In der vorliegenden Arbeit wurde das Aggressionsverhalten von 102 Berliner Stadthunden unterschiedlicher Rassen geprüft. Dazu wurde ein aus 31 Testsequenzen sowie einer körperlichen Untersuchung bestehender Aggressionstest entwickelt. Ziel des Tests war es, die von Hunden gegenüber Menschen gezeigten Formen aggressiven Verhaltens zu prüfen und eventuell vorhandene Reizschwellen für aggressives Verhalten festzustellen. Von den Hundebesitzern wurde vor der Testdurchführung ein Fragebogen ausgefüllt. Dieser enthielt Informationen über die Individualmerkmale der Hunde und deren Besitzer, der Haltungsbedingungen und des Verhaltens der Hunde. Die Angaben aus dem Fragebogen wurden mit den Testergebnissen verglichen und Einflussfaktoren auf das aggressive Verhalten der Hunde untersucht. Die Mehrheit der Testsequenzen wurde aus dem niederländischen Aggressionstest von Netto und Planta (1997) übernommen. Unterschiedlich viele einzelne Testsequenzen bildeten eine Testeinheit, die jeweils eine bestimmte Form aggressiven Verhaltens prüfte. Zur Feststellung von Reizschwellen wurde versucht, die Testsequenzen innerhalb einer Testeinheit nach ihrem Aggression auslösenden Potential zu ordnen, aufsteigend von schwachen zu starken Reizen. Bei der Testbewertung wurde zwischen den Aggressionsstufen „keine Aggression“, „Knurren und/ oder Bellen“, „Zähneblecken“, „Schnappen“ und „Beißen“ unterschieden. Für die Testauswertung wurde das gezeigte aggressive Verhalten mit Punkten bewertet und so eine Gesamtsumme aggressiver Verhaltensweisen pro Hund bestimmt. Es zeigte sich, dass der Test ein hohes Potential besaß, aggressives Verhalten beim Hund auszulösen. Während des Tests zeigten 70 Prozent der Hunde mindestens einmal aggressives Verhalten, 33,3 Prozent der Hunde bissen mindestens einmal zu. Hunde, die sich laut Besitzerangabe in der Vergangenheit aggressiv gegenüber Menschen verhalten hatten, hatten im Test signifikant (p<0,01) höhere Gesamtsummen als Hunde ohne aggressive Vorgeschichte. 86,5 Prozent dieser Hunde verhielten sich in Übereinstimmung mit dem Vorbericht im Test aggressiv. 61 Prozent der Hunde, bei denen im Vorbericht nicht über aggressives Verhalten gegenüber Menschen berichtet wurde, zeigten im Test aggressives Verhalten unterschiedlicher Aggressionsstufen und Häufigkeiten. Diese „Falsch-Positiven“ wurden vor allem auf die Tatsache zurückgeführt, dass es sich um einen Test mit starken, nicht alltäglichen Reizen handelte. Besonders häufig wurde in den Testeinheiten „Angstbedingte Aggression“ und „Schutzaggression“ aggressives Verhalten gezeigt. „Rangbezogene Aggression“, „Spielaggression“, „Ressourcenverteidigende Aggression“ und „Jagdverhalten“ wurden hingegen kaum beobachtet. 30 Prozent der Hunde reagierten im gesamten Test kein einziges Mal aggressiv, es konnte somit keine Reizschwelle nachgewiesen werden, die bei Überschreitung bei allen Hunden zu aggressiven Verhalten geführt hätte. Angst vor Menschen scheint einen Einfluss auf das aggressive Verhalten des Hundes gegenüber Menschen zu haben und ist möglicherweise auch für die Reizschwelle eines Hundes mitbestimmend. Des Weiteren wurden die Hunde für die Testauswertung in die jeweils alternativen Gruppierungen „Beißer - Nichtbeißer“ und „aggressiv - nicht aggressiv“ zusammengefasst. Im gesamten Test waren tendenziell (p<0,08) mehr Rüden in der Gruppe der „Beißer“ vertreten. Insgesamt zeigten die Rüden aber nicht häufiger aggressives Verhalten im Vergleich zu den Hündinnen. „Schutzaggression“ wurde signifikant (p<0,01) häufiger von kleinen Hunden gezeigt, gebissen haben kleine Hunde jedoch nicht häufiger als große Hunde. Mischlinge zeigten signifikant (p<0,05) häufiger „Angstbedingte Aggression“ im Vergleich zu den Rassehunden. Auch die Bedingungen der Hundehaltung scheinen einen Einfluss auf das Aggressionsverhalten zu haben. Hunde, die mit einem oder mehreren Kindern in einem Haushalt lebten, zeigten im Test signifikant (p<0,05) weniger häufig „Angstbedingte Aggression“. Hunde, die in der Regel nie allein gelassen wurden, haben im Test signifikant weniger häufig Angriffsverhalten („Schnappen“ und „Beißen“) gezeigt. Demgegenüber scheint das Alter und das Geschlecht des Besitzers, das Alter des Hundes, die Haltung eines oder mehrerer Hunde und die Dauer des täglichen Spaziergangs keinen Einfluss auf das Aggressionsverhalten des Hundes zu haben.
This thesis investigates the aggressive behaviour in 102 city dogs of different breeds in Berlin. The results presented in this thesis are based on an aggression test especially developed for this investigation and consisting of 31 test sequences, as well as a physical examination. The purpose of the test was to explore the different forms of aggressive behaviour shown by dogs toward humans and to ascertain possibly existing stimulus thresholds for aggressive behaviour. Before the test was carried out, the dog owners had filled in a questionnaire collecting information on the individual characteristics of the dogs and their owners, the owning conditions and the behaviour of the dogs. The data collected by the questionnaires was compared with the test results, and the factors influencing the aggressive behaviour of the dogs were examined. Most of the test sequences were taken from the Dutch aggression test of Netto and Planta (1997). Each test unit was constituted by a different number of individual test sequences and examined a specific type of aggressive behaviour. In order to determine the stimulus thresholds it was tried to arrange the test sequences within one test unit according to their potential of initiating aggressive behaviour, ascending from weak to strong stimuli. Evaluating the test, a difference was made between the following aggression levels: “no aggression“, “growling and/or barking“, “baring the teeth“, “snapping” and “biting.” For evaluating the test the displayed aggressive behaviour was assessed with points. This way, a total sum of aggressive behaviour patterns was determined for each dog. It turned out that the test had a high potential of initiating aggressive behaviour in the dogs. 70 percent of the dogs showed aggressive behaviour at least once during the test; 33.3 percent of the dogs bit at least once. The total test sums of dogs having behaved aggressively toward humans according to their owners were significantly higher (p<0.01) than those of dogs without an aggressive past history. 86.5 percent of these dogs behaved aggressively during the test in accordance with the questionnaire. 61 percent of the dogs, about which the questionnaire did not report any aggressive behaviour toward humans, showed aggressive behaviour of different levels and frequency during the test. These “false positive” cases were put down to the fact that this was a test with strong stimuli not occurring every day. Aggressive behaviour was especially often displayed during the test sequences of the test units “fear-induced aggression” and “protective aggression”, whereas “dominance aggression”, “playful aggression”, “possessive aggression” and “predatory aggression” were hardly observed. 30 percent of the dogs did not react aggressively at all during the entire test. It was therefore not possible to prove any stimulus threshold beyond which all dogs would have shown aggressive behaviour. Fear of humans seems to influence a dog’s aggressive behaviour toward humans and is possibly also influencing a dog’s stimulus threshold. Furthermore, for evaluating the test each of the dogs was assigned to the “biters - non-biters” grouping and also to the “aggressive - non-aggressive” grouping. During the entire test more male dogs were represented (p<0.08) in the group of the “biters”. All in all, however, male dogs did not show aggressive behaviour more often than female dogs. Smaller dogs displayed significantly more often “protective aggression” (p<0.01) but did not bite more often than large dogs. Mixed breeds showed significantly more often (p<0.05) “fear-motivated aggression” in comparison to purebred dogs. The dog owning conditions also appear to influence aggressive behaviour. Dogs living with one or more children together in a household showed significantly less (p<0.05) “fear- motivated aggression” during the test. Dogs that had usually never been left alone demonstrated significantly less aggressive behaviour (“snapping” and “biting”) during the test. In contrast, the owner’s age and sex, the dog’s age, the owning of one or more dogs and the duration of the daily walks do not seem to influence the dog’s aggressive behaviour.