The paper introduces a hitherto unknown poem on Scotist philosophy, the Musarum Parnassi Plausus ad mentem subtilis Ioanni Duns Scoti, written in 1689 by a Franciscan student of philosophy in the Grand Duchy of Lithuania. This peculiar text of approximately 500 Latin hexameters can only be understood properly in the light of the European tradition of Latin didactic poetry that stretched from antiquity to the early modern period. The present study primarily focuses on the specific communicative function that is a unifying aspect of the selected poems dating from the Middle Ages to early modernity. Besides the eternal question concerning the relationship between form and content, didactic poetry often puzzles the reader with its multi-layered meanings when the discussion of a particular subject is only a pretence to transmit specific worldviews of political or institutional significance. The selected texts are thus analysed in their academic and/or social context that illustrates the authors’ involvement in the establishment or rejection of contemporary scientific, religious or philosophical believes. Finally, the socio-political situation of Franciscans in seventeenth-century Vilnius will illuminate not only the order’s motivations of writing a didactic poem on Scotist doctrine but also furnish the reasons why the text was subsequently forgotten.
View lessDas vorliegende Working Paper ist der ‚Aktualitätsepik‘ im Frankreich der Religionskriege gewidmet. Dabei handelt es sich um Epen in französischer und lateinischer Sprache, die eine aus ihrer Sicht zeithistorische Thematik verarbeiten. Die Forschungsliteratur betrachtete die Aktualitätsepik gemeinhin als ein ästhetisch minderwertiges und literarhistorisch unbedeutendes Phänomen, das grundlegenden Konventionen der Gattung zuwiderlaufen würde. Das Working Paper zeigt demgegenüber die Virulenz und Persistenz dieses Phänomens auf, indem erstens der Forschungsdiskurs auf seine modernistischen Grundannahmen (Epos ≠ Aktualität/Moderne) hin überprüft und kritisch hinterfragt wird, zweitens auf die seit der Antike wirkmächtige Tradition von Epen mit (zeit-)historischer Thematik eingegangen wird und drittens die Aktualitätsepik im Frankreich der Religionskriege konkret in den Blick genommen wird. In diesem Zusammenhang interessieren besonders Strategien der Episierung vor dem Hintergrund diverser Modelltexte der Gattungstradition sowie die multitemporale Vielschichtigkeit und die ideologische Funktionalisierung des epischen Formulariums bei den französischen Epikern.
View lessThis Working Paper analyzes the literary and art historical choices made by Marco Boschini (1602–1681) in Carta del Navegar Pitoresco (Venice, 1660). It places the author and his work in the cultural context of the two eminent Venetian learned academies with which he was affiliated, namely the Accademia Delfica and the Accademia de’ Incogniti. A painter, engraver, cartographer, and producer of glass pearls, Boschini embodied the hybrid intellectual culture associated with such institutions in seventeenth-century Italy. Among other things, this culture was reflected in his decision to write the Carta in the Venetian vernacular and to engage with disciplines such as literature and alchemy. The work therefore provides an ideal vehicle for investigating the influence of learned academies on early modern intellectual culture.
View lessDas Teilprojekt 01 der Forschergruppe Diskursivierungen von Neuem rekonstruiert die konkurrierenden Neuerungsansprüche im Minnediskurs des deutschsprachigen Mittelalters. Michel Beheim galt bereits seinen Zeitgenossen im 15. Jahrhundert als eine Art Übergangsfigur: Er gab die Profession als Weber auf und stellte sich als Hofsänger in den Dienst verschiedener Herrscher. Beheim inszenierte sich als nachmaister berühmter hochmittelalterlicher Sänger, beanspruchte für sich eine ‚neue‘ Meisterschaft und kritisierte insbesondere die städtischen Meistersänger scharf. Das vorliegende Working Paper 15 behandelt die spannungsreichen Neuerungsdynamiken bei Michel Beheim in drei Untersuchungsfeldern: Erstens zeichnen sich seine Textfakturen durch Gattungshybridisierungen und Diskursinterferenzen aus. Er durchsetzt seine Lieder zweitens mit texttheoretischen Reflexionen und einer Selbstinszenierung, in welcher er die Rezipienten mit performativen Selbstwidersprüchen konfrontiert. Drittens strebt Beheim eine geschlossene Werkkonstitution an und sichert seine Lieder durch die selbst vorgenommene Tradierung. Ziel ist, die Dynamik von ‚alt‘ versus ‚neu‘ bei Beheim für die genannten Beobachtungsfelder hinweg zu beschreiben und in einer überlieferungsbezogenen, poetologischen und textpragmatischen Argumentation zusammenzuführen.
