Unter allen in der tierärztlichen Praxis durchgeführten chirurgischen Eingriffen stellt die Enukleation eines oder beider Augen wohl eine der größten emotionalen Herausforderungen für den Tierbesitzer dar. Bei diesem Eingriff steht für Tierhalter oft der kosmetische Aspekt mehr im Vordergrund, als die häufig damit verbundene kurative Behandlung ihres Tieres. Aus diesem Grunde wurden in der Vergangenheit eine Vielzahl an adäquaten Ersatzmöglichkeiten zum Ausgleich des verlorengegangenen Bulbusvolumens gesucht und entwickelt. Die Suche nach dem perfekten Volumenersatz ist jedoch bis heute nicht abgeschlossen. Diese Problemstellung war Ausgangspunkt für die Entwicklung von Messtrecken zur Bestimmung der Ausdehnung der Orbita bei Hunden und Katzen. Hierfür wurden nach Erarbeitung einer geeigneten Messmethode in mehreren Vorversuchen an 40 Hunden (Alter 1,4-16,6 Jahre, 36 verschiedene Rassen, 17 weiblich, 23 männlich, Gewicht 1,7-72,0 kg) und 40 Katzen (Alter 1-16 Jahre, 13 Rassen, 15 weiblich, 25 männlich, Gewicht 2,3-11,9 kg) computertomografische Aufnahmen (Siemens Light Speed QXi, GE Medical Systems, Milwaukee WI, USA) retrospektiv ausgewertet. Alle Hunde (13 brachyzephal, 22 mesozephal, 5 dolichozephal) und Katzen (9 brachyzephal, 26 mesozephal, 5 dolichozephal) wurden den unterschiedlichen Kopfformen zugeordnet. In dieser Arbeit wurden erstmalig Messstrecken für die sinnvolle und reproduzierbare Vermessung der Orbita in ihrer Gesamtheit erarbeitet. Mit Hilfe des Programms Eclipse (Varian Medical Systems, Inc., Düsseldorf) wurden die orbitalen Strukturen definiert, Volumina berechnet und die Orbita in Höhe, Breite und Tiefe vermessen. Besonderes Augenmerk wurde in der Auswertung auf die Ausdehnung der Orbita in Bezug auf die Kopfform und Körpergröße gelegt. Bei der Messung der Orbitahöhe wurde lediglich bei Hunden geringe kopfformspezifische Unterschiede gefunden (p=0,160). Bei Katzen wurde die Orbitahöhe nicht von der Kopfform beeinflusst (p=0,707), möglicherweise bedingt durch die an sich deutlich homogenere Population im Vergleich zu Hunden. Die Breite der Orbita zeigte signifikante Unterschiede bei Hunden mit brachyzephaler Kopfform (p<0,001) und ist maßgeblich durch den abgerundeten Proc. frontalis des Os zygomaticum beeinflusst. Ebenfalls konnten signifikante Unterschiede der Orbitabreite für die verschiedenen Schädeltypen bei Katzen identifiziert werden, wobei hier die Form des Schädels die Unterschiede bedingt (p=0,008). Die bisherige Vermutung, dass brachyzephale Tiere eine flachere Orbita besitzen und dolichozephale eine tiefe Orbita konnte in der vorliegenden Arbeit nicht bestätigt werden. Die größte Gesamttiefe der Orbita findet sich bei brachyzephalen Tieren, die geringste Gesamttiefe bei dolichozephalen Tieren (MW Hunde: 3,45 cm brachyzephal, 3,39 cm mesozephal, 3,22 cm dolichozephal; MW Katzen: 2,89 cm brachyzephal, 2,79 cm mesozephal, 2,55 cm dolichozephal). Vielmehr sind anatomische Besonderheiten bei Brachyzephalen für dieses Erscheinungsbild verantwortlich. So scheint bei brachyzephalen Hunden die Ausbildung des Proc. frontalis maßgebend für die Lage des Bulbus innerhalb der Orbita verantwortlich zu sein und bewirkt damit das Erscheinungsbild eines protrahierten Bulbus. Bei Katzen hingegen wird der Anschein einer flachen Orbita durch die Verkürzung der nasalen Knochenstrukturen begünstigt, steht jedoch nicht im Zusammenhang mit dem Orbitaraum selbst. Es konnte aber ein maßgeblicher Einfluss des Körpergewichts auf die Ausdehnung der Orbita bei Hunden (p<0,001) und Katzen (p<0,001) nachgewiesen werden. Mit Zunahme des Körpergewichts nimmt auch die Größe des Orbitaraums zu. Bei Hunden waren in den drei Gewichtsklassen hochsignifikante Unterschiede zu verzeichnen. Bei Katzen konnte der Größeneinfluss zwar statistisch signifikant nachgewiesen werden, war aber eher von untergeordneter klinischer Relevanz, da die orbitalen Schädelmaße über alle Körpergrößen im Vergleich zu Hunden relativ gleichförmig sind. Zudem konnte die weitläufig verbreitete Annahme, dass der Bulbus bei Katzen fast den gesamten Orbitaraum einnimmt, widerlegt werden. Der Bulbus macht vielmehr etwa 50% des orbitalen Gesamtvolumens aus, wohingegen der Bulbus beim Hund knapp 30% des Orbitavolumens ausmacht. Damit stellt diese Arbeit als Gesamtwerk eine umfassende und fundierte Grundlage für die Entwicklung geeigneter Orbitaimplantate dar. Erstmalig stehen Messdaten für eine große Vielfalt an Hunde- und Katzenrassen zur Verfügung, die eine Optimierung und Weiterentwicklung der bisher verfügbaren Implantate ermöglichen. Möglicherweise stellt eine Enukleation mit Einsatz eines optimierten Implantats für Tierbesitzer dann kein kosmetisches Hindernis mehr dar.
