Die extrazelluläre Matrix (EZM) ist ein konstitutiver Bestandteil von Geweben und Organen. Sie besteht aus zahlreichen, miteinander interagierenden Komponenten und ist entscheidend für die Regulation von zellulärer Adhäsion, Migration, Proliferation, Differenzierung und Apoptose. Kollagen XIV gehört zu der Gruppe der FACIