Der Malmaquifer im Süddeutschen Molassebecken ist aufgrund von Grundwassertemperaturen von über 100 °C und einer vergleichsweise hohen Wasserführung einer der bedeutendsten Thermalwasserhorizonte in Mitteleuropa. Die vorliegende Dissertation behandelt die hydraulische und hydrogeochemische Charakterisierung des Aquifers im Hinblick auf eine Verringerung des Fündigkeitsrisikos geothermischer Bohrungen. Ziel dieser Arbeit ist das Studium der Prozesse, welche die Grundwasserdynamik sowie den Stofftransport im tiefen Untergrund der Molasse steuern, um daraus Aussagen zur Wasserführung des Gesteinsverbandes und der Qualität des Thermalwassers ableiten zu können. Im Rahmen einer ersten Studie werden Hydrochemie und Genese des Thermalwassers auf Basis von Analysen aus 140 Bohrungen untersucht. Anhand der Hauptinhaltsstoffe können 6 Wassertypen ausgewiesen werden, welche es ermöglichen, die hydrochemische Evolution der Malmwässer nachzuvollziehen. Südlich der Grundwasserneubildungsgebiete in der Schwäbischen und Fränkischen Alb sind gering mineralisierte Ca-(Mg)-HCO3-Wässer anzutreffen. Ihre δ18O- und δ2H-Isotopensignaturen weisen auf eine Neubildung unter rezenten Klimabedingungen hin. In Richtung Süden mischen sich diese Wässer mit infiltrierenden Ionenaustauschwässern aus dem Tertiär zu Na-Ca-Mg- HCO3-Wässern. Mit zunehmender Tiefenlage steigt durch den Eintrag von Na-Cl- Wässern aus dem Hangenden allmählich die Gesamtmineralisation an. Die Zusickerung ist aber im Vergleich zum Wasserumsatz im Malm gering, weshalb auch in großen Tiefen unterhalb der salinaren Tertiärabfolgen überwiegend Süßwässer des Na-Ca-HCO3-Cl-Typs angetroffen werden, deren Isotopensignaturen auf eine Neubildung unter kälteren Klimabedingungen hindeuten. Das Kristallin des Landshut-Neuöttinger Hochs stellt nicht nur hydraulisch eine Barriere dar, sondern fungiert auch hydrochemisch als Grenze zu den Na-HCO3-Cl-Wässsern des Niederbayerischen Beckens. Im nordöstlichen Becken lässt sich eine vierte Gruppe (Na-Cl-HCO3) von Wässern ausweisen, deren Hydrochemie durch einen Zustrom von Tiefenwässern aus dem Kristallin des Bayerischen Waldes geprägt ist. Eine Sonderstellung nehmen die hoch mineralisierten Wässer im südwestlichen Becken ein. Es handelt sich hierbei um Na-Cl-HCO3-Wässer mit zum Teil erhöhten Kohlenwasserstoff-Anteilen, deren Herkunft nicht eindeutig geklärt werden kann. Die Eignung der Wässer für eine geothermische Nutzung wird anhand einer exemplarischen Modellierung der hydrochemischen Prozesse in einer geothermischen Dublette aufgezeigt. Korrosion und Scaling werden im Malmaquifer maßgeblich durch die Schwefelwasserstoffkonzentrationen sowie die Druck- und Temperaturbedingungen innerhalb der Anlage gesteuert. Im zweiten Teil dieser Arbeit wird der Einfluss der Lithofazies auf die Ergiebigkeit der Bohrung Moosburg SC4 untersucht, welche im Jahr 1990 auf eine Endteufe von 1585,20 m niedergebracht wurde. Das Purbeck (M = 134 m) und der Malm (M = 453 m) wurden hierbei durchgehend gekernt. Die fazielle Entwicklung wird anhand von 31 Dünnschliffen von der Basis des Malm bis zur Unterkreide beschrieben. Der Schwerpunkt liegt auf dem tafelbankigen Dolomit des Malm Delta bis Zeta 2, der im Vergleich zu Aufschlüssen in der Nördlichen und Südlichen Frankenalb diskutiert wird. Die Größe und Morphologie der verschiedenen Dolomit-Typen sowie die Gesamtporosität (18 Proben) und die Luft-Permeabilität (Hasslerzelle; 36 Plugs) werden ermittelt. Die Mächtigkeiten der nutzbaren Einheiten mit wechselnden petrophysikalischen Eigenschaften betragen etwa 106 m für den Malm Delta und Epsilon, 37 m innerhalb des Malm Zeta 1 und 61 m innerhalb des Malm Zeta 2. Die ermittelten Porositäten bewegen sich zwischen << 1 % und 17,1 %. Die Permeabilitäten sind durch Interkristallinporen zwischen den Dolomitkristallen bedingt (Matrixpermeabilität) und streuen von 0,03 mD bis zu 63 mD. Größe, Morphologie und Verzahnung der Dolomitkristalle steuern die Permeabilität. Im Malm Delta-Epsilon weisen Dolomite fein-, mittel- bis grobkristalline, hypidiomorphe und idiomorphe Kristalle (bis 300 µm) und Permeabilitäten von bis zu 63 mD auf. In den Einheiten mit höherem Anteil an Nichtkarbonaten (Tone; höheres Gamma-Log) sind dagegen überwiegend xenomorphe bis hypidiomorphe Dolomitkristalle bis 100 µm Größe anzutreffen, und die Permeabilitäten liegen im Bereich von 0,03 bis 0,26 mD. Sehr poröse Zonen (bis 17,1 %) im Malm Zeta 1 bestehen aus idiomorphen Kristallen (20-70 µm), die ein loses Kristallgefüge bilden und eine vergleichsweise hohe Permeabilität (6,5 und 46 mD) aufweisen. Basierend auf den ermittelten Permeabilitäten von 0,03 mD bis 63 mD berechnen sich unter Reservoirbedingungen (Temp. = 77 °C; c = 650 mg/l) in der Bohrung Moosburg SC4 „Matrixproduktivitäten“ von ca. 8e-6 bis 1,6e-2 l/(s•bar) für eine 1 m lange Bohrlochstrecke im Bereich der tafelbankigen Dolomite. Hypothetisch lässt sich aus der maximalen Matrixproduktivität bezogen auf die gesamte Mächtigkeit der dolomitischen Einheiten von 236 m ein Matrixproduktivitätsindex von 3,8 l/(s•bar) berechnen. Vergleicht man diesen hypothetischen Maximalwert mit der aus Testdaten berechneten Gesamtproduktivität der Bohrung von 5,4 l/(s•bar), so wird deutlich, dass selbst unter diesen Bedingungen nur 70 % der Zuflüsse über die Matrix erfolgen würden. Die ermittelten Matrixpermeabilitäten liegen aber zum Großteil weit unterhalb des Maximalwerts. Daraus lässt sich ableiten, dass die wesentlichen Zuflüsse in der Bohrung Moosburg SC4 aus geklüfteten und verkarsteten Bereichen erfolgen. An diese Ergebnisse knüpft die letzte Studie an, welche sich mit der hydraulischen Charakterisierung des Malmaquifers auf Grundlage von Pumpversuchen und Drucktests aus 98 Bohrungen beschäftigt. Viele Tests können hierbei erstmalig durch die Entwicklung eines Verfahrens zur Korrektur der Standrohrspiegelhöhen thermisch beeinflusster Pumpversuchsdaten ausgewertet werden. Auf Basis der ausgewerteten Testdaten und Informationen zu Spülungsverlusten in Kombination mit einer detaillierten Analyse der paläo- hydrogeographischen Entwicklung des Molassebeckens wird eine Karte der Gebirgsdurchlässigkeit (T/H) im Malmaquifer erstellt. Entsprechend der intensiven Verkarstung werden die höchsten Gebirgsdurchlässigkeiten von über 1e-4 m/s am nördlichen Beckenrand und im Süden des Niederbayerischen Beckens ermittelt. T/H-Werte von 1e-5 m/s sind charakteristisch für die Bereiche südlich der Donau. Während die Durchlässigkeit westlich der Iller zur Helvetischen Fazies relativ schnell auf T/H-Werte < 1e-8 m/s abnimmt, finden sich Werte im Bereich von T/H = 1e-5 m/s im Wasserburger Trog bis in die Region von München. Ein möglicher Erklärungsansatz für die hohe Gebirgsdurchlässigkeit auch im tieferen Becken ist eine tiefgreifende Verkarstung der Südbayerischen Karbonatplattform während der Kreide im Senkungsgebiet des Wasserburger Trogs. Die Region München, mit einer tendenziellen Abnahme der Gebirgsdurchlässigkeit von Nordost (T/H = 1e-5 m/s) nach Südwest (T/H = 1e-7 m/s), stellt den Übergangsbereich zu den geringer durchlässigen Gebieten im Westen dar. In der vorliegenden Arbeit werden die Ergebnisse aus der mehr als 80-jährigen Exploration des Malmaquifers im Molassebecken zusammenfassend dargestellt und erlauben einen umfassenden Einblick in die Hydraulik und Hydrochemie dieses Thermalsystems. Hierbei wird deutlich, dass es sich beim Malmaquifer um ein komplexes System aus Poren, Klüften und Karsthohlräumen handelt, welches sich aber im Beckenmaßstab in hydrostratigraphische Einheiten mit vergleichbaren Eigenschaften zusammenfassen lässt. Entsprechend der Grundwassertemperatur und Gebirgsdurchlässigkeit und nicht zuletzt wegen seiner Wasserbeschaffenheit kann der Malmaquifer im Süddeutschen Molassebecken als geothermischer Nutzhorizont mit sehr hohem Potenzial eingestuft werden, sowohl für die Gewinnung von thermischer Energie als auch für die Stromproduktion.