View lessDas Teilprojekt 05 der FOR 2305 (Canto l’arme pietose. Hybridisierungen von ‚alt‘ und ‚neu‘ in Epos und Epostheorie des Secondo Cinquecento), möchte gängige hermeneutische Purifikationen poetischer Dynamiken, welche z.B. das Verhältnis von romanzo und poema oder von ‚Humanismus‘ und ‚Gegenreformation‘ betreffen, einer Revision unterziehen. Mit Fokus auf Torquato Tasso soll gefragt werden, ob sich in den betreffenden Zusammenhängen anstelle von Dichotomien nicht auch Hybridisierungen beobachten lassen. Die zentrale These des Teilprojekts lautet, dass ‚alte’ und ‚neue’ Diskurse bei Tasso in einem Spannungsverhältnis von Rückversicherung und Traditionsbruch nicht nur miteinander konkurrieren, sondern dass sie sich mit dem Ziel einer umfassenden Integration gegenseitig durchdringen. Dieser Ansatz ist auf der Abschlusstagung der FOR („Multitemporalitäten, Heterochronien, novantiquitates“) am 4. und 5. April 2019 mit einem auswärtigen Respondenten, Federico Di Santo, diskutiert worden. Das vorliegende Working Paper gibt den betreffenden Austausch wider; wesentliche Bereiche sind die Beziehung von romanzo, poema und epopeia sowie die Anwendbarkeit der Hybridisierungs-Kategorie, vor allem mit Blick auf Tassos Darstellung von pagani und cristiani.
View lessIn diesem Working Paper soll gezeigt werden, dass William Shakespeares Tempest die Genese des Shakespeareschen Modells literarischer Autorschaft auf die Bühne bringt, indem die Konstruktion verschiedener Geschichten ausstellt wird, mit deren Hilfe das dynastische-soziale und das ästhetisch Neue in fortschrittsteleologische Erzählungen eingepasst werden. Solche Novationsgeschichten schließen auch Shakespeares Autorschaftsmodell selbst ein, das sich – unter nur scheinbarer Auslassung des Mittelalters – direkt von der Antike in die ‚Gegenwart‘ herleitet. Dabei unterlaufen die direkten Bezugnahmen auf Fragen der Zeit und die sich in Gattungssignaturen manifestierenden zeitliche Setzungen allerdings die ständig ausgestellte ‚chronologische‘ Neuheit. Das Stück stellt fortschrittsteleologische Geschichtsschreibung vor allem dadurch in Frage, dass es chronologisch-lineare Zeitverläufe lediglich über die Auflösung und Hybridisierung von Zeitlichkeiten konstruiert. Im Tempest sind es gerade die mit dem Mittelalter assoziierten Figuren, die das Projekt der Chronologie implodieren lassen; und dies in einer Weise, die zeigt, dass Chronologien und Teleologien paradoxerweise nur über ihre Dekonstruktion herzustellen sind.
View lessZiel des Teilprojekts 04 der Forschungsgruppe Diskursivierungen von Neuem ist es zu zeigen, dass es in der italienischen Kunstliteratur der Frühen Neuzeit plurale Denk- und Argumentationsfiguren für ‚das Neue‘ und die Relationierung von Vergangenheit und Gegenwart in den Künsten gab, die in ihrer Diversität bislang erst in Ansätzen wahrgenommen wurden. Während bezüglich der Konstruktion des Vergangenen und der auf ihr basierenden Entwürfe des Gegenwärtigen in der Forschung Giorgio Vasaris Kunstgeschichtskonstrukt große Aufmerksamkeit erhielt, das die Entwicklung ‚der Kunst‘ vom ausgehenden Mittelalter bis zur Hochrenaissance auf der Basis normativ gesetzter Kategorien als lineare Fortschrittsgeschichte bestimmt hat, geht es in diesem Projekt um die zeitgenössischen Antworten darauf, d.h. im Prinzip um die historische Dekonstruktion des progressiven Geschichtsmodells Vasaris in der venezianischen Kunsttheorie. Wie im vorliegenden Working Paper ausgeführt wird, betreibt diese im 16. Jahrhundert besonders reflektiert Lodovico Dolce in seinem Dialogo della pittura von 1557. Er setzt explizit die Pluralität, Relativität und Subjektivität im Urteil gegen den emphatischen Wahrheitsanspruch Vasaris. Indem er darüber hinaus das diskursive Potential der Gattung des Dialogs kalkuliert gegen die lineare und monologische Argumentation Vasaris in der Gattung des Traktats ausspielt, führt er die Vielfalt der künstlerischen Möglichkeiten wie auch des ‚Neuen‘ den Leser*innen regelrecht vor Augen.
View lessUngefähr in der Mitte des 17. Jahrhunderts ereignet sich im wissenschaftlichen Weltbild ein paradigmatischer Umschwung in der Auffassung über die Intelligenz der Tiere. Die aristotelische Lehrmeinung über die anima sensitiva, die den nicht vernunftbegabten Lebewesen innewohnt, wird durch mechanistische Vorstellungen eines bloß materiellen spiritus und insbesondere durch die cartesianische Philosophie angefochten. In den heiß geführten Debatten der Zeit spielt die Poesie und besonders das Lehrgedicht eine besondere Rolle: es liefert schon seit der Antike exempla der animalischen Verstandesleistungen, die als Beweise für die Beseeltheit der Tiere angeführt werden. Hierbei treffen nicht nur zwei Weltanschauungen, die hylemorphistische und die mechanistische, aufeinander, sondern auch zwei Arten der Beweisführung: die eine konzentriert sich auf die nüchterne Beschreibung der anatomisch-mechanischen Prozesse, die andere erzählt das von menschenähnlichen Emotionen und Motiven geprägte Leben und Handeln der Tiere. Das vorliegende Working Paper verfolgt die Spur dieser Debatte in frühneuzeitlicher Jagd- und Lehrdichtung, die ihre Beweiskraft zur Verteidigung der animalischen Intelligenz aus einer bis in die Antike reichenden Tradition der Tierbeschreibungen schöpft. Es beleuchtet die Bedeutung der ‚alten‘ literarischen Gattung in Bezug auf eine ‚neue‘ wissenschaftliche Problemstellung und verdeutlicht, vor welche Schwierigkeiten die Beschränkung der Wissenschaftssprache auf einen immer unpersönlicheren und sachlicheren Duktus die wissenschaftliche Dichtung stellte.
View lessDas Working Paper setzt sich kritisch mit der in der Forschungsliteratur zur novela bizantina des Siglo de Oro vielfach vertretenen Auffassung auseinander, diese sei nichts anderes als eine Rekombination vorgängig codifizierter Elemente. Vor dem Hintergrund einer kommunikationsorientierten Gattungstheorie, wie sie im Anschluss an Michail Bachtin v.a. in den Rhetorical Genre Studies vertreten wird, stellt sich allerdings die Frage nach der kommunikativen Leistungsfähigkeit eines Textes, dessen generische Identität unklar ist. Diese Frage stellt sich umso dringlicher, als auf der Ebene der impliziten wie expliziten Poetik im Siglo de Oro ein ausgeprägtes Gattungsbewusstsein zu beobachten ist. Vor diesem Hintergrund skizziert das Working Paper Affektregimes, die mit den unterschiedlichen Gattungen jeweils in Verbindung gebracht wurden und führt so den Nachweis, dass und wie die drei Prosalanggattungen, die im Siglo de Oro die Interaktion von Oberschichten in einem unironischen Sinn verhandeln, die libros de caballerías, die libros de pastores und die novela bizantina, als distinkt wahrgenommen wurden. Dabei kommt es nicht darauf an, Gattungen als unverbrüchliche und streng umgrenzte Entitäten zu konturieren und schon gar nicht als transhistorische Konstanten, im Gegenteil: vielmehr bemisst sich in unserer Lesart die kommunikative Wirksamkeit von Gattungen nicht an ihren isolierbaren Elementen oder absoluten Eigenschaften, sondern an ihrem relationalen Profil im Gattungsgefüge der Zeit und ihrer daraus resultierenden je spezifischen Anschlussfähigkeit.
