Das Prostatakarzinom ist mit seinen rund 50.000 Neuerkrankungen im Jahr die häufigste maligne Erkrankung des Mannes in Deutschland. In der Diagnostik dieser Erkrankung stellen die Bestimmung der Konzentration des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Serum, die digitale-rektale Untersuchung und der transrektale Ultraschall die drei wichtigsten Instrumente dar. Jedoch können auch diese Untersuchungen nicht verhindern, dass entweder Tumore nicht entdeckt oder Patienten einer unnötigen Biopsie zugeführt werden. Vor allem der Fakt, dass das PSA zwar organ- aber nicht tumorspezifisch ist und es daher auch bei benignen Prostataerkrankungen erhöht im Serum vorkommen kann, stellt eine seiner wesentlichen Einschränkungen in der diagnostischen Aussagekraft dar. Deshalb ist die Einführung neuer Biomarker, welche eine bessere Unterscheidung zwischen malignen und benignen Prostataerkrankungen erlauben, ein vorrangiges Ziel der urologischen Forschung. S100A8 und S100A9 – phagozytenspezifische, pro-inflammatorische Proteine der kalziumbindenden S100 -Protein-Familie – wurden auf Grund ihrer erhöhten Expression im Prostatakarzinomgewebe jüngst als neue Marker in der Prostatakarzinomdiagnostik beschrieben. Zusätzlich wurde eine erhöhte S100A9-Konzentration im Serum von Prostatakarzinompatienten gefunden. Das Ziel der hier vorliegenden Arbeit war es, diese Studie zu re-evaluieren, da diese S100-Proteine in der wissenschaftlichen Fachwelt und vor allem auch in der Laienpresse als ein Durchbruch in der Prostatakarzinomdiagnostik propagiert wurden. Meine Untersuchungen sollten sich jedoch nicht nur auf S100A8 und S100A9, sondern auch auf den von diesen beiden Proteinen gebildeten Heterokomplex S100A8/A9 beziehen. Untersucht wurden 140 Patienten, wobei als Untersuchungskollektiv Prostatakarzinompatienten und Patienten mit benigner Prostatahyperplasie mit vergleichbaren PSA-Werten gewählt wurden. Die Prostatakarzinomgruppe teilte sich wiederum in Patienten ohne Metastasen (n=50), mit Lymphknotenmetastasen (n=27) und Fernmetastasen (n=13) auf. Zum Vergleich der diagnostischen Aussagekraft der S100-Proteine wurden die konventionellen Parameter Gesamt-PSA und der %fPSA-Wert als Quotient von freiem PSA zu Gesamt-PSA herangezogen. Da bisher keine ausreichenden Daten zum Einfluss der Probengewinnung und dem zu untersuchenden Probenmaterial (Serum, Plasma) vorlagen, waren in Voruntersuchungen die eine Bestimmung beeinflussenden, präanalytischen Faktoren zu ermitteln. In Untersuchungen zur Eliminationskinetik dieser Proteine im Serum nach radikaler Prostatektomie sollte außerdem die Assoziation dieser Proteine mit dem Prostatagewebe geklärt werden. Die präanalytischen Untersuchungen zeigten, dass die im Serum gemessenen S100A8/A9-Konzentrationen jeweils signifikant höher als die im Plasma waren. Eine mögliche Erklärung stellt die S100A8/A9-Freisetzung aus korpuskulären Elementen während der Gerinnung dar. Die Monomere S100A8 und S100A9 zeigten hingegen keine Konzentrationsunterschiede in Serum und Plasma. Es konnte überdies gezeigt werden, dass eine Lagerung der Proben für vier Stunden bei Raumtemperatur vor der Zentrifugation zu keiner Erhöhung der gemessenen Konzentrationen führt. Ein mehrmaliges Tauen und Frieren von Proben führt zu erhöhten S100-Protein-Konzentrationen. Um Fehlinterpretationen zu verhindern, sollte die Bestimmung der S100-Protein-Konzentration daher nur nach einmaligem Auftauen erfolgen. Die Konzentrationen der S100-Proteine im Plasma der Kontrollgruppen waren entweder signifikant höher (S100A8; P=0,0206) oder zeigten zumindest die Tendenz zu höheren Werten im Vergleich zu den Prostatakarzinompatienten. Die Konzentrationen der S100-Proteine wiesen keine Korrelationen zur PSA-Konzentration oder zum Prostatavolumen auf. Es bestand weiterhin kein Zusammenhang zum TNM-Stadium oder zum histologischen Differenzierungsgrad der Tumore. Konzentrationsunterschiede zwischen den drei