Störungen der Expression oder der Funktion von Adhäsionsmolekülen können eine Voraussetzung für das invasive und metastasierende Wachstum von Karzinomen darstellen. In der vorliegenden Arbeit wurden Veränderungen bestimmter Zelladhäsionsmoleküle und die hiermit assoziierten funktionellen Änderungen an drei Plattenepithelkarzinomzelllinien erfasst. Adhäsionsmoleküle hormonabhängiger Karzinome unterliegen dem Einfluss von Steroidhormonen, insbesondere Estradiol, und scheinen einer Therapie mit selektiven Östrogenrezeptormodulatoren (Tamoxifen, ICI182,780) zugänglich. In jüngster Zeit wurden verstärkt hormonelle Einflüsse auf nicht primär hormonsensitive Organe bzw. Gewebe untersucht. Hierbei zeigen selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERM) einen therapeutischen Nutzen bei der adjuvanten Therapie von Gliomen und kleinzelligen Lungenkarzinomen. Der Einfluss von Hormonen und SERM auf Zellen oraler Plattenepithelkarzinome ist bislang nur unzureichend oder gar nicht untersucht. In der vorliegenden Arbeit wurden mögliche Einflüsse einer Estradiol- und Antiöstrogenbehandlung auf das Wachstum und die Adhäsionsmoleküle sowie deren assoziierte Funktionen in PECA- Zellen an Hand von drei Zelllinien, mit unterschiedlichem Östrogenrezeptorgehalt, untersucht. Es konnte unter Nutzung von Proliferationsassays gezeigt werden, dass die Proliferation von oralen Plattenepithelkarzinomzellen in vitro nach Administration von Tamoxifen und ICI182,780 (ICI) inhibiert wurde. Dieser Einfluss scheint östrogenrezeptorabhängig mediiert zu werden. Die proliferationshemmende Wirkung ist mit einer gesteigerten Fähigkeit der Zell-Zell-Adhäsion assoziiert. Beide Vorgänge gehen jedoch nicht mit einer vermehrten Expression des Tumorsuppressors und Zelladhäsionsmoleküls E-Cadherin einher. Hierbei wurde die Expression von E-Cadherin und ß-Catenin mittels Fluoreszenzmikroskopie und Durchflusszytometrie bestimmt, zur Erfassung der Gesamtproteinmenge und der Translationsrate von ECadherin wurden Western- und Northern-Blot durchgeführt. E-Cadherin und ß-Catenin zeigten eine verminderte und lückenhafte Expression an der Zellmembran, ß-Catenin war ebenso im Zytoplasma und Nukleus der Zellen aufzufinden. Obwohl ß-Catenin in der Zellmembran exprimiert wurde, war die Funktionalität des, unter Verwendung der Immunopräzipitation, gefundenen defekten E-Cadherin/ß-Catenin-Komplexes gestört. Diese konnte auch durch Administration der genannten Agenzien nicht wieder hergestellt werden, sodass hier vermutet werden kann, dass andere Proteine die Zell-Zell-Adhäsion in den Zellen mit defektem E-Cadherin/ß -Catenin-Komplex und den E-Cadherin-defizienten Zellen vermitteln. Es ist bekannt, dass das Proliferations- und Invasionsverhalten von epithelialen Tumorzellen ebenfalls von dem Bindungsvermögen der Zellen an Proteine der extrazellulären Matrix abhängig ist. Die Eigenschaft an das ECM-Protein Laminin-1 zu binden steigt mit der malignen Transformation epithelialer Zellen, begleitet von einer veränderten bzw. vermehrten Expression der Integrine α3ß1, α6ß1 und α6ß4. Adhäsionsassays bestätigten diese Vermutung: In allen drei Zelllinien konnte eine deutlich erhöhte Fähigkeit der Adhärenz der Zellen an Laminin-1 gezeigt werden. Die selektiven Östrogenrezeptorantagonisten Tamoxifen und ICI bewirkten in allen Zelllinien eine Minderung der Lamininadhäsion unabhängig vom Östrogenrezeptorstatus. Estradiol hingegen zeigte nur in den ERß-positiven Zelllinien eine adhäsionsmindernde Wirkung. Ein verändertes Adhäsionsverhalten ist häufig mit einem veränderten Expressionsmuster der assoziierten Integrine verbunden, dies kann sich quantitativ oder qualitativ darstellen. Flowzytometrische Messungen und die Erfassung