View lessDas vorliegende Working Paper untersucht transhistorische Filiationen aktualitätsepischen Schreibens von der Antike bis in die Frühe Neuzeit. Ausgehend von purifizierend vereinfachenden Grundannahmen der Moderne, die das Epos allein auf ideologiestabilisierende Narrative einer mythhistorischen Vorzeit beschränken (z.B. Bachtin), sollen hier zum einen die seit der Antike bestehende und in ihrer Quantität bedeutsame Tradition von zeithistorischer Epik und zum anderen anhand ausgewählter Epen, insbesondere aus dem italienischen Quattrocento und der französischen Renaissance, die zuweilen sehr produktive Spannung zwischen ‚alter‘ literarischer Gattung und ‚neuem‘ historischen Stoff aufgezeigt werden. Das Working Paper erweitert damit die Perspektive des Teilprojekts 03 („Die Pistole des Mars“) im Hinblick auf andere zeitliche und räumliche Kontexte. Die exemplarischen Studien sollen zeigen, dass der Rekurs auf die epische(n) Gattungstradition(en) keineswegs einheitlich ist, sondern äußerst heterogen ausfällt. Neben dem vergilischen Paradigma eines herrschaftspanegyrischen, teleologischen Großnarrativs mit einer theologisch-heilsgeschichtlichen Komponente (Tito Strozzi, Borsias), lässt sich ebenso aufgrund des zunehmenden Interesses an der griechischen Literatur im 15. Jahrhundert eine Homerisierung der Epik feststellen (Basinio da Parma, Hesperis). Die Epik Frankreichs rezipiert zudem die Ritterstoffe des Mittelalters und koppelt diese mit den antiken Mustern (Sébastien Garnier, Henriade). Schließlich bildet die Bürgerkriegsepik Lucans einen virulenten Bezugspunkt in der Verarbeitung des französischen Konfessionskonflikts (Paulus Thomas, Lutetias).
View lessZiel von Teilprojekt 02 der Forschergruppe Diskursivierungen von Neuem ist die Rekonstruktion konkurrierender Neuerungsansprüche, wie sie gerade im mittelalterlichen Liebesdiskurs in komplexer Verschränkung auftreten und über implizite (allusive, metaphorische, ironische, textperformative) wie explizite Formen der Diskursivierung im Spätmittelalter auch auf andere Text-, Gattungs- und Wissenstraditionen ausstrahlen. Angestrebt ist für das semantisch und epistemisch hochgradig integrative Minnethema ein komparatistisch orientierter Ansatz, der das für die mittelalterliche Epik bereits reich traktierte Forschungsfeld der ‚Retextualisierung’ auf die Lyrik – ihre spezifischen medialen, poetologischen und performativen Bedingungen – überträgt und modifiziert. Der eine Untersuchungsbereich gilt im Kern Walther von der Vogelweide im Kontext deutsch-lateinischer Interferenzen (‚Walther im Kontext’), der andere Autoren des Spätmittelalters aus volkssprachig- lateinischen Mischmilieus. Auf der Basis paradigmatischer Textreihen wird eine genuin lyrische Poetik des niuwen entworfen, vor dem Hintergrund je verschieden (asynchron oder asymmetrisch) reflektierter Formsemantiken, Gattungstraditionen und Wissensdiskurse. Besonderen Aufschluß – so eine Hypothese des Projekts – versprechen dabei performativ selbstwidersprüchliche Prozesse, in denen Novation ausdrücklich in Frage gestellt und doch produziert (oder umgekehrt: programmatisch beschworen und unterlaufen) wird. Dieser Spannung zwischen Neuerungsprogramm und Neuerungspraxis widmet sich das vorliegende Working Paper am Beispiel von Dichtertotenklagen, die eine besonders prägnante Möglichkeit darstellen, implizit und explizit wechselnde Temporalitäten und Axiologien von Novation zu verschränken.
