Der vorliegende Bericht behandelt die Ergebnisse des Forschungsprojektes RUBUS, welches im Zeitraum November 2013 bis November 2015 von der Freien Universität Berlin durchgeführt wurde. Gegenstand des Projektes ist die Untersuchung der aktuellen Belastungssituation und der Dynamik der Sedimente in der Rummelsburger Bucht als Teil der urbanen Spree in Berlin. Das Projekt hat die Klärung der räumlichen Verteilung, Quantifizierung und Bewertung der Schadstoffbelastung in den Sedimenten der Rummelsburger Bucht zum Ziel. Es soll vor diesem Hintergrund die Ausbildung einer unbelasteten Sedimentauflage geprüft werden, um damit auch der Frage nachzugehen, ob es möglicherweise zu einer Remobilisierung von schadstoffbelasteten Sedimenten kommt. Um diese Hypothese zu untersuchen wird ein indirekter Messansatz gewählt, der sowohl die Erfassung der Randbedingungen als auch den qualitativen und quantitativen Nachweis einer Sedimentremobilisierung berücksichtigt. Da die Prozesse als solche nur schwer messbar sind, zielt dieser Ansatz darauf ab, entsprechende Leitindikatoren zu wählen, anhand derer Mobilisierungsmechanismen und Ursachen aufgezeigt werden können. Die Erfassung der Schadstoffe (Schwermetalle, organische Verbindungen) erfolgt systematisch an 5 Schichten der obersten 15 cm des Gewässersedimentes und über die Erfassung von akkumuliertem Material in Sedimentfallen. Die Beprobungen und kontinuierlichen Messungen werden an 15 über den gesamten Wasserkörper rasterförmig ausgelegten Bohr- bzw. Messpunkten durchgeführt. Zur Bemessung des potenziellen Risikos wird für die Feststoffphase der Consensus 2 - Wert der Sedimentqualitätsrichtlinien nach de DECKERE et al. (2011) zugrunde gelegt und durch Elutionsversuche sowie ökotoxikologische Tests ergänzt. Die Laborergebnisse zeigen, dass an allen Standorten und in annähernd allen erfassten Sedimentschichten weitestgehend sämtliche untersuchten Elemente und Verbindungen in zum Teil erheblichen Konzentrationen nachgewiesen werden können. Die Konzentrationen variieren sowohl in der Fläche als auch mit der Tiefe der Sedimentschichten. Die Analysen und statistischen Tests weisen das nordwestliche Untersuchungsgebiet als am stärksten belastet aus. Ungeachtet dieser räumlichen Variationen zeigen die Ergebnisse, dass in der Rummelsburger Bucht eine durchgängige Belastung der oberen 15 cm Sedimentschicht vorliegt. Eine flächendeckende Belastung kann auch für die beprobten Sedimentfallen nachgewiesen werden. Im Vergleich zum Referenzstandort in der Spree zeigt sich, dass die Rummelsburger Bucht sowohl hinsichtlich der Sedimentkerne als auch hinsichtlich der Sedimentfallen eine durchgängig höhere Belastung aufweist. Effektbasierte SQG werden in den meisten Fällen überschritten. Eine Untersuchung aquatischer Makrozoen durch die Bundesanstalt für Gewässerkunde zeigt zudem, dass die Artenvielfalt gering ist und sich das Vorkommen auf tolerante, euryöke Arten mit geringen Ansprüchen an die Gewässer- und Sedimentqualität beschränkt. Für den hohen gemessenen Sedimentumsatz ist vor allem die Remobilisierung von Sedimenten innerhalb der Bucht verantwortlich. Die stark belasteten, sehr schluffhaltigen Sedimente werden über eine permanente Strömung diffus über die gesamte Seefläche verteilt. Als bisherige Ursache für den hohen Sedimentumsatz können u.a. meteorologische Bedingungen und der Bootsverkehr identifiziert werden. Die mechanische Mobilisierbarkeit von feststoffgebundenen Schwermetallen und zinnorganischen Verbindungen ist unter den vorherrschenden Bedingungen in der Rummelsburger Bucht gering. Die chemisch-physikalischen Randbedingungen des Untersuchungsgebiets sind im Jahreszyklus nur geringen Schwankungen unterworfen, was der weiteren Fixierung der Schwermetalle entgegenkommt. MKW und PAK werden hingegen durch die Elution in höheren Konzentrationen freigesetzt, insbesondere aus den Schwebstoffen. Im Fall der PAK werden in den meisten Proben die ZHK-UQN bzw. die JD-UQN der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie für die Wasserphase überschritten. Keiner der biologischen Tests zeigt eine gefährliche Belastung an. Es werden jedoch mit dem Sedimentkontakt- und dem Leuchtbakterientest bei mehreren Proben kritische Belastungen ermittelt. Von den PAK geht offensichtlich keine Gefährdung für die Testorganismen Vibrio fischeri (Leuchtbakterien) und Lemna minor (Wasserlinsen) aus. Die Wasserlinsen reagieren durchgehend wenig sensitiv auf die Inhaltsstoffe der Eluate. Es ist anzunehmen, dass die signifikant höhere MKW-Freisetzung aus den Schwebstoffen (im Gegensatz zu den Sedimenten) die toxische Wirkung im Leuchtbakterientest verursacht. Der Sedimentkontakttest weist bei einer den Schadstoffgehalten nach relativ unbelasteten Probe einen toxischen Effekt nach. Die hohen Schwermetallgehalte in den Sedimenten haben keine Wirkung auf die Bakterien des Sedimentkontakttests, was darauf hindeutet, dass sie nicht in bioverfügbarer Form vorliegen. Die Schwermetalle scheinen unter stabilen Bedingungen gebunden vorzuliegen. Die PAK und MKW zeigen eine deutlich höhere Dynamik in der Schadstoffmobilität. Die Rummelsburger Bucht stellt selbst im internationalen Kontext eine Besonderheit hinsichtlich der hohen Belastung mit organischen Schadstoffverbindungen und Schwermetallen dar und zeigt, dass die industriellen Fingerabdrücke der Gesellschaft über äußerst lange Zeiträume erhalten bleiben und dies eine Herausforderung für Politik und Planung darstellt. Die Untersuchungsergebnisse zeigen aber auch, dass die Rummelsburger Bucht einer ausreichend großen Dynamik unterliegt, welche zu einer (Re-) Mobilisierung dieser hochbelasteten Sedimente führen kann. Die Sedimente fungieren als langfristige potenzielle Schadstoffquelle für den Wasserkörper und damit auch für die Spree.
The present report covers the results of the research project RuBuS, realised by the Freie Universität Berlin between November 2013 and 2015. The investigated water body “Rummelsburger Bucht” is a former anabranch of the Spree River located in the centre of Berlin. Covering an area of more than 45 ha, it is only at the upstream side connected to the main river course. For almost a century, untreated industrial and municipal wastewater was discharged into this river branch. Consequently, the quality of both the water and the sediments decreased dramatically over that period. In order to address this problem, the project “RuBuS” (co-financed by the Berlin State Government and the European Funds for Social and Regional Development) was established for the above mentioned period. To perform any risk assessment, the investigation should provide an improved knowledge and a better understanding about the type and spatio-temporal pattern of sediment contamination and dynamics. To detect the spatial distribution of pollutants in the sediment, over 200 sediment samplings were carried out via drill cores from 16 locations. The upper 15 cm of each drill core was systematically divided into 5 layers (each of 3 cm) for separate examination. The investigation of sedimentation and remobilisation rates was accomplished by installing 18 sediment traps, which collected deposits over more than a year. The presence of selected heavy metals and organic pollutants in the sediments was determined for every position and layer of the drill cores, as well as for all sediment traps. Detection of changes in boundary conditions, influencing the spatial and temporal distribution of sedimentation and resuspension, was accomplished by placing devices within the water body and taking different mobile measurements. At all sampling locations, flow conditions were recorded every week over the whole water column with a vessel-mounted ADCP (Acoustic Doppler Current Profiler). Water quality parameters like oxygen, turbidity, chlorophyll-(a) and temperature were also measured weekly with a mobile multiparameter sensor at all stations in 50 cm steps. In addition, these parameters were continuously recorded every 10 minutes with stationary sensors at different water depths (1, 2 and 3 m) from the beginning of the monitoring. For mobile measurements the probe YSI 6600 V2 was used, whereas permanent recording was done with Cyclops-7 and MiniDot devices from PME. A weather station was set up on the shore side to determine wind conditions, precipitation, temperature and solar radiation, concerning the external impacts on water currents, turbulences and algae-bloom. The scope of the investigation included the determination of the total content of inorganic (Hg, Cd, Cr, Pb, Ni, Cu, Zn) and organic compounds (polycyclic aromatic hydrocarbons (PAH), total petroleum hydrocarbons (TPH), selected nitro-compounds, selected organotin compounds and polychlorinated biphenyls (PCB, AOX and EOX) in the sediment and suspended matter. The relevant particle size for the investigation of samples for heavy metals was < 63 μm and for the organic components < 2 mm. The compounds were detected by ICP-OES, ICP-MS and AAS analyses. Grain size distributions weredetermined using laser diffractometry and sieving. An elemental analyser was used to