennens bei 19,2% der trainierten Pferde zum Einsatz von Zungenbändern kommt. Die relative Mehrheit der Pferde war zu diesem Zeitpunkt 4 Jahre alt. Bei Galoppern kam das Zungenband bis zum vierten Lebensjahr seltener als bei den Trabern zum Einsatz. Es wurde unter Angabe leistungsverbessernder Endergebnisse trotz auftretender Probleme, die das Zungenband selbst mit sich bringt, im Rennsport eingesetzt. Besseres Handling und eine positive Unterstützung des Atmungsapparates standen dabei im Vordergrund. Für Vergleiche wären weitere Studien mit höheren Fallzahlen und standardisierten Belastungstests unter Ausschluss weiterer potentieller Stressstimuli interessant.
The tongue tie is a permitted and commonly used equipment in horse racing in Germany. However little is known about the nationwide use and the effects on the stress in the horse. Increasing public interest of animal welfare organizations in relation to horse racing increases the desire for scientifically collected data. Against this background the aim of the present study was to evaluate the effects of the tongue tie in racehorses during exercise on selected physiological blood parameters and heart rate variability to evaluate the stress stimulus that can potentially result from using a tongue tie. In addition questionnaires were sent to race horse trainer. 30 trotters and 29 thoroughbred horses from 9 different trainers have completed a training session under real conditions with a tongue tie for the clinical part of the study. The same 30 trotters completed the same training session at a nearby time later at the same time of the day. The blood samples and ECG sequences for determining heart rate variability (HRV) were taken and evaluated at rest, at rest but after installing the tongue tie and immediately after training. The blood parameters cortisol, glucose, lactate and frequency analysis parameters HF and LF which allow statements about parasympatic or sympathetic activity and sympathovagal balance were measured to characterize the effects on physiological metabolism and HRV. Furthermore the behavior during the application of the tongue tie was recorded. Overall the results of the blood parameters cortisol, glucose and lactate showed only a slight but no significant increase after application of the tongue tie but a significant increase in the parameters cortisol and lactate after completion of the training. Based on lactate which change in comparison to the concentrations while resting, it can be concluded that all horses were trained in the anaerobic area. The analysis of the frequency domain parameters showed in trotters after installing the tongue tie a shift of the parasympathetic activity towards a dominant sympathetic activity which maintain even after training. This couldn’t be reconstructed in thoroughbred horses. With them the sympathetic influences on the heart were increasingly dominant over the entire training session. HRV is a noninvasive parameter used to measure autonomic nervous system activity and can be used to assess the extent of stress experienced by the horses through the tongue tie. However other external influences like horse breed and temperament must not be ignored. Head beating, tail beating and tensed facial muscles up to the point of one horse rearing and becoming because of that excluded from the study, indicated in their form that the well-being of the horses suffered from the use of the tongue tie. The results of the questionnaires showed that use of tongue ties while training was 17.2% and during the race 19.2% throughout Germany. The relative majority of horses was 4 years old at this time. In thoroughbred horses the tongue tie was used less often than the trotters until the age of four. It was used in racing, stating performance-enhancing final results despite the problems that the tongue tie itself brings with it. Besides that better handling and positive support of the respiratory system were often stated reasons. To compare the results further studies with higher case numbers and standardized exercise tests excluding further potential stress stimuli would be interesting.