The Malm aquifer in southern Germany is one of the country’s most important geothermal reservoirs due to groundwater temperatures exceeding 100 °C and a high-flow regime. This thesis deals with the hydraulic and hydrochemical characterization of the Malm aquifer with regard to a minimization of the exploration risk of geothermal boreholes. The aim of this study is the analysis of processes that control groundwater dynamics and mass transport in the deep molasse in order to derive information on the flow regime and the groundwater quality of the aquifer. Within the scope of a first study, the hydrochemical conditions as well as the groundwater evolution are investigated based on the analysis of data obtained from 140 wells. As a result of major ion analyses, 6 hydrochemical water types are distinguished in the aquifer. In the northern part of the aquifer a Ca-(Mg)-HCO3 water type occurs. These groundwaters are characterized by low mineralization and isotopic signatures indicating a recharge under recent climate conditions. Towards the central basin the Na-Ca-Mg-HCO3 water type (IIa) is common and implies the influence of ion exchange processes and an increase of the total mineralization due to NaCl-waters leaking out of the overlying Tertiary formations. However, this infiltration volume is low compared to the groundwater exchange rates in the Malm aquifer. Therefore, the Na-Ca-HCO3-Cl water type (IIb) is still dominating in deeper parts of the aquifer. Their stable isotope signatures reflect colder climate conditions during recharge. The crystalline basement of the “Landshut-Neuöttinger Hoch” acts as a hydraulic barrier as well as a hydrochemical boundary to the Na-HCO3-Cl-waters in the Lower Bavarian Basin. A fourth water type (Na-HCO3-Cl) is detected in the northeastern basin, which is characterized by low earth alkali/alkali ratios combined with a high mineralization. Here, Na-Cl-HCO3 water indicates the inflow of deep groundwaters from the crystalline basement of the Bavarian Forest (Bayerischer Wald). Special attention is paid to the less permeable rocks in the southwestern part of the Molasse Basin, where highly mineralized Na-Cl-HCO3 formation waters dominate with occasionally increased hydrocarbon concentrations of still unknown origin. In order to determine the applicability of these waters for geothermal exploitation, a hydrogeochemical model is developed. The model results indicate that high concentrations of hydrosulphide as well as certain pressure and temperature conditions significantly promote mineral precipitation and corrosion in a geothermal binary cycle. The second part of this thesis examines the lithofacial influence on the productivity of the Moosburg SC4 well. The well was drilled in 1990 to a final depth of 1585.20 m. Purbeck (134 m) and Malm (453 m) were cored completely. The facial development is described based on 31 thin- sections of core samples obtained from the Malm basis to the Lowermost Cretaceous. The main focus is on the thick-bedded dolomites of the Malm Delta to Zeta 2, which are compared to outcrops in the Northern and Southern Franconian Alb, respectively. Size and morphology of the various dolomite types as well as the total porosity (18 samples) and permeability are analyzed. The thicknesses of the exploitable units with varying petrophysical characteristics are about 106 m for Malm Delta–Epsilon, 37 m for Malm Zeta 1 and 61 m for Malm Zeta 2. Porosities vary between << 1 % and 17.1 %. The permeability is caused by intercrystalline pores between dolomite