dc.contributor.author
Haji Loueian, Elnaz
dc.date.accessioned
2018-06-07T16:14:12Z
dc.date.available
2011-11-25T09:52:59.296Z
dc.identifier.uri
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/2230
dc.identifier.uri
http://dx.doi.org/10.17169/refubium-6431
dc.description.abstract
Anliegen der vorliegenden Studie war die Erhebung des Nutzerprofils von zwei
klinischen Notfallambulanzen in der Berliner Innenstadt sowie die Beurteilung
der Dringlichkeit und Angemessenheit der Inanspruchnahme. Dabei wurden das
Geschlecht, das Alter, die Ethnizität und der Bildungsgrad der Befragten
besonders berücksichtigt. Weiterhin sollten die aufgeführten Diagnosen und die
Behandlung und Therapie innerhalb der Rettungsstelle genauer untersucht
werden. Die Studie wurde in der Zeit von November 2006 bis Februar 2007 an den
internistischen und gynäkologischen Rettungsstellen in Kliniken der Berliner
Bezirke Neukölln und Wedding, die einen hohen Migrantenanteil und einen
niedrigen sozialen Status der Wohnbevölkerung aufweisen, als retrospektive
Querschnittsstudie durchgeführt. Durch die fallbezogene Verbindung von Angaben
auf den Erste- Hilfe-Scheinen und einer persönlichen, standardisierten
Patientenbefragung konnten vielfältige Informationen sowohl aus Perspektive
der Patientinnen und Patienten als auch aus Perspektive der Institution in die
Analyse einfließen. Personen mit Migrationshintergrund suchten, wie auch schon
in den vorangegangenen Untersuchungen, verglichen mit der Wohnbevölkerung in
den umliegenden Berliner Stadtbezirken die Rettungsstellen überproportional
häufig auf (Braun 2004, Schwartau 2005). Durch den gewählten Forschungszugang
war es möglich, Migrantinnen und Migranten gut zu erreichen und in die
Untersuchung einzubeziehen. Einflüsse der Ethnizität werden in anderen Studien
meist nur unzureichend erfasst, da zum einen Migrantinnen und Migranten
aufgrund von Sprachbarrieren und einer höheren Rate an gering Alphabetisierten
oft schwer zugänglich sind (Borde 2002) und zum anderen werden Einflüsse der
Ethnizität in Studien und Gesundheitsberichten wenn überhaupt dann meist
unvollständig untersucht, da häufig lediglich nach Staatsangehörigkeit
unterschieden wird. In dieser Studie erfolgte die Einteilung der Ethnizität
der Befragten nach selbstangegebener Muttersprache. Zur Untersuchung von
Besonderheiten im Nutzerprofil und in Bezug auf die Angemessenheit und
Dringlichkeit der Behandlung wurden eingangs acht Hypothesen formuliert, die
sich zumeist bestätigten: 1\. Im Nutzerprofil der Rettungsstellen zeigten sich
geschlechtsspezifische Besonderheiten. Frauen suchten die Rettungsstellen
häufiger als Männer auf. Die Analyse zeigte bezüglich des
Inanspruchnahmeverhaltens, dass Männer im Vergleich zu Frauen häufiger den
Rettungs- und Transportdienst nutzten. Frauen nutzten die Notfallambulanzen
eher außerhalb der “Praxiszeiten“ und somit eher abends und nachts. Die
eingangs formulierte Hypothese, dass Frauen häufiger eine unangemessenere
Inanspruchnahme von Notfallambulanzen aufweisen als Männer konnte nicht
bestätigt werden. 2\. In der Anamnese wurden von Frauen häufiger
gastrointestinale Symptome genannt, während bei Männern Thoraxschmerzen und
kardiale Beschwerden im Vordergrund standen. Hinsichtlich der Diagnosen
standen die kardiovaskulären Diagnosen bei beiden Geschlechtern an erster
Stelle. Männer wurden signifikant häufiger stationär aufgenommen und Frauen
häufiger medikamentös ambulant behandelt. 3\. Wie angenommen, suchten mit
zunehmendem Alter Patienten/-innen die Rettungsstellen häufiger auf. Eine
altersbezogene Analyse des Inanspruchnahmeverhaltens der Patienten/-innen
zeigte wesentliche Unterschiede auf. Ältere Patienten/innen suchten zumeist
tagsüber die Rettungsstellen auf, nahmen signifikant häufiger das Rettungs-
und Transportwesen in Anspruch und kamen vorwiegend mit einer ärztlichen
Einweisung in die Notfallambulanzen. 4\. Das Alter der Patienten/innen war
erwartungsgemäß ein maßgeblicher Einflussfaktor für die Feststellung von
Diagnosen und die Behandlung in der Rettungsstelle. Mit zunehmendem Alter
wurden in der Anamnese häufiger Thoraxschmerzen und Atembeschwerden
dokumentiert. Demzufolge waren Kreislaufdiagnosen und Atemwegserkrankungen mit
zunehmendem Alter häufiger, während Krankheiten des Verdauungssystems weniger
festgestellt wurden. Je älter die Patienten/innen waren, umso mehr Diagnostik
und stationäre Aufnahmen wurden veranlasst. Somit ließ sich die anfang
gestellte Hypothese bestätigen. 5\. In der Studienpopulation waren, auch nach
Berücksichtigung der Bevölkerungsstruktur an den Studienstandorten,
überproportional viele Migranten/innen vertreten. Die größte Migrantengruppe
stellten die türkeistämmigeen Migranten/innen dar, die in der weiteren
Auswertung besonders berücksichtigt wurden. Dennoch konnte in der weiteren
Auswertung weder bestätigt werden, dass Migranten/-innen häufiger zu den
“Vielnutzern“ von Rettungsstellen gehören noch, dass sie eine unangemessenere
Inanspruchnahme der Rettungsstellen aufweisen. Der Anteil älterer
Patienten/innen über 65 Jahren war in der Studienpopulation sehr gering.
