Das Gelbfiebervirus (GFV) stellt trotz des Vorhandenseins eines effektiven Impfstoffes nach wie vor ein weltweites, ernstzunehmendes Gesundheitsproblem dar. Molekularepidemiologische Analysen von Gelbfieberviren sind aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Sequenzdaten bisher nur eingeschränkt möglich. Innerhalb dieser Arbeit wurde das Genom von drei GFV-Impfstämmen und 14 westafrikanischen Wildisolaten erstmals vollständig sequenziert und veröffentlicht. Damit wurde die Anzahl frei verfügbarer GFV-Genomsequenzen von ursprünglich 21 auf 38 erhöht. Mit Hilfe dieser Sequenzdaten wurden anschließend die Verwandtschaftsbeziehungen von Gelbfieberviren unter separater Betrachtung von Impfstämmen und Wildtypstämmen eingehend analysiert. Die Analyse der Impfstämme beinhaltet einen umfassenden Sequenzvergleich, die Generierung eines phylogenetischen Stammbaumes basierend auf Genomsequenzen sowie dessen Vergleich mit der historischen Genealogie von GFV-Impfstoffen. Damit wurde der beim letzten WHO-Meeting zu GFV-Impfstoffen angesprochenen Notwendigkeit einer molekularbiologischen Datenanalyse entsprochen und somit erstmalig die Möglichkeit geschaffen, die molekularen Abstammungsmerkmale mit den Daten der historischen Aufzeichnung direkt zu vergleichen. Durch diese Arbeit wird die zukünftige Forschung zu GFV-basierten Impfstoffen wesentlich erleichtert. Die Untersuchung westafrikanischer GFV-Isolate umfasst zusätzlich zu einer Sequenzanalyse und der Generierung eines phylogenetischen Stammbaumes die Untersuchung biologischer Eigenschaften. Die auf GFV-Gesamtgenomsequenzen basierenden Stammbaumanalysen konnten eine vorausgegangene, auf partiellen Sequenzdaten basierende Klassifizierung westafrikanischer Genotypen in sechs verschiedene GFV-Linien bestätigen und fünf bisher nicht charakterisierte GFV- Isolate in diese Klassifizierung einbeziehen. Diese Untersuchung unterstreicht außerdem die Notwendigkeit einer verstärkten und kontinuierlichen Erhebung von Sequenzdaten afrikanischer GFV-Isolate, um so die Möglichkeiten epidemiologischer und evolutionsbiologischer Studien zum GFV zu erweitern. Die Replikation der westafrikanischen GFV-Linien (Moskitoisolate) wurde in humanen Leberzellen und Insektenzellen vergleichend zu der der Referenzstämme Asibi und 17D (Humanisolate) untersucht. Insgesamt weisen die Gruppen der Moskitoisolate und der Referenzstämme in beiden Zelllinien deutliche Unterschiede zueinander im Wachstumsverhalten auf, was eine vorausgegangene Zelladaption implizieren könnte. Die Wachstumsanalysen der westafrikanischen GFV-Linie 3 zeigen abweichende Ergebnisse zu beiden Gruppen (Moskito- und Humanisolate). Auffällig ist zudem ein gehäuftes Auftreten von Mutationen in der Proteinsequenz dieser Linie, die in keiner anderen Linie zu finden sind. Vor dem Hintergrund, dass diese Linie bisher als einzige in einem natürlichen Kontext mit vertikaler Transmission in Verbindung gebracht werden konnte, wäre eine weitere Charakterisierung dieses Isolates sowohl zur Aufklärung bestimmter Proteinfunktionen als auch zum Verständnis der vertikalen Transmission sehr wichtig. Die hier durchgeführte Studie verbindet erstmals genetische Informationen mit phänotypischen Eigenschaften afrikanischer GFV- Wildisolate und diskutiert bestehende Wissenslücken im Bereich der Funktion und Ökologie von Gelbfieberviren. Sowohl für Forschungszwecke als auch für die Diagnostik einer akuten GFV-Infektion besteht ein großer Bedarf an neuen Testsystemen für den gezielten Nachweis einzelner Virusproteine. Zur Entwicklung neuer Nachweismethoden wurden in dieser Arbeit polyklonale Peptidantiseren gegen die GFV-Proteine E, C und NS1 hergestellt und charakterisiert. Die Antiseren gegen die Proteine C und NS1 weisen in verschiedenen Methoden gute Ergebnisse für eine spezifische Proteindetektion auf. Innerhalb dieser Arbeit konnten diese Seren bereits zur Untersuchung der GFV-Proteinexpression während einer Infektion im Zellkultursystem angewandt werden und erweitern damit die Möglichkeiten in der Forschung. Durch die Sezernierung ins Blut während der frühen Infektionsphase im Menschen stellt das NS1-Protein ein geeignetes Zielprotein für die GFV-Diagnostik dar. Das hier hergestellte NS1-Antiserum ist daher zusätzlich ein vielversprechendes Tool zur Entwicklung neuer diagnostischer Methoden. Die Etablierung eines ELISA-Tests für den spezifischen Nachweis von GFV-Proteinen konnte innerhalb dieser Arbeit nicht abgeschlossen werden. Die bisher erhaltenen Ergebnisse liefern jedoch eine Basis für die zukünftige Weiterentwicklung dieser Methode. Im Rahmen der Entwicklung neuer Methoden zur Untersuchung der GFV-Pathogenese wurde in dieser Arbeit außerdem ein Konzept zur Herstellung fluoreszenzmarkierter GFV-Partikel für eine Anwendung in Lebendzellexperimenten entwickelt. Insgesamt wurden vier gentechnisch veränderte GFV hergestellt, die jeweils eine kurze Peptidsequenz für eine spezifische Fluoreszenzmarkierung in unterschiedlichen Proteinbereichen enthalten. Eines dieser Konstrukte ist in der Lage, infektiöse virale Partikel zu bilden. Die erzielten Ergebnisse bieten eine Grundlage für die Weiterentwicklung und Anwendung dieser neuartigen Methode. Insgesamt erweitert diese Arbeit das Methodenspektrum zur Untersuchung und Diagnostik von Gelbfieberviren.
