Einleitung: In Deutschland leben 2015 84.455 vietnamesische Staatsangehörige, davon sind 53% Frauen. Trotzdem ist über Perinataldaten vietnamesischer Migrantinnen in Deutschland bisher wenig bekannt. Wie bei anderen Migrantinnen-Gruppen auch, gibt es einige sprachliche und kulturelle Barrieren, soziodemographische Unterschiede zu den Nicht- Migrantinnen und auch andere gesundheitliche Risiken, sowie ein etwas anderes Krankheitsspektrum. Es wird auf Grund klinischer Erfahrungen vermutet, dass durch anderer Ernährungsgewohnheiten häufiger einen Gestationsdiabetes aufweisen und dass es z.B. aufgrund anatomischer Gegebenheit häufiger zu einem Geburtsstillstand, schweren Dammverletzungen und mehr Kaiserschnittentbindungen kommt. Die Studie beschäftigt sich mit der Häufigkeit primärer und sekundärer Sectios, deren Indikationen, sowie mögliche Einflussfaktoren bei vietnameschen Migrantinnen im Vergleich zu Nicht-Migrantinnen.
Methodik: Laut Fallzahlschätzung war die Erfassung von mindestens 1.000 vietnamesischen Migrantinnen zur Beantwortung der Hauptfragestellung nötig. Die Vergleichsgruppe wurde mittels matched pair-Verfahren zugeordnet (jeweils davor und danach gebärende Nicht-Migrantinnen). Die Gruppenzuordnung der Frauen erfolgte mittels Namensanalyse auf der Basis der Geburtenbücher. Um die erforderliche Anzahl von mehr als 3.000 Frauen zu erreichen, wurden die Geburtenbücher der Geburtsklinik im Vivantes Klinikum im Friedrichshain des Zeitraums 02/2010 bis 06/2015 retrospektiv ausgewertet. 3.159 Gebärende wurden erfasst, Datensätze von 3002 Müttern, davon 999 vietnamesische Migrantinnen, konnten eingeschlossen werden. Mittels logistischer Regressionsanalyse wurden u.a. die Zusammenhänge zwischen einer primären bzw. sekundären Sectio (Outcomes) und Migrationshintergrund (Exposition) untersucht.
Ergebnisse: Vietnamesische Migrantinnen haben mit 8,0% primären und 12,6 % sekundären Sectios insgesamt weniger Kaiserschnittentbindungen als Frauen ohne Migrationshintergrund (primäre S.: 11,1%; sekundäre S.: 16,4%). Die Regressionsanalysen zeigen für vietnamesische Migrantinnen eine geringere, jedoch statistisch nicht signifikant geringe Chance einer primären (OR 0,75) und einer sekundären Sectio (OR 0,82). Es wird gezeigt, dass ein vietnamesischer Migrationsstatus keinen Einfluss auf ungünstige 5 min.-Apgar-Werte und ungünstige arterielle Nabelschnur-pH-Werte <7,10 hat. Jedoch haben Kinder von vietnamesischen Müttern haben eine höhere Chance auf ein hohes Geburtsgewicht (>3.110 g).
Zusammenfassung: Es zeigen sich Vorteile für die vietnamesischen Migrantinnen bei der Anzahl primärer und sekundärer Sectios, sowie Unterschiede bei deren Indikationen zwischen vietnamesischen Migrantinnen und Nicht-Migrantinnen. Dies widerlegt die Vermutungen, dass die Frauen dieser Migrantinnengruppe häufiger per Kaiserschnitt entbunden werden. Weitere ausgedehntere Auswertungen der umfangreich erfassten Perinataldaten zeigten soziodemographische Unterschiede und eine höhere Chance vietnamesischer Mütter relativ schwerer Kinder zu gebären. Alles in allem jedoch scheint die Betreuungsqualität vietnameischer Migrantinnen in Berlin trotz teilweise vorhandener Kultur- und Kommunikationsbarrieren gut zu sein.
Introduction: There are no reports in literature about maternal and neonatal outcomes of Vietnamese migrants in Germany. In 2015 there were 87.214 Vietnamese citizens living in Germany, 53% were women. Cultural and ethnic roots impact women’s fertility and delivery preferences and together with language barriers these circumstances can lead to different health risks. Based on clinical experience, the aim of this study was to compare peripatal Dates of women with a Vietnamese migration background and women with non-migrant background, to find differences in caesarean section rates and neonatal outcomes. Methods: This retrospective cohort study is based on a preceded valuation of 1000 Vietnamese migrants. It included overall data on 3002 singleton births between 02/2010 and 06/2015. The study took place at the Berliner birth clinic, “Geburtsklinik im Berliner Vivantes Klinikum im Friedrichshain”. Data sets were obtained of the birth books (“Geburtsbücher”) and the hospital`s computer network Orbis and linked together in an excel table. Contingency tables, multivariate analysis as linear and logistic regression analyses were used to compare risk factors and pregnancy outcomes in women who did or did not have a caesarean section in correlation to Vietnamese migrations background. Results: Unadjusted overall primary and secondary caesarean rates were 8,0% and 12,6% for women with Vietnamese migration background and 11,1% and 16,4% for non-migrants. Vietnamese mothers were less, but statistical not significantly less likely than women with a non-migration background to have primary (OR 0,75) and secondary (OR 0,82) caesarean delivery. There were no differences shown within unfavourable 5- min-Apgar and postpartum arterial pH-values (<7,10) between the newborns of migrants and non-migrants. However, children of mothers with Vietnamese migration background were more likely to have higher birthweights (>3310gramms) than newborns of non-migrant women.Take home points: Contrary to clinical experience the study shows no statistic significant differences in caesarean sections and perinatal outcomes between Vietnamese migrants and non-migrants. There are differences in sociodemographic parameters and the birthweight of newborns between migrants and non-migrants. Overall it seems that the quality supervision of Vietnamese patients in Berlin is good despite cultural and language barriers.