Thema dieses Beitrags ist die Diffusion umweltpolitischer Innovationen zwischen Nationalstaaten in ihrer Bedeutung für die globale Entwicklung von Umweltpolitik. Dabei geht es um die empirische Beobachtung, daß nationale Umweltinitiativen vielfach mit hoher Geschwindigkeit in anderen Ländern übernommen werden und sich auf diese Weise international ausbreiten. Die (explorativ verstandene) Studie geht davon aus, daß die in den letzten Jahren verstärkt zu beobachtende Globalisierung von Umweltpolitik nicht nur als Bedeutungszuwachs völkerrechtlicher Verträge und internationaler Umweltregime zu beschreiben ist, sondern ganz wesentlich auch als Ergebnis zwischenstaatlicher Politikdiffusionen zu betrachten ist. Anhand von Fallstudien zur Diffusion von Umweltministerien und -behörden, Umweltzeichen, nationalen Umweltplänen bzw. Nachhaltigkeitstrategien, CO2-/Energiesteuern und Bodenschutzgesetzen werden Erfolgsbedingungen und Restriktionen der internationalen Ausbreitung umweltpolitischer Neuerungen untersucht. Zu den zentralen Einflußfaktoren der Politikdiffusion zählen insbesondere der Grad der Institutionalisierung des Politiktransfers durch internationale Organisationen oder transnationale Netzwerke sowie die umweltpolitischen Handlungskapazitäten und politisch-institutionellen Strukturen der potentiellen Übernehmerstaaten. Darüber hinaus wird das Tempo der Diffusion regulativer Neuerungen im Umweltschutz häufig von der Struktur der zugrunde liegenden Umweltprobleme und den konkreten Charakteristika des jeweiligen Politikansatzes beeinflußt. Schließlich verweisen die Fallstudien auf die besondere Rolle „kritischer“, d.h. strategisch wichtiger Länder für die Umweltpolitikdiffusion.
View lessDie Bedeutung der politischen Meinung und der politischen Kultur ist bei vergleichenden Untersuchungen zur Staatstätigkeit stark vernachlässigt worden. Die meisten Studien zur Umweltpolitik in den USA konzentrieren sich auf sozioökonomische und politisch-institutionelle Faktoren. Gleichwohl besteht ein enger Zusammenhang zwischen der öffentlichen Meinung und der umweltpolitischen Innovationsfähigkeit. Ausgehend vom amerikanischen Begriff des Liberalismus, für den die Befürwortung des Wohlfahrtsstaates und staatlicher Interventionen charakteristisch ist, können deutliche Unterschiede zwischen liberalen und konservativen Einzelstaaten beobachtet werden: Einzelstaaten mit einer liberalen Wählerschaft neigen sehr viel stärker zu umweltpolitischen Innovationen als Einzelstaaten mit einer konservativen Wählerschaft. Teil der Analyse ist eine vergleichende Studie zu Oregon, einem starken Politikinnovateur, der im pazifischen Nordwesten liegt. Die Fallstudie zeigt, daß eine partielle Entkoppelung der sozioökonomischen Entwicklung von der umweltpolitischen Innovationsfähigkeit möglich ist. Dies kann durch die politische Kultur der Einzelstaaten erklärt werden, die eine erstaunliche Stabilität im Zeitverlauf aufweist. Die beste Voraussetzung einer innovativen Umweltpolitik scheint eine liberale Wählerschaft kombiniert mit einer moralistischen politischen Kultur zu sein. Im Gegensatz dazu steht die traditionalistische Kultur des amerikanischen Südens – einem Teil des Landes, dessen soziokulturelle Basis zweifellos negative Auswirkungen auf die umweltpolitische Innovationsfähigkeit hat. Ein umweltpolitischer Deregulierungswettbewerb (‘race to the bottom’) ist deshalb allenfalls zwischen den Südstaaten zu erwarten, wurde bislang aber durch vom Bund gesetzte Mindeststandards verhindert.
View lessStahl ist mengenmäßig das weltweit am meisten verbrauchte Metall. Erst mit großem Abstand folgt an zweiter Stelle Aluminium. Doch der Stellenwert der ehemaligen Schlüsselindustrie Stahl hat sich seit den 70er Jahren in vielen Industrieländern grundlegend verändert: Produktions- und Nachfragesteigerungen in Entwicklungs- und Schwellenländern standen Rückgänge in vielen hochindustrialisierten Ländern gegenüber. Auch in der Bundesrepublik Deutschland fiel die Rohstahlproduktion von Mitte der 70er bis Anfang der 80er Jahre und wuchs auch danach nur noch wenig, was mit drastischen Arbeitsplatzverlusten verbunden war. Erhebliche soziale und wirtschaftliche Probleme waren vor allem in den Regionen, in denen sich dieser Sektor und viele ihm vor- und nachgelagerte Industrien konzentrieren, die Folge. Die EG, die zuvor ihre Stahlpolitik weitgehend am liberalen Ordnungsrahmen des EGKS- Vertrages ausgerichtet hatte, betrieb infolge der Krise seit Mitte der 70er Jahre eine zunehmend interventionistische Politik. Die Eisen- und Stahlerzeugung erfordert große Mengen an Rohstoffen, Energie und Wasser und verursacht in erheblichem Ausmaß umweltschädliche Abfälle und Abgase. Allerdings war die Produktion von Stahl nie Inhalt umweltpolitischer Diskussionen oder Ansatzpunkt öffentlicher Kritik im eigentlichen Sinne, wie etwa der Stoff Chlor im Rahmen der chemiepolitischen Debatte oder die Primärerzeugung von Aluminium aufgrund ihres hohen Energieverbrauchs. Die vorliegende Fallstudie untersucht, \- inwieweit es sich bei der Produktionsentwicklung der deutschen Stahlindustrie um eine generelle (länderübergreifende) Entwicklung handelt, \- durch welche Faktoren der Nachfrage- und Produktionsrückgang bei der deutschen Stahlindustrie bedingt wurde, \- in welchem Maße und mit welchen Wirkungen auf die Entwicklung politisch Einfluß genommen wurde, \- welche Maßnahmen zur Erleichterung der Anpassungsprozesse insbesondere hinsichtlich der Reduzierung der Beschäftigtenzahl ergriffen wurden und \- inwieweit der Produktionsrückgang die Verbesserung in der Umweltbilanz der Industrie erklären kann.
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