Despite the availability and effectiveness of the live attenuated vaccine 17D, yellow fever virus (YFV) remains a serious public health problem worldwide. However, due to limited accessibility of sequence data, the possibilities for molecular epidemiological analyses of YFV are still restricted. Within this work, the whole genomes of three YFV vaccine strains and 14 West African wild isolates have been sequenced for the first time, thus increasing the number of published YFV whole genome sequences from 21 to 38. Using this sequence data, the phylogenetic relationships of yellow fever viruses were extensively analyzed, considering vaccine and wild-type strains separately. The analyses of vaccine strains include a comprehensive comparison of YFV sequences, the generation of a phylogenetic tree based on full genome sequences and its comparison with the historical genealogy of YFV vaccines. This investigation responds to the need for a molecular data analysis of vaccine strains, which was addressed during the WHO meeting for the evaluation of yellow fever vaccines in 2009. For the first time the present study enables researchers to relate directly the genealogy of vaccine strains with the corresponding molecular data and provides valuable information for the prospective research on YFV-based vaccines. The investigation of West African YFV isolates includes the analysis of sequence data, the generation of a phylogenetic tree as well as the investigation of biological strain characteristics. The phylogenetic analyses based on full genome sequences support a classification of West African genotypes into six distinct YFV lineages which had been identified previously by partial sequence analyses. Five formerly uncharacterized YFV isolates were integrated into this classification for the first time. Furthermore, this investigation underlines the need for intensified and continuous acquisition of sequence data from YFV wild-type strains, in order to promote future epidemiological and evolutionary biological studies. The replication of the West African YFV lineages (mosquito isolates) has been investigated in human liver cells and insect cells, in comparison to the YFV reference strains Asibi and 17D (human isolates). Overall, the mosquito isolates and the reference strains disclose clear differences regarding their growth behavior in both cell lines, potentially implicating previous cell adaptation. YFV lineage 3 exhibits deviating growth characteristics compared to both groups of YFV strains (mosquito and human isolates). In addition, its protein sequence reveals a conspicuous accumulation of unique mutations which could not be found in other lineages. Against the background that so far this lineage has been the only one which could be isolated in the context of vertical transmission in nature, further characterization of this isolate would be of great interest for the understanding of certain protein functions and vertical transmission. The presented study combines for the first time genetic information with phenotypical characteristics of African YFV wild-type isolates and discusses existing gaps of knowledge in the field of character and ecology of yellow fever viruses. To date, there is still a need for new test systems detecting specific viral proteins for the diagnostics of acute YFV infections as well as for research purposes. For this purpose, polyclonal peptide antisera for the detection of YFV proteins E, C and NS1 were produced and characterized as part of this study. The antisera against the C and NS1 protein showed positive results for the specific detection of the target protein in various tests and were used to investigate the protein expression during YFV infection in cell culture. The usage of these antisera extends the possibilities for research applications. Due to its secretion into the blood during the early stages of infection in humans, the NS1 protein represents a suitable target for YFV diagnostics. Therefore, the NS1 antiserum produced in this study represents a promising tool for the development of novel diagnostic tests. The establishment of an ELISA test for the specific detection of YFV proteins could not be completed during this study. However, the preliminary results provide a basis for further development and application of this method. With the aim to develop new methods for the investigation of YFV pathogenesis, a concept for the construction of fluorescence-labeled YFV particles suitable for live cell experiments has been initiated and developed as part of this study. Overall, four genetically modified YFV constructs were produced, carrying a small peptide sequence for fluorescence labeling at different insertion sites. One YFV construct is able to create infectious viral particles and offers the basic principle for the advancement and application of this novel method. Together, the results of this study enlarge the methodological spectrum for the investigation and diagnostics of yellow fever virus.