Der testikuläre Keimzelltumor ist die häufigste maligne Tumorerkrankung junger Männer im Alter zwischen 25 und 45 Jahren. Durch die stete Verbesserung der chemotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten gilt der testikuläre Keimzelltumor heute als Paradebeispiel einer heilbaren Tumorerkrankung. In etwa 20% der Fälle kommt es jedoch zu einer Entwicklung einer Cisplatinresistenz, welche mit einer schlechten Prognose einhergeht und den Einsatz höher dosierter Chemotherapien erfordert. Gerade für diese, meistens sehr junge Patientengruppe, ist die Entwicklung neuartiger Therapieansätze daher von großer Bedeutung. In der vorliegenden Arbeit wurden mittels einer computerbasierten Methode völlig neue und bislang unbekannte Substanzen (HP-2, HP-14) identifiziert und deren Wirksamkeit in vitro und in vivo überprüft. Es konnte gezeigt werden, dass HP-2 und HP-14 nicht nur die Proliferation von Endothelzellen, sondern auch von VEGFR-2 exprimierenden testikulären Keimzelltumorzellen dosisabhängig um bis zu 90% inhibieren, während sie das Wachstum von VEGFR-2-negativen Zelllinien nicht beeinflussen. Anhand verschiedener Angiogenesemodelle ließ sich zeigen, dass HP-2 und HP-14 in der Lage sind, angiogeneserelevante Endothelzellfunktionen zu inhibieren. So wurden sowohl die VEGF-vermittelte Zellmigration als auch die Ausbildung kapillarähnlicher Strukturen von Endothelzellen durch die Substanzen deutlich reduziert. Zusätzliche in vivo Überprüfungen im Chorioallantoismembranmodell bestätigten das antiangiogenetische Potential und die gute Verträglichkeit der neuen Substanzen. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass HP-2 und HP-14 auch direkt eine wachstumsinhibitorische Wirkung auf Tumorzellen ausüben. Der Einfluss von HP-2 und HP-14 auf zellbiologisch wichtige Prozesse, wie z.B. den Zellzyklus, bei Tumorzellen wurde mittels Durchflusszytometrie untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass HP-2 und HP-14 zu einem S-Phasen Arrest der TKZT Zellen führen. Im Western Blot bestätigte sich, dass Proteine, die beim Zellzyklus eine wichtige Rolle spielen, wie z.B. p21 und p27 verändert reguliert waren und zu einem S-Phasen Arrest der testikulären Keimzelltumorzellen führten. Die Resistenz gegenüber cisplatinbasierter Chemotherapie geht mit einer schlechten Prognose in testikulären Keimzelltumoren einher. Daher wurde großer Wert darauf gelegt, die Effektivität der beiden neuen HP-Substanzen auch bei cisplatinresistenten testikulären Keimzelltumoren zu evaluieren. Beide Substanzen inhibierten auch hier dosisabhängig das Wachstum cisplatinresistenter TKZT Zellen. In Kombinationsexperimenten mit Cisplatin erzielten HP-2 und HP-14 additive wachstumsinhibitorische Effekte in testikulären Keimtumorzellen unabhängig von der Cisplatinresistenz. Unter Verwendung von testikulären Keimzelltumorzellen, die auf die Chorioallantoismembran befruchteter Hühnereier appliziert wurden, konnte das antineoplastische Potenzial zumindest von HP-14 auch in vivo aufgezeigt werden. Genexpressionsanalysen ergaben, dass die Behandlung von HP-14 und Cisplatin, allein oder in Kombination, zu einer Änderung des Genexpressionsmusters von Genen führt, die den zellulären Funktionen der Erkennung und Reparatur von DNA Schäden, aber auch des Wachstums, zugeordnet werden. Insgesamt kann daher festgehalten werden, dass mit der Identifikation der HP-Substanzen interessante Kandidaten für die zielgerichtete Therapie von Hodenkrebs, besonders für jene, die resistent gegenüber der konventionellen cisplatinbasierten Chemotherapie sind, gefunden wurden. Die Antitumoraktivität von HP-14 konnte bereits durch in vivo Überprüfungen bestätigt werden. Weitere Untersuchungen sind nötig, um eine abschließende Bewertung der hier vorgestellten Möglichkeit zur Behandlung von Hodenkrebs vorzunehmen. Die erhobenen Daten bilden dafür eine entsprechende Basis.
Testicular cancer is one of the most common malignancies in young men between the ages of 25 and 45. Due to the improvement of chemotherapeutic treatment options, today the testicular germ cell cancer (TGCT) represents a curable disease. However, 20% of the patients with cisplatin-resistant or -refractory disease have an unfavorable prognosis which requires the use of a high dose chemotherapy. Therefore, it is very important to identify new treatment options in order to develop therapies with minimal side effects to improve the quality of life of these mostly young patients. In the present study, previously unknown compounds with putative antiangiogenic and antiproliferative properties (HP-2 and HP-14) were identified by an in silico screening approach and their efficiency was verified in vitro and in vivo. It has been shown that HP-2 and HP-14 reduced the growth of endothelial cells and VEGFR-2 expressing testicular germ cell tumor cells by up to 90%, while they failed to suppress the growth of VEGFR-2 lacking tumor cells. It was demonstrated that HP-2 and HP-14 reduced endothelial cell functions relevant to angiogenesis, as they inhibited the VEGF induced endothelial cell migration. Additional in vivo evaluations by using the chick chorioallantoic membrane model confirmed the antiangiogenic potency and good tolerability of the novel substances. HP-2 and HP-14 also have direct inhibitory effects on growth of testicular germ cell tumor cells. The antiproliferative mode of action of the novel compounds was analyzed using flow cytometry and western blot analyzes. Treatment of TGCT cells with HP-compounds raised the expression of the cell cycle-inhibiting molecule p21, which resulted in an S-phase arrest of the cell cycle. Resistance to cisplatin-based chemotherapy is associated with poor prognosis in testicular cancer. In this respect, the efficiency of the HP-2 and HP-14 in platinum resistant TGCT tumors was also evaluated. Both compounds inhibited the growth of cisplatin-resistant TGCT cells in a dose- dependent manner. In combination experiments with cisplatin, HP-14 revealed additive growth inhibitory effects in TGCT cells irrespective of the level of cisplatin resistance. Using TGCT cells inoculated on the chorioallantoic membrane of fertilized chicken eggs, the antineoplastic potency of HP-14 was also demonstrated in vivo. Gene expression profiling revealed changes in the expression pattern of genes related to cellular functions such as DNA damage detection and repair, as well as in cellular growth after treatment with both cisplatin and HP-14, alone or in combination. In summary, this study shows that the identified novel compound HP-14 effectively inhibits the growth of cisplatin-resistant TGCT cells and suppresses tumor growth and tumor angiogenesis. Thus, HP-14 may be qualified as a new candidate for targeted treatment of testicular cancer, particularly those showing resistance to the conventionally applied platinum-based chemotherapies.