Einleitung: Adäquate Serumfolatspiegel vor und in der Schwangerschaft tragen zur Reduktion des Risikos für einen Neuralrohrdefekt beim ungeborenen Kind bei. Viele Schwangere in Deutschland nehmen Folsäure zu irgendeinem Zeitpunkt in der Schwangerschaft ein, die wenigsten jedoch nach den aktuellen Empfehlungen schon präkonzeptionell. Ziel dieser Arbeit war eine Bestandsaufnahme des Einnahmeverhaltens unter schwangeren Frauen und Wöchnerinnen in Berlin, speziell auch unter Beachtung der Frauen mit Migrationshintergrund und ohne Deutschkenntnisse, die in den meisten bisher durchgeführten Studien kaum repräsentiert sind. Methodik: Mithilfe eines Fragebogens auf Deutsch, Türkisch und Arabisch wurden Schwangere und Wöchnerinnen, die sich zur stationären Behandlung oder für ambulante Termine an der Klinik für Geburtsmedizin am Campus Virchow-Klinikum der Charité befanden, anonym und auf freiwilliger Basis über ihre Schwangerschaft und eine etwaige Folsäuresubstitution befragt. Die Ergebnisse wurden mithilfe des Programms SPSS ausgewertet. Es erfolgte eine logistische Regressionsanalyse, um unabhängige Assoziationen zwischen mutmaßlichen Prädiktor-Variablen und der Wahrscheinlichkeit einer Folsäure-Einnahme während der Schwangerschaft zu ermitteln. Ergebnisse: 1340 Schwangere und Wöchnerinnen füllten einen Fragebogen aus, 52 (3,9 %) von ihnen auf Türkisch und 67 (5 %) auf Arabisch. 90,7 % (n = 1069) der Frauen hatten zu irgendeinem Zeitpunkt in der Schwangerschaft Folsäure eingenommen, 37,8 % (n = 445) wie empfohlen präkonzeptionell. In der univariaten Analyse zeigte sich, dass Frauen häufiger präkonzeptionell Folsäure substituieren, wenn sie ihre Schwangerschaft geplant hatten und je besser gebildet, besser verdienend und älter sie sind (p jeweils < 0,05). Frauen mit nicht-deutscher Staatsbürgerschaft und Frauen, die einen Fragebogen auf Türkisch oder Arabisch ausfüllten, nahmen signifikant seltener Folsäure ein als deutsche Frauen (71,7% vs. 93,8 % und 71,7 % vs. 92,6 %, p < 0,001). In der multivariaten binären Regressionsanalyse konnten Bildung, Verdienst und vorherige Planung einer Schwangerschaft als unabhängige Prädiktoren für eine präkonzeptionelle Folsäureeinnahme identifiziert werden. Schlussfolgerung: Fast zwei Drittel aller schwangeren Frauen nehmen zu dem Zeitpunkt, zu welchem sie es am ehesten benötigen, nicht genügend Folsäure zu sich, und zwar vor allem die Frauen, die wenig Geld verdienen, einen niedrigen Bildungsstatus haben, sehr jung sind und/oder ihre Schwangerschaft nicht planten. Ebenso ist die Substitutionsrate unter nicht-deutschen und/oder nicht Deutsch sprechenden Frauen geringer. Dieses Wissen kann helfen, in der Zukunft zielgruppenbezogene Aufklärung zu betreiben.
Introduction: The intake of folic acid before and during pregnancy is known to reduce the risk of neural tube defects in the unborn child. Many pregnant women in Germany do take folic acid at some point during their pregnancy. However, very few of them start taking supplements before conception as recommended. The aim of this study was to find out more about the supplementation behavior among pregnant women and postpartum women, especially among those with migration backgrounds and without German language skills, as they are not represented in most studies that have been conducted so far. Methods: Pregnant women and postpartum women were approached at the Department of Obstetrics of the Virchow hospital campus, which is part of the Charité University of Berlin. They were asked to anonymously fill in a questionnaire in German, Turkish, or Arabic language about their pregnancy and potential folic acid intake. Results were evaluated through SPSS. We conducted a logistic regression analysis to identify independent predictors of folic acid intake during pregnancy. Results: 1340 pregnant women and postpartum women answered a questionnaire, 52 (3.9 %) of them in Turkish and 67 (5 %) of them in Arabic. 90.7 % (n = 1069) of women did take folic acid at some point during their pregnancy, 37.8 % (n = 445) before conception as advised. The univariate analysis showed that pregnant women are more likely to take folic acid before conception when they have planned their pregnancy, when they are better educated, earn more money, and are older (p each < 0.05). Non-German women and women who filled in a questionnaire in Turkish or Arabic language took significantly less folic acid than German women (71.7 % vs. 93.8 % and 71.7 % vs. 92.6 %, p < 0.001). The multivariate binary regression analysis identified education, income and planning of the pregnancy as independent predictors of folic acid intake prior to conception. Conclusion: Almost two thirds of pregnant women do not take folic acid when they need it most, especially those women who do not make much money, who are not well educated, young, and/or have not planned their pregnancy. Additionally, the substitution rate is lower among non-German women and/or women who do not speak any German. This knowledge can help to focus future educational efforts on target groups only.