To agree to enucleation of one or both eyes is one of the largest (emotional) challenges for the patient’s owner in comparison to all surgeries done in small animal medicine. The owner often gives higher priority to the cosmetic aspect than to the curative treatment of his pet. For this reason various options for the replacement of the missing volume of the globe were analyzed and developed. Nevertheless a perfect orbital substitute is not yet found. This problem was the reason to determine the dimensions of the orbit in dogs and cats in this study. Therefore, after the development of a suitable measurement method in preliminary work, computer tomographic images (Siemens Light Speed QXi, GE Medical Systems, Milwaukee WI, USA) of 40 dogs (1.4 to 16.6 years, 36 different breeds, 17 female, 23 male, 1.7-72.0 kg) and 40 cats (1-16 years, 13 breeds, 15 female, 25 male, 2.3-11.9 kg) were retrospectively evaluated. All dogs (13 brachycephalic, 22 mesaticephalic, 3 dolichocephalic) and cats (9 brachycephalic, 26 mesaticephalic, 5 dolichocephalic) were graded according to their head conformation. For the first time, sections of measurement for the reasonable and reproducible scales of the total bony orbit were elaborated. With the help of the program Eclipse (Varian Medical Systems, Inc., Düsseldorf) orbital structures were defined, volumes were calculated and the orbit was quantified in height, width and depth. Special attention was focused on the relation between the extension of the orbit and head shape respectively body height. Measuring the orbital height, only in dogs moderate differences were found concerning head conformation (p=0.160). In cats the orbital height is not influenced by the head conformation (p=0.707). There were significant differences in the width of the orbit in brachycephalic dogs (p<0.001) that are mainly influenced by a decreased Proc. frontalis of the Os zygomaticum. Moreover the orbital width of the different head conformations in cats showed significant differences (p=0.008). The results of the presented study did not confirm the previously suggested theory of brachycephalic animals possessing a flat orbit and dolichocephalic animals having a deep orbit (mean dogs: 3.45 cm brachycephalic, 3.39 cm mesaticephalic, 3.22 cm dolichocephalic; mean cats: 2.89 cm brachycephalic, 2.79 cm mesaticephalic, 2.55 cm dolichocephalic). Moreover anatomic characteristics in brachycephalics cats are the reason for this appearance. In brachycephalic dogs the formation of the Proc. frontalis is rather responsible for the position of the globe within the orbit and is providing the appearance of a protruding globe. In cats the appearance of a planar orbit is promoted through the shortening of the nasal bones, but does not stand in correlation to the orbital size. Nevertheless a significant influence of the body weight onto the extension of the orbit in dogs (p<0.001) and cats (p<0.001) could be proven. With increasing body weight the size of the orbital space rises. The extension of the orbit is positively correlated with the size of the animal. In dogs there were highly significant differences in the three weight classes. In cats the influence of the size was also statistically significant, but is less clinically relevant, because the orbital sizes in relation to all body sizes are constant in comparison to the dogs. Moreover the assumption of the globe taking almost all of the size of the orbital space in cats was disproved; in fact the globe takes about 50% of the whole orbit, whereas the globe of dogs takes almost 30% of the orbital volume. Thus this thesis is a comprehensive and substantiated basis for the development of orbital implants. For the first time data for a huge variety of dogs and cats is provided, which enables an optimization and further development of currently available implants. Maybe in the future enucleation and consequent application of an optimized orbital implant will not mean a cosmetic challenge for the patient’s owner any more.