der Translationsrate mittels Northern-Blot und RT-PCR zeigten keine mit der Adhäsionsreduktion adäquat korrelierte quantitative Veränderung der Integrine. Die Integrine α6 und ß4 zeigten in keiner Zelllinie quantitative Veränderungen. Das Integrin α3 zeigte eine statistische signifikante Reduktion der Oberflächenexpression unter Tamoxifen 1 und 5 µM- Behandlung in der ERßnegativen Zelllinie und eine statistisch nicht signifikante Reduktion bei Administration von 1 und 5 µM ICI in allen drei PECA-Zelllinien. Die Transkription von α3 war nicht verändert, wohingegen vermindert mRNA von ß1 in der ERß-negativen Zelllinie unter 1 und 5 µM Tamoxifen und ICI darstellbar war, diese jedoch nicht zu einer geringeren Oberflächenexpression von ß1 führte. Die Darstellung der morphologischen Veränderung der Expression der Integrine erfolgte mittels Immunfluoreszenz. Die Beteiligung von α3ß1 an der Zell-Zell-Adhäsion und an der Zellprotrusion war darstellbar. Eine verminderte Expression von α3 und ß1 in den Filopodien war nach Administration von Tamoxifen und ICI sichtbar. α6 und ß4 waren nur an der Zell- Matrix-Interaktion beteiligt und zeigten eine diffuse, nicht geordnete Expression in den Zelllinien, was für ein Fehlen hemidesmosomaler Strukturen spricht. Eine minimale Änderung dieser „Unordnung“ war bei Administration von ICI 5 µM in UMSCC-14C, durch vereinzeltes Auftreten von Streifungen an der basalen Fläche der Zellen, sichtbar. Die Modulation der adhäsiven Fähigkeit der Zellen an Laminin-1 erfolgte durch Aktivierung nicht klassischer Signalwege über ER unabhängige Rezeptoren wie z.B. GPR30, die eine agonistische Wirkung von E2 und ICI erlauben. Durch Verwendung von Zelllinien mit variablem Östrogenrezeptorstatus konnte ein möglicher Einfluss desselben auf das Ansprechen einer antiproliferativen Therapie durch Tamoxifen und ICI dargestellt werden. Die Fähigkeit der Zellen zur Adhäsion an Matrixproteine und die Modulation der hiermit assoziierten Integrine wird vermutlich durch östrogenrezeptorunabhängige Signalwege induziert. Die Aufklärung der Wirkmechanismen von Estradiol, Tamoxifen und ICI sollte Gegenstand weiterer grundlegender Untersuchungen in vitro sein. Ebenso sollte die Kombination mit zytostatisch wirksamen Substanzen und deren Verbesserung der Wirkweise bei multiresistenten Tumoren bzw. Zelllinien intensiv erforscht werden. Um den therapeutischen Nutzen der in dieser Arbeit gefundenen In-vitro-Wirksamkeit bei gleichzeitig bekannten geringen Nebenwirkungen beurteilen zu können, sollten Tamoxifen und ICI als adjuvante Therapeutika in Phase-I-Studien klinische Anwendung finden.
Alterations in expression or function of adhesion molecules could be the prerequisite for the invasive and metastasizing behavior of carcinomas. In this study the change of cell adhesion molecules and associated functional changes of three oral squamous cell carcinoma cell lines were investigated. Adhesion molecules of hormone sensitive carcinomas are regulated by steroid hormones, especially estradiol, and seem to be influenced by selective estrogen receptor modulators (Tamoxifen, ICI182,780). In recent years the influence of hormones on not primary sensitive organs and tissue has revealed a therapeutic advantage in the therapy of gliomas and small cell lung carcinomas. To date the influence of hormones and estrogen receptor modulators on cells of oral squamous cell carcinomas (OSCC) has been insufficiently investigated; first results show an affect of high-dose treatment with Tamoxifen (1-5 µM) on the proliferation of OSCC in vitro. In this study the regulation of growth and adhesion molecules of OSCC was evaluated using three OSCC cell lines with a differing estrogen receptor