Dennoch zeigte eine ethnizitätsspezifische Betrachtung, dass Migranten/innen
signifikant jünger waren, was mit der deutlich jüngeren Altersstruktur der
Migranten/innen in der Bevölkerung übereinstimmt. Beim Vergleich von deutschen
Patienten/innen und Migranten/innen fiel ein unterschiedliches
Inanspruchnahmeverhalten auf. Migranten/innen kamen signifikant häufiger in
den Abend- und Nachtsstunden sowie am Wochenende in die Klinik und nahmen das
Rettungs- und Transportwesen seltener in Anspruch. 6\. Wie in der Hypothese
angenommen wurden bei Migranten/innen der Anamnese mehr gastrointestinale
Symptome dokumentiert. Zudem fiel die häufige Nennung von Kopfschmerzen auf.
An erster Stelle der Diagnosen standen bei deutschen Patienten/innen und
Migranten kardiovaskuläre Erkrankungen und bei Migrantinnen Krankheiten des
Verdauungssystems. Der zweite Teil der Hypothese ließ sich nicht bestätigen.
Während Migranten/-innen meist medikamentös ambulant behandelt wurden,
veranlasste man bei deutschen Patienten/innen häufiger eine stationäre
Aufnahme. 7\. Bei der schichtspezifischen Analyse zeigte sich, dass 70% der
Patientinnen und Patienten, die die Rettungsstellen aufsuchten, einen
niedrigen oder mittleren Schulabschluss hatten. Betrachtet man die
Studienkollektive nach Ethnizität und Bildungsgrad, ist der Anteil der
Patienten/-innen mit geringer schulischer Bildung in den einzelnen Gruppen
unterschiedlich hoch. 40% der türkeistämmige Patienten/-innen haben keinen
oder nur einen Grundschulabschluss. In den Vergleichsgruppen betrifft dies nur
18% der Patienten/-innen anderer Ethnizitäten und 5% der deutschen
Patienten/-innen. Die Annahmen zu schichtspezifischen Besonderheiten in dieser
Untersuchung wurden insbesondere bei Angaben zu der Lebenszufriedenheit und
dem aktuellen psychischen Stress bestätigt. Je niedriger der Erwerbsstatus und
der Bildungsgrad der Patientinnen und Patienten, desto häufiger lag eine hohe
Ausprägung bei den genannten Belastungsfaktoren vor. Patienten/-innen mit
einem hohem Bildungsstand und Befragte, die einer unteren Erwerbsgruppe
zugeordnet wurden, gaben signifikant häufiger starke Schmerzen und Beschwerden
an. Es fand sich jedoch kein schichtspezifischer Unterschied hinsichtlich den
Einschätzungen der Dringlichkeit der erforderlichen Behandlung. 8\. Die
vorliegende Untersuchung bestätigte die Annahme, dass Patienten/-innen mit
einem niedrigen Sozialstatus häufiger mit Herz-Kreislauferkrankungen und
Psychiatrische bzw. Psychosomatische Beschwerden in der Rettungsstelle
vorstellig werden. Ebenso ließ sich bestätigen, dass diese Gruppe von
Patienten/-innen seltener stationär behandelt werden und dafür häufiger eine
symptomatische ambulante Therapie erhalten. 9\. Die Hypothese, dass die
derzeit bestehenden klinischen Rettungsstellen für viele Patientinnen und
Patienten nicht die angemessene Versorgungseinrichtung darstellen, wurde durch
die vorliegende Untersuchung unterstützt. Um die Angemessenheit der
Inanspruchnahme beurteilen zu können, wurde ein Index erstellt, der sowohl
medizinische Faktoren aus den Erste-Hilfe-Scheinen als auch subjektive
Indikatoren seitens der Patientinnen und Patienten berücksichtigte. Der Index
bestand aus folgenden Kriterien: a.) Inanspruchnahme des Rettungs- und
Transportwesens, b.) Durchführung von im Krankenhaus vorgehaltener Diagnostik,
c.) stationäre Aufnahme, d.)Vorliegen einer ärztlichen Einweisung, e.) starke
Schmerzen und Beschwerden und f.) patientenseitige Einschätzung einer hohen
Dringlichkeit der Behandlung. Als angemessene Inanspruchnahme galt, wenn vier
der sechs Kriterien erfüllt waren. Die Berechnung des Index mittels einer
logistischen Regression ergab, dass 12% der Patienten/innen den Kriterien
einer angemessenen Inanspruchnahme entsprachen. Die multivariate Analyse
zeigte, dass höheres Alter und das Vorliegen einer ärztlichen Einweisung
signifikante Prädiktoren für eine angemessene Inanspruchnahme der
