Die Amaurosis nach Mittelgesichtsfraktur ist ein seltenes, aber schwerwiegendes Ereignis bei Verletzungen des Gesichtsschädels. Zahlreiche Autoren haben seit Mitte des 19. Jahrhunderts Ursachenforschung betrieben und versucht, therapeutische Ansätze zur Rettung des Visus zu finden. Während heute mehrere Theorien zur Ätiologie bekannt sind und die Diagnostik weitgehend vereinheitlicht ist, sind im Bereich der Therapie Fragen in Bezug auf den Nutzen der einzelnen Behandlungswege offen. Auch die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen bezüglich der Häufigkeit des Auftretens einer Amaurosis divergieren teilweise stark. Ziel dieser retrospektiven Auswertung war es, Häufigkeit, Ursache und Therapie der traumatischen Amaurosis in unserem Patientenkollektiv herauszufinden und die Ergebnisse mit denen der Fachliteratur ins Verhältnis zu setzen. Zwischen 1997 und 2005 wurden 1334 Patienten mit Mittelgesichtsfrakturen in der Klinik für MKG des Unfallkrankenhaus Berlin stationär behandelt. In 16 Fällen lag eine einseitige traumatische Amaurosis vor. Das entspricht einem Anteil von 1,2 %. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 40,25 Jahre, das Verhältnis zwischen Männern und Frauen war 3:1. Bei Einlieferung war der Großteil der Verunfallten intubiert und kontrolliert beatmet. Die meisten Unfälle ereigneten sich im Straßenverkehr in einem KFZ, gefolgt von Unfällen am Arbeitsplatz. Die Diagnose der zentrolateralen Mittelgesichtsfraktur wurde am häufigsten gestellt, Trümmer- und Defektfrakturen sowie isolierte Orbitafrakturen traten seltener auf. Bei den teilweise schwerwiegenden Begleitverletzungen imponierten besonders Schädelhirntraumata, Frakturen der Frontobasis und Kontusionen der Lunge. Alle Patienten erlitten Frakturen der Orbita und des nasoethmoidalen Komplexes. Die Maxilla und das Os zygomaticum waren ebenfalls mehrheitlich betroffen. Ein erster ophthalmologischer Befund konnte bei drei Viertel der Patienten am Unfalltag vorgenommen werden. Bei acht Patienten wurde eine sofortige Amaurosis diagnostiziert, bei zweien eine verzögerte. Viermal war der Erblindungszeitpunkt nicht feststellbar. Zweimal imponierte nach Frakturversorgung eine postoperative Amaurosis. Die Auswertung der Computertomogramme zeigte mehrheitlich eine Fraktur der medialen Orbitawand und des Orbitabodens. Der Canalis opticus war in fünf Fällen betroffen. Die häufigste Ursache der Amaurosis war die traumatische Optikusneuropathie, gefolgt von einer Ruptur des Bulbus oculi. Die Therapie der Amaurosis bestand in der hochdosierten Kortikosteroidgabe, ihrer Kombination mit einer chirurgischen Dekompressionsoperation oder einer konservativen Behandlung. Keine der Therapieformen führte zur Wiederherstellung eines Visus. Die chirurgische Versorgung der Mittelgesichtfrakturen erfolgte hauptsächlich in der zweiten und dritten Woche nach Trauma. Die divergierenden Inzidenzen der Amaurosis in der Literatur lassen sich durch unterschiedliche Studiendesigns und den jeweiligen Entwicklungsstand der Herkunftsländer erklären. In der Epidemiologie und der Ätiologie sind große Übereinstimmungen zu unserer Untersuchung erkennbar. Uneinigkeit wird bei der Anwendung der hochdosierten Kortikosteroidtherapie deutlich. Nur künftige prospektive Studien mit ausreichend großen Patientenkollektiven vermögen die offenen Fragen im therapeutischen Vorgehen bei traumatischer Amaurosis nach Mittelgesichtsfraktur zu klären.
Suffering from amaurosis after midfacial fracture is a rare but serious incident. Many authors have tried to find evidences and therapeutical hints to save visual accuity. While aetiology is known and diagnostical procedures are standardized, there are still questions unanswered concerning the benefit of different treatment options. Also the results of various studies differ a lot. The aim of this retrospective survey was to work out frequency of amaurosis, causes and therapeutical consequences and to compare these results to other studies. Between 1997 and 2005, 1334 patients with midfacial fractures were treated in the Klinik für MKG des Unfallkrankenhaus Berlin. The diagnosis of a traumatic amaurosis in one eye was made in 16 cases (1,2 %). The average age of the patients was 40,25 years, the gender ratio between men and women was 3:1. At admission to hospital the majority of patients were intubated and given artificial respiration. Motor vehicle accident was the most common aethiology, followed by accident at work. Midfacial fracture of the central and lateral face was the most frequent diagnosis, complex defect fractures and isolated orbital fractures occurred less often. Associated injuries were traumatic brain injury, fractures of the frontal skull base and lung contusion. All patients sustained fractures of the orbital cavity and the nasoethmoidal complex. Maxilla and zygomatic bone were also affected in most cases. First ophthalmological findings could be raised at day of accident in 75% of all patients. An immediate amaurosis was diagnosed eight times, a delayed amaurosis twice. In four cases, the moment of losing vision was not ascertainable. A post-operative blindness was diagnosed twice. The evaluation of CT scans showed a majority of fractures of the medial orbital wall and the orbital floor. The canalis opticus was fractured in five cases. The most frequent cause for blindness was a traumatic optic neuropathy followed by a ruptured globe. The therapy of traumatic amaurosis consisted of administrating high dose corticosteroids, a combination with surgical decompression or a nonsurgical treatment. No success could be documented restoring visual accuity. The surgical maintenance of the midfacial fractures was carried out mainly in the second or third week after trauma. The divergent incidences of traumatic amaurosis given in literature can be explained by various designs of the studies and disparities in the level of development in each country. Accordance to our survey can be found in epidemiology and aethiology of amaurosis. Disagreement is notable regarding the benefit of treatment with high dose corticosteroids. Only prospective studies including a large amount of patients will be capable to answer the unsolved questions of therapeutical proceeding of amaurosis after midfacial fracture.