View lessDas Teilprojekt 03 „Die Pistole des Mars. Zeithistorische Novität und episches Formularium im Frankreich der Frühen Neuzeit“ bearbeitet ein Corpus von epischen Texten französischer und lateinischer Sprache aus dem späten 16. und dem 17. Jahrhundert, die allesamt einerseits auf Darstellungsmodi der klassisch-antikischen Epik zurückgreifen, andererseits aber Themen der unmittelbaren Zeitgeschichte behandeln: Sie vertexten realhistorische Begebenheiten, die zum Zeitpunkt der Textproduktion höchstens einhundert Jahre vergangen sind, manchmal jedoch nur wenige Monate (‚Aktualitätsepik‘). Diese aktualitätsbezogenen Texte nehmen eine genetisch ‚alte‘ Form für die poetische Vermittlung einer historisch ganz ‚neuen‘ Thematik in Dienst, wodurch die Form transformiert wird und mit heterogenen Elementen eine hybride Konfiguration bildet, die dem Aktualitätsbezug zuarbeiten soll. Das vorliegende Working Paper bietet in einem ersten Problemaufriss eine Zusammenschau zentraler Probleme der gattungshaften Definition der Aktualitätsepik, skizziert die Gattungstraditionen, auf die sie rekurriert, und verdeutlicht die somit umrissene Problemlage durch eine Analyse von vier exemplarisch ausgewählten aktualitätsepischen Texten.
View lessDas vorliegende Working Paper untersucht den historischen Kontext poetologischer Theoriebildung zur Gattung Epos im 16. Jahrhundert und zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Dabei wird der Versuch unternommen, das in diesem Zeitraum poetologisch Denkbare und Gesagte aufzuarbeiten, soweit es bezüglich der Abfassung von epischen Texten mit zeithistorischer Thematik von Bedeutung ist. Es zeigt sich, dass aktualitätsepische Texte in einem zeitgenössischen Diskursumfeld entstehen, das die Möglichkeiten der epischen Gattung, historische Wirklichkeitsreferenzen aufzubauen, außerordentlich eingehend reflektiert hat, wobei traditionelle poetologische Positionen oft bedeutsamer sind als der ‚neue‘ Aristotelismus.
View lessSeit Jahrzehnten wird die Brauchbarkeit von Epochenbegriffen immer wieder infrage gestellt, ohne dass in der Praxis (literatur-)wissenschaftlicher Arbeit auf sie verzichtet würde. So erscheinen sie auch im Titel der Forschergruppe und in Titeln von Einzelprojekten. Betrachtet man die Kritik an den Epochenbegriffen etwas näher, ergibt sich, dass in der Regel nicht Epochisierungen generell, sondern spezifische ‚Einschnitte‘ wie derjenige um 1500 infrage gestellt werden. Daneben gibt es unterschiedliche Begründungen für die prinzipielle Unhintergehbarkeit von Epochisierungen. Das Working Paper stellt einige dieser Begründungen aus unterschiedlichen Disziplinen zusammen und leitet daraus ab, dass es nicht um einen Verzicht auf Epochisierungen gehen kann, sondern darum, wie diese zu konstruieren sind, um kritischen Einwänden zu begegnen.
View lessMit seinem höfischen Roman „Troilus and Criseyde“ und seiner Traumvision „The House of Fame“ präsentiert der spätmittelalterliche englische Dichter Geoffrey Chaucer zwei Erzählungen über den trojanischen Krieg. In diesen wird, wie in der mittelalterlichen Trojatradition allgemein, die Verhandlung des Neuen vor dem Hintergrund einer langen und in sich oft widersprüchlichen Rezeptionsgeschichte betont. In diesem Aufsatz soll gezeigt werden, dass sich die Modellierung von „Neuem“ in diesen Texten als eine Übereinanderlagerung verschiedener Zeitlichkeiten begreifen lässt. „Troilus and Criseyde” führt eine Poetik vor, die im „House of Fame“ meta-poetisch expliziert wird. Literarische Novation ist demnach ein Prozess, der mit der imaginären Vervielfältigung von Bildern beginnt, die - jeweils aus ihren zeitlichen und thematischen Zusammenhängen herausgelöst - zu sich widerstrebenden Traditionen verdichtet werden (Latours „Purifikation“) und dann diejenigen Hybridisierungen vorgängiger Zeitlichkeiten ermöglichen, die als Novation zu fassen sind.
View lessGiovan Battista Marino ist ein Dichter, der seine Geltung in hohem Maße aus dem Anspruch auf ‚Neuheit‘ bezieht. Das vorliegende Working Paper Nr. 5 möchte zeigen, wie Marinos Prinzip poetischer Novation an wesentliche Grundsätze frühneuzeitlicher Nachahmungslehren anschließt und diese gleichzeitig sprengt, ohne freilich im modernen Sinn ‚innovativ‘ zu sein. Damit bestätigt das Paper die theoretischen Grundannahmen der FOR auch in Hinblick auf den literarhistorischen ‚Sonderfall‘ Marino und skizziert eine konsequente historische Verlängerung der im TP 05 behandelten Problemzusammenhänge („…canto l’arme pietose. Hybridisierungen von ‚alt‘ und ‚neu‘ in Epos und Epostheorie des Secondo Cinquecento) . Systematisch wird deutlich, dass die für TP und FOR zentral gestellten Beschreibungsmetaphern der ‚Hybride‘ und der ‚Hybridisierung‘ die Entstehungsvoraussetzungen der marinistischen Poetik erklären. Zugleich soll vorgeschlagen werden, die ‚Hybridisierung‘ als Grundfigur nachahmungspoetischer ‚alt‘-‚neu‘-Verschränkungen im Fall Marinos um den Begriff des ‚Amalgams‘ als Beschreibungskategorie zu flankieren, da Marino die Nachahmungsregeln des ausgehenden 16. Jahrhunderts auf singuläre Weise radikalisiert: Bei Marino sollen nämlich die im dichterischen Werk aktualisierten vorgängigen Textbestände – anders als bei Tasso, der seine unterschiedlichen Bezüge miteinander überblendet und in der Hybride als sinnstiftende Referenzsysteme noch erkennbar hält – in ihrer Rekombination zur völligen Unkenntlichkeit miteinander vermengt – ‚amalgamiert‘ – werden.
View lessIm Sommer 2016 hat der aus acht Teilprojekten der Freien Universität Berlin, der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Zürich (siehe Anhang) bestehende Verbund der DFG-Forschergruppe 2305 „Diskursivierungen von Neuem. Tradition und Novation in Texten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit“ für zunächst drei Jahre seine Arbeit aufgenommen. Wichtige Aspekte und Fragestellungen sollen in der hiermit eröffneten Reihe der Working Papers des Verbundes dargestellt werden. Das vorliegende Working Paper Nr. 1 möchte die grundsätzliche Problematik skizzieren, die gemäß dem bei der DFG erfolgreich eingereichten Verbundantrag den Ausgangspunkt der gemeinsamen Arbeit bildet, und es möchte in Grundzügen die Struktur und das Arbeitsprogramm der gesamten Gruppe vorstellen. Das Paper basiert auf dem von den Mitgliedern des Verbunds gemeinsam ausformulierten Rahmentext des FOR-Antrags.
View lessDas Teilprojekt 05 der Forschergruppe Diskursivierungen von Neuem behandelt das Verhältnis von ‚alt‘ und ‚neu‘ in Epos und Epostheorie des Secondo Cinquecento. Im Mittelpunkt des Frageinteresses steht Torquato Tassos poema eroico, die 1581 erschienene Gerusalemme liberata. Tassos poema setzt sich vom ‚alten‘ romanzo cavalleresco ab, indem es sich vor allem an dem zeitgenössisch ‚neueren‘ aristotelischen Klassizismus und an gegenreformatorischen Regelsystemen ausrichtet. Dabei kommt es, so die Grundannahme des Teilprojekts, nicht nur zu Versuchen, z.B. Formen ‚älterer‘ varietas mitzuführen und in das neue Gattungsmodell zu integrieren, sondern zu wesentlich weiter reichenden Hybridsierungen: Tasso sortiert die einschlägigen Bezugssysteme nicht antinomisch – etwa in dem Sinne, dass sein poema im Ergebnis entweder ‚gegenreformatorisch‘ oder ‚humanistisch‘ wäre –, sondern amalgamiert sie dergestalt, dass sein Epos gleichsam in between diverser Diskursregeln einen ‚neuen‘, hybriden Fiktionsraum eröffnet. Das vorliegende Working Paper Nr. 2 möchte diesen Problemzusammenhang skizzenhaft anreißen und das geplante Vorgehen im Ansatz anschaulich machen.
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