determine the presence of carbon and nitrogen in the samples. The release of soluble components upon contact with water is considered one of the main mechanisms leading to a potential hazard to the environment. The research into soluble and easily mobile sediment-bounded pollutants is based upon a 24 hour batch test. In addition, certain toxic effects of the sediments were determined by ecotoxicological test methods. Three species were chosen as relevant test organisms: Vibrio fischeri for the luminescent bacteria test, Lemna minor for the Duckweed growth inhibition test and Arthrobacter globiformis for the sediment contact test. In addition, the thresholds of the sediment quality guidelines, published by de Deckere et al. (2011), were used to assess the solid contents. The study demonstrated that so far the concentration of organic and inorganic pollutants in the sediments has remained very high. The total contents of the PAHs and all heavy metals exceeded the effect-based threshold values according to de Deckere et al. (2011). The results were compared to the “consensus 2” thresholds to identify the measured concentrations, which have surpassed the limits and now giving rise to concern regarding toxicity. The only exception among the heavy metals was mercury. With respect to organic pollution the reference point in the Spree River, which is not very far away from the sheet pile wall, showed concentrations below the threshold value. In contrast, the reference point disclosed pollution by heavy metals except for cadmium and mercury concentrations, which were below the threshold. However, the load of heavy metals at the reference point was lower than the one found in the bay. A different spatial distribution of the organic contamination was observed for the sediments of the “Rummelsburger Bucht”. In terms of contamination with PAHs, Cd and Pb, areas with different loads could be defined, this was statistically proven with a significant difference greater than 99%. The less contaminated area was situated between the sheet pile wall and the centre of the bay. Higher loads (sampling sites 10-15) were found from the centre of the water body to the north-western shore. However, the sediments in the traps showed a homogeneous distribution of the measured pollutants. It was also found, that the level of contamination commonly increased with sediment depth, except at the sampling sites right in the centre of the bay, which revealed no clear tendency to increase or decrease depending on the depth. With regard to the level of the European Environmental Quality Standards (EQS), the results of the 24 hour batch test indicated a low mobility of the heavy metals, organotin compounds and Benzo(a)pyrene. By contrast, other PAH compounds exceeded in several eluates the annual average maximum concentration permitted by the EQS. The results of the Luminescent bacteria test demonstrated for the eluates of sediment cores, that all samples are not or harmless polluted (non- or low toxic effect). However, with the exception of two samples, all of the eluates of suspended particles were critically polluted, they showed a moderate or increased toxic effect. The recorded high turnover rates of sediments were most likely caused by a remobilisation of local sources within the “Rummelsburger Bucht”. These highly contaminated and silty sediments can be evenly distributed over the whole area of the water body due to very slow but constant currents with changing directions. Up to now, specific meteorological boundary conditions and motorboat-traffic have been identified as some of the main reasons for the remobilisation and local transport of the sediments, as well as external sediment sources could be neglected. The research project “RuBuS” provides a detailed insight into this water body. It gives a better understanding how changes in boundary conditions affect the spatial and temporal distribution of sedimentation and the resuspension of sediments. The study demonstrates, that so far the concentration of organic and inorganic pollutants in the sediments has remained on an exceptionally high level. The “Rummelsburger Bucht” can be considered as a case study about spatio-temporal pattern of sediment contamination and dynamics of the Spree River and about areas of conflict presented by highly stressed urban water bodies. A high pressure on demands of local residents for recreational and commercial use of the “Rummelsburger Bucht” needs to improve the environmental situation by a targeted and affordable management plan.