crystals (matrix permeability) and varies between 0.03 and 63 mD. Size, morphology and interlocking of the dolomite crystals control the permeability. Fine-, medium- and coarse-crystalline, hypidiomorphic to idiomorphic dolomite crystals (up to 300 µm in size) of the Malm Delta-Epsilon exhibit permeabilities of up to 63 mD. In contrast, units with a higher content of non-carbonates (clay; higher gamma log) are mainly composed of xenomorphic to hypidiomorphic dolomite crystals up to 100 µm in size and reveal permeabilities between 0.03 and 0.26 mD. Highly porous zones (up to 17.1 %) in the Malm Zeta 1 consist of idiomorphic crystals (20-70 µm), which form a loose, open crystal texture with a comparatively high permeability (6.5 mD and 46 mD). Based on the determined permeabilities of 0.03 mD to 63 mD, matrix productivities of 8e-6 to 1.6e-2 l/(s•bar) are calculated under reservoir conditions (Temp. = 77 °C, TDS = 650 mg/l) for a 1 m thick interval in the well-bedded dolomite zone of the Moosburg SC4 well. Hypothetically, a matrix productivity index of 3.8 l/(s•bar) can be calculated from the maximum matrix productivity in relation to the entire dolomite unit thickness of 236 m. When comparing this hypothetical value to the calculated total productivity of the well of 5.4 l/(s•bar), which was obtained from pumping test analyses, it becomes clear that even under these conditions only 70 % of the inflow is gained from the matrix. However, most of the determined matrix permeabilities are significantly smaller than the maximal value. This leads to the assumption, that fissured and karstified zones supply the most important inflow volume to the Moosburg SC4 well. The third part of this thesis concentrates on the hydraulic characterization of the Malm aquifer based on pumping and drill-stem test data obtained from 98 wells. The analysis of thermally affected pumping test data requires the development of a method to adjust measured hydraulic heads, which enables a first interpretation of the pressure regime of many tests. Based on the interpretation of the hydraulic test data, information on mud losses as well as a detailed analysis of the paleohydrogeographic development, a map of the regional hydraulic conductivity distribution in the Malm aquifer is generated. Due to intensive karstification, the highest permeabilities of up to 1e-4 m/s occur along the northern border of the basin and on the southern rim of the Lower Bavarian Basin. Hydraulic conductivities of 1e-5 m/s characterize the karstified regions south of the river Danube. While west of the river Iller the permeability is rapidly decreasing in southern direction towards the Helvetic facies (< 1e-8 m/s), values of T/H = 1e-5 m/s extend to the Greater Munich Area. The high conductivity in the deeper parts of the basin is probably caused by intensive karstification of the South German carbonate platform during the Cretaceous. The greater Munich area, which is characterized by decreasing permeabilities from T/H = 1e-5 m/s in the northeast to T/H = 1e-7 m/s in the southwest, represents the transition zone to less permeable areas in the west. This thesis gives a concise overview on the results of more than 80 years of exploration of the Malm aquifer in the German Molasse Basin and provides a comprehensive insight into the hydraulic and hydrochemical conditions of this thermal system. It becomes apparent, that the Malm aquifer is a complex system consisting of pores, fractures and karst cavities, although on a larger basin scale, hydrostratigraphic units with similar characteristics can be combined. According to groundwater temperatures, hydraulic conductivities and hydrochemistry, the Malm aquifer in the South German Molasse Basin is a hydrogeothermal reservoir with a high potential for heat and electricity production.