status. Proliferation assays revealed a synergistic growth inhibiting function for Tamoxifen and ICI 182,780, independent of the estrogen receptor status, on all oral squamous carcinoma cells. This inhibition is associated with an increase in cell-cell adhesion without a change in expression and function of the tumor suppressor ECadherin. The expression of E-Cadherin and the associated protein ß-Catenin were evaluated using immunofluorescence and FACS analysis as well as Western- and Northern-Blot for the amount of protein or its translational changes. E-Cadherin and ß-Catenin were expressed in a decreased and patchy manner throughout the cell membrane and ß-Catenin staining was found in the nucleus and cytoplasm. Even though ß-Catenin was found in the membrane immunoprecipitates showed a missing association with E-Cadherin prior and after substance administration, this complex formation is essential for the function of E-Cadherin for cell adhesion. As cell-cell adhesion is enhanced under the influence of Tamoxifen and ICI182,780 mechanisms other than the classical homophilic E-Cadherin binding must have been activated. It is well known that the binding of the cells to proteins of the extracellular matrix is decisive for the proliferative and invasive behavior of epithelial cancer cells. The ability to bind to Laminin-1 increases with the transformation of the epithelial cells and is associated with a higher expression of the cell- extracellular matrix binding proteins α3ß1, α6ß1 und α6ß4. Adhesion assays performed within this study confirmed this observation and also revealed a decrease of this adhesion capacity after administration of Tamoxifen and ICI182,780 in all used cell lines. Estradiol was only effective in the ERß- positive cell line. This altered adhesion behavior is often associated with a change in expression of α3, α6, ß1 and/or ß4 Integrin. Quantifying methods like flowcytometric analysis, Northern-Blot and RT-PCR showed no adequate to the adhesion decrease correlating change of expression. The Integrin α3 showed a significant reduction in cell surface expression with 1 and 5 µM Tamoxifen in the ERß-negative cell line and a minor but not significant reduction after treatment with 1 und 5 µM ICI182,780 in all cell lines, without a change of the transcription rate of the protein. The transcription but not cell surface expression of ß1 was altered with Tamoxifen and ICI182,780 in the ERß-negative cell line. Using immunofluorescence, morphological characteristics like the expression of α3 and ß1-Integrin in filopodia and its participation in cell- cell adhesion were demonstrated. The Integrin α6 and ß4 was only engaged in binding to proteins of the extracellular matrix and showed no regular expression in hemi-desmosomes; this irregularity was diminished after ICI182,780 administration in the ERα/ß-positive cell line. The distribution of α3 and ß1 in the filopodia was decreased after treatment with Tamoxifen and ICI182,780. The modulation of the adhesive properties of the OSCC to Laminin-1 is activated by non-classical signaling pathways using ER independent receptors, i.e. GPR30, allowing agonistic effects of Estradiol and ICI182,780. Further elucidation of the basic mechanisms of action of Estradiol, Tamoxifen and ICI182,780 on cells of the oral mucosa and the squamous cell carcinoma should be the matter of future in vitro investigations, as well as the efficiency of the drugs in combination with cytostatic agents in multi resistant tumors. To show a possible adjuvant therapeutic benefit of Tamoxifen and ICI182,780, in the treatment of OSCC patients, as demonstrated in the in vitro experiments of this study, clinical Phase-I studies should be performed.