Seit über einem Jahrzehnt beschäftigt sich Lutz Kruschwitz mit Fragen der Unternehmensbewertung. Seine diesbezüglichen Veröffentlichungen sind bis auf eine Ausnahme in Zeitschriften und Festschriften erschienen. Charakteristisch für die Herangehensweise von Lutz Kruschwitz ist eine sehr starke Modellorientierung; empirische oder rechtliche Fragestellungen haben ihn eher am Rande beschäftigt. Insbesondere kann man sagen, dass Lutz Kruschwitz einer der nicht zahlreichen deutschen Autoren ist, die sich intensiv mit der Einbeziehung von Steuern in der Finanzwirtschaft und speziell der Unternehmensbewertung auseinander gesetzt haben. Immer dann, wenn man sich mit diesem Thema beschäftigt, steht man angesichts des ausufernden deutschen Steuerrechts vor einem Dilemma: Sollen die Steuern detaillierter beschrieben werden, damit das Modell wenigstens einen Hauch von Nähe zum geltenden Recht aufweist – dann aber wird das Modell häufig “unberechenbar”, so dass Autoren gern eine sichere Umwelt oder nur eine Periode unterstellen. Oder soll das Modell den Gegebenheiten der Unternehmensbewertung angepasst werden, bei der wir typischerweise unsichere Cashflows und mehrere Perioden beobachten – dann aber lassen sich viele Details des Steuerrechts nur sehr schwer oder gar nicht abbilden. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass es Lutz Kruschwitz in der Vergangenheit wie nur Wenigen gelungen ist, hier einen Mittelweg zu finden, der sich als sehr fruchtbar erwiesen hat: Seine lange Veröffentlichungsliste spricht für sich. Kürzlich ist zwischen Kürsten (2002) und Schwetzler (2002) eine Diskussion entbrannt, in der es unter anderem um die Frage ging, ob sich die Methode der Diskontierung von Sicherheitsäquivalenten mit risikolosen Zinssätzen entscheidungstheoretisch fundieren lässt. Kürsten wies nach, dass im Rahmen des subjektiven Ansatzes eine solche Fundierung allenfalls dann gelingt, wenn man dem Bewerter Risikoneutralität attestiert. Daraus wurde der Schluss gezogen, dass die Sicherheitsäquivalenz–Methode keine entscheidungstheoretisch akzeptable Grundlage besitzt: Die Idee, überhaupt mit Sicherheitsäquivalenten zu arbeiten, beruht nach allgemeinem Verständnis auf der Voraussetzung, dass der Unternehmensbewerter risikoavers ist und nicht etwa Risikoneutralität an den Tag legt. Lutz Kruschwitz hat sich mit einem Beitrag zu dieser Fragestellung geäußert. Gemeinsam mit Andreas Löffler konnte er nachweisen, dass im klassischen Erwartungsnutzenkalkül unter gewissen, aber eben sehr strengen Voraussetzungen eine Anwendung des Sicherheitsäquivalentkalküls gerechtfertigt ist. In dieser Arbeit wollen wir untersuchen, ob sich diese Voraussetzungen auch auf den Fall des in der Finanzwirtschaft stärker verbreiteten Erwartungswert-Varianz-Kalküls übertragen lassen. Wie die Intuition es erwarten lässt, werden wir erfolgreich sein.