Prostatakarzinomgruppen waren zu vernachlässigen. PSA und die S100-Proteine zeigten eine sich von einander unterscheidende Eliminationskinetik nach radikaler Prostatektomie. Die Konzentrationen der S100-Proteine stiegen an, während die des PSA kontinuierlich abfielen. Der Zusammenhang zwischen veränderten Konzentrationen von S100-Proteinen im Serum und malignen Prostataerkrankungen lässt sich somit nicht unmittelbar erkennen. Receiver- Operating-Characteristics (ROC)-Analysen zeigten, dass im Vergleich mit der PSA-Konzentration die S100-Protein-Konzentration keine verbesserte Unterscheidung zwischen Patienten mit und ohne Prostatakarzinom ermöglicht. Die diagnostische Aussagkraft sowohl der Monomere S100A8 und S100A9 als auch die des Heterokomplexes S100A8/A9 waren signifikant schlechter ist als die der PSA-Ratio. Ein Einsatz dieser S100-Proteine in der Prostatakarzinomdiagnostik ist somit nicht gerechtfertigt. Als Hauptergebnis meiner Untersuchungen kann ich in mit dieser Arbeit feststellen, dass sich S100A8, S100A9 und S100A8/A9 nicht als Biomarker für die Unterscheidung zwischen malignen und benignen Prostataerkrankungen einsetzen lassen. Sie erfüllen nicht die Anforderungen, die an neue, verbesserte Marker in der Prostatakarzinomdiagnostik gestellt werden.
S100A8, S100A9, and S100A8/A9, phagocyte-specific, pro-inflammatory proteins and members of the calcium-modulating S100 family, have recently been described as new markers for the detection of prostate cancer. Recognizing the need for new diagnostic markers to discriminate between prostate cancer and benign prostate hyperplasia in the grey zone of PSA levels < 10 ng/mL, we re- examined these findings by comparing S100-concentrations and their diagnostic value to the confirmed discriminative power of the fPSA/tPSA-value in patient groups with analogous tPSA-levels. Blood samples of patients with organ- confined prostate cancer (n=50), benign prostate hyperplasia (n=50) and metastasized prostate cancer (n=40) were analysed with different ELISA-systems to assess the concentration of the monomers S100A8 and S100A9, as well as the dimer S100A8/A9 in serum and plasma. To prevent misleading results because of a verification bias, each BPH patient was matched with a PCa patient with a corresponding tPSA level. Pre-analytic analysis showed that the S100A8/A9 -serum-concentration was significantly higher then the concentration measured in plasma. S100A8 and S100A9 on the other hand showed no significant difference in serum or plasma. Furthermore it could be shown, that a storage of samples for 4 hours at room temperature before centrifugation had no effect on the measured protein concentration. Repeated thawing and freezing of samples lead to a higher S100-concentration. So in order to prevent misleading results, the samples should only be thawed once before measurement of S100 -protein-concentration. While plasma S100A8-concentration showed a significant increase in the BPH group compared to the PCa patients (P=0.0206), serum and plasma S100A9- and S100A8/A9-levels were not significantly different. Receiver-operating characteristics (ROC) analysis, comparing the S100-concentrations with the corresponding tPSA and fPSA/tPSA levels, showed for the S100-concentrations an AUC not statistically different to the tPSA values and thus no possibility to differentiate between PCa and BPH. The fPSA /tPSA-ratio on the other hand, with an AUC of 0.80, permits the only statistically significant (P <0.05) discrimination between both patient groups. S100-protein-concentration showed no correlation to PSA-concentration or prostate volume. Furthermore, no correlation in regard to TNM stage and tumour differentiation could be found. The comparison of a matched collective of patients clearly showed the superiority of the fPSA/tPSA-ratio to S100-levels in discriminating between BPH and PCa, and therefore being the better marker for early PCa detection.