Das Krankheitsbild einer NKX2.1 Defizienz führt beim Menschen zu Dysfunktionen der Schilddrüse, Lunge und Motorik. Mit steigender Anzahl publizierter Fallberichte zeigt sich eine zunehmend hohe Variabilität an möglichen Phänotypen. Am Institut für Experimentelle Pädiatrische Endokrinologie der Charité Berlin wurden NKX2.1 Mutationen bei 48 Indexpatienten und Familienangehörigen diagnostiziert, von denen 30 Patienten in der vorliegenden Arbeit untersucht wurden. Anhand dieser großen Patientengruppe sollte das erweiterte Spektrum an Symptomen und deren Assoziation untereinander beschrieben werden. Mit Hilfe einer umfangreichen, retrospektiven Datenerfassung konnten erstmals Patienten mit bislang nicht bekannten Phänotypen erfasst werden. Dabei wurden zwei Patienten mit ausschließlichen Lungensymptomen und ein Patient ohne Bewegungsstörung, Schilddrüsen- oder Lungenerkrankung identifiziert. Die Ergebnisse dieser deskriptiven Studie liefern zudem Anzeichen für hypophysäre und hypothalamische Symptome. Die Patienten wiesen im Vergleich zur Normalverteilung in der Bevölkerung geringere Längen-SDS-Werte auf, bei einem Durchschnittswert von -0,843 SDS. Daneben wurden ein auffälliges Ess- und Trinkverhalten, ein gestörter Schlafrhythmus und eine gestörte Temperaturregulation erfasst, die auf mögliche hypothalamische Fehlfunktionen hindeuten und die weitere standardisierte Testverfahren nötig machen. Aufgrund einer bislang uneinheitlichen Definition der vorliegenden Bewegungsstörung erfolgte in der Studie eine standardisierte videogestützte Auswertung. Dabei konnten neben einer choreatischen Bewegungsstörung erstmalig rein athetotische und dystone Bewegungsmuster beschrieben werden. In einer Clusteranalyse wurden Kopplungen von einzelnen Symptomen dargestellt und eine Genotyp-Phänotyp-Korrelation vorgenommen. Dadurch konnte erstmals ein Genotyp beschrieben werden, der mit einem milderen klinischen Erscheinungsbild mit ausschließlich pulmonalen Symptomen einhergeht. Die vorliegende Studie verdeutlicht die große klinische Variabilität der NKX2.1 Defizienz, die über das bisher beschriebene phänotypische Spektrum hinausreicht. Die Ergebnisse dieser Arbeit legen zudem nahe, dass weitere Phänotypen bei einer NKX2.1 Mutation anhand größerer Fallstudien von Indexpatienten und verwandten Mutationsträgern erfasst werden können.
NKX2.1 deficiency causes a variable clinical syndrome including movement disorder, thyroid and pulmonary dysfunction. The increasing number of published case reports shows a high degree of variability of possible phenotypes. Recently, 48 NKX2.1 mutations were identified in index patients and family members at the Institute of Experimental Paediatric Endocrinology, Charité Berlin, of which 30 were examined in the present study. Based on this large patient group the expanded range of possible symptoms and their combinations were investigated. With the help of an extensive, retrospective data collection it was possible to describe patients with previously unknown combinations of the recorded symptoms for the first time. Two patients had isolated pulmonary symptoms and one patient without movement disorder, thyroid or pulmonary dysfunction was identified. The results of this study also provide evidence of pituitary and hypothalamic symptoms. The patients show reduced length SDS values compared to the normal distribution in the population with an average of -0.843 SDS. Additionally, disordered eating and drinking behaviour, disturbed sleep pattern and regulation of temperature were described. These symptoms indicate possible hypothalamic dysfunction requiring further standardized tests. Furthermore, a standardized video-based analysis to define the present movement disorder was carried out. Additionally to the previously described chorea, patients with athetotic or dystonic movement disorders could be identified. To detect pairings of symptoms and a genotype- phenotype correlation Cluster analysis was performed. One genotype is associated with a milder clinical picture with only pulmonary symptoms. The results of this study demonstrate the high clinical variability of NKX2.1 deficiency, which extends the previously described phenotypic spectrum. The work also suggests that additional phenotypes can be captured in further case studies including index patients and related mutation carriers.