Rettungsstelle waren. Bei der Analyse der Angemessenheit der Inanspruchnahme
zeigte sich nur wenig Übereinstimmung zwischen der Häufigkeit und Präferenz
der Inanspruchnahme durch die untersuchten Gruppen und deren Angemessenheit
der Inanspruchnahme. Bezogen auf die hier erfolgte Beurteilung der
Angemessenheit der Inanspruchnahme der Rettungsstelle zeigte sich entgegen der
formulierten Annahmen weder ein geschlechts- noch ein ethnizitätsspezifischer
Unterschied. Notfallambulanzen wurden von türkeistämmigen, deutschen und
Patientinnen und Patienten anderer Ethnizität gleichermaßen (un-)angemessen
genutzt. Die Annahme, dass Patientinnen und Patienten mit einem hohen Grad an
psychischer Belastung im Alltag die Erste-Hilfe-Stellen häufiger unangemessen
nutzen, konnte bei dem hier gewählten Vorgehen ebenfalls nicht bestätigt
werden. Auch die anderen untersuchten Faktoren Bildungsgrad, Erwerbsstatus,
Vorhandensein eines Hausarztes, Nutzungsfrequenz der Rettungsstellen und
Wohnortnähe zur Klinik hatten keinen Einfluss bei der Gesamtbeurteilung der
Angemessenheit der Inanspruchnahme. Dies zeigt, dass Rettungsstellen für die
meisten Patientengruppen nicht die adäquate, an ihren Bedürfnissen orientierte
Versorgungseinrichtung darstellen. Wissend um die Schwierigkeit,
Patienten/innen in alternative Versorgungsinstanzen umzulenken, erscheint eine
Veränderung der Selbstdefinition als Versorgungseinrichtung für medizinische
Notfälle und Restrukturierung der Rettungsstelle im Sinne einer
Patientenorientierung angezeigt.
de
dc.description.abstract
The inappropriate use of emergency departments is of growing concern. This
type of use is a burden on the health system and increases the demand on the
emergency department for care that could be managed better at other levels of
care and that in a sense completed with true emergency cases. Knowledge of the
prevalence and factors associated with inappropriate use can help orient
public policies to reduce the problem. Data were collected from 412 patients
at two gynaecological/internal medicine emergency clinics in Berlin over one
month. This study connected two data sources: (1) standardized interviews
covered service use history, psychosocial variables, migration history and
sociodemographics and (2) medical data were retrieved from patients' medical
records, including case histories, diagnoses and therapies. Statistical
analysis of data was performed by chi tests, correlational and logistic
regression analyses. According to a self-constructed index measuring
appropriateness of emergency service use, only 12% of the patients' visits
were classified as appropriate. Age and referral were significantly associated
with appropriateness of use. Contrary to the results of international studies,
the patient's ethnicity played no significant role in respect to the
appropriateness of use of emergency outpatient services.
en
dc.rights.uri
http://www.fu-berlin.de/sites/refubium/rechtliches/Nutzungsbedingungen
dc.subject
emergency department
dc.subject
inappropriate use
dc.subject.ddc
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften::610 Medizin und Gesundheit
dc.title
Inanspruchnahme von Notfallambulanzen in Berlin in den Jahren 2006/2007
dc.contributor.contact
elnaz104@yahoo.de
dc.contributor.firstReferee
Prof. Dr. med. M. David
dc.contributor.furtherReferee
Prof. Dr. med. H. Kentenich, Prof. Dr. med. C. Lackner
dc.date.accepted
2011-11-18
dc.identifier.urn
urn:nbn:de:kobv:188-fudissthesis000000025113-1
dc.title.subtitle
Einfluss von Geschlecht, Alter, Bildungsgrad und ethnischer Herkunft
dc.title.translated
The use of emergency departments in Berlin in the years 2006/2007
en
dc.title.translatedsubtitle
the influence of migration backround, education, age and gender
en
refubium.affiliation
Charité - Universitätsmedizin Berlin
de
refubium.mycore.fudocsId
FUDISS_thesis_000000025113
refubium.mycore.derivateId
FUDISS_derivate_000000009993
dcterms.accessRights.dnb
free
dcterms.accessRights.openaire
open access