Zielsetzung: Die Anfangsphase der Knochenheilung wird durch immunlogische Prozesse maßgeblich beeinflusst. Ziel dieser Arbeit war, zu ermitteln, wie die Abwesenheit von Lymphozyten die Frakturheilung beeinflusst. Lymphozyten spielen eine Schlüsselrolle bei der Modulation der inflammatorischen Reaktion einer Fraktur. Die Hypothese hierbei war, dass diese Reaktion essentiell für die Initialisierung einer Frakturheilung ist und, dass die Frakturheilung bei Abwesenheit von Lymphozyten gestört sein würde. Methoden: Es wurden 8-Wochen alten Wildtyp- und RAG-1(-/-)-Mäusen (C57/Bl6) Dreipunkt-Biege-Frakturen zugefügt. Ein Knock-Out des RAG-1-Gens führt zum vollständigen Fehlen von Lymphozyten. Die Mäuse wurden an Tag 7, 14, 21 und 28 nach der Operation getötet. Anschließend wurden die Knochen mit dem μCT gescannt und einer biomechanischen Testung unterzogen. Die Gruppengröße betrug jeweils 8 Tiere. Für die statistische Auswertung wurde ein Mann-Whitney U-Test verwendet. Ergebnisse: In der biomechanischen Testung stellte sich ein signifikant höheres Torsionsmoment zum Zeitpunkt 14 Tage (77% vs. 60% [median], p=0,01) und 21 Tage nach Fraktur (105% vs. 87%, p=0,007) in der RAG-1(-/-)-Gruppe dar. Im μCT zeigte sich an Tag 28 ein signifikant höherer Knochenanteil (BV/TV) in der RAG-1(-/-)- Gruppe (41% vs. 30%, p=0,02). Ebenso zeigte sich eine signifikant höhere knöcherne Mineralisierungsdichte im Kallus (BMD) der RAG-1(-/-)-Gruppe an Tag 7 (361 vs. 322 [mgHA/cm³], p=0,02) und Tag 28 (417 vs. 321 [mgHA/cm³], p=0,02). Schlussfolgerung: Ohne reife Lymphozyten im Organismus erreicht der Kallus früher mechanische Stabilität. Die Ergebnisse der Studie zeigen somit einen unerwarteten Effekt der Lymphozyten auf die Frakturheilung. Durch den Knock-Out des RAG-1- Gens wird die Heilung überraschenderweise beschleunigt und verbessert. In der frühen und späten Phase der Knochenheilung sind die lymphozytendefizienten Tiere in der Lage, den Kallus stärker zu mineralisieren. Damit ist bewiesen, dass das adaptive Immunsystem die Heilung negativ beeinflusst. Es sind weitere Untersuchungen nötig, um die genauen Prozesse hier zu verstehen. Die Aufgabe der Zukunft ist es, die Immunantwort der Knochenheilung so zu modulieren, dass eine optimale Heilung stattfinden kann und negative und schädliche immunlogische Einflüsse auf die Heilung identifiziert werden können.
Introduction: The initial phase of bone healing is dominated by immunological processes. The aim of this study was to determine, how the absence of lymphocytes influences fracture healing. The inflammatory reaction, which occurs after a fracture, strongly influences bone healing. The hypothesis was that because of the reduced inflammatory reaction, the healing will be delayed. Methods: Complete absence of the adaptive immune system was modelled by using RAG-1 (recombination activating gene 1) knockout mice lacking mature B and T lymphocytes. A standard closed 3 point bending femoral fracture was created in 8 weeks old wildtype (WT) and RAG-1 knockout (RAG-1(-/-)) mice. For μCT analysis and biomechanical testing, animals were sacrificed after 7, 14, 21 and 28 days (N=8/time point). Statistical comparisons between the groups were performed using the Mann-Whitney U-test. Results: Biomechanical testing demonstrated a significantly higher torsional moment at day 14 (77% vs. 60% [median], p=0.01) and day 21 (105% vs. 87%, p=0.007) in the RAG-1(-/-) group in comparison to the WT group. μCT evaluation of RAG-1 specimens showed at day 28 a higher bone volume fraction of the callus (BV/TV) in the RAG-1(-/-) group in comparison to the WT group (41% vs. 30%, p=0.02). A significantly higher bone mineral density was also shown at day 7 (361 vs. 322 [mgHA/cm³], p=0.02) and 28 (417 vs. 321 [mgHA/cm³], p=0.02). Conclusion: The results of the study show an unexpected influence of lymphocytes on fracture healing. Contradictory to the original thesis, lymphocytes impair fracture healing. The knockout of the RAG-1 gene shows a positive effect on fracture healing. Without mature lymphocytes the callus reaches earlier mechanical stability. In the early and late phase of bone healing, the lymphocyte deficient mice show a higher osteogenic potential. This proves that although the two animals do not differ phenotypically, the adaptive immune system influences bone healing negatively. Further studies are required to elucidate the exact processes. The aim of the future will be to modulate the immune response according to our findings and to optimize fracture healing with the minimization of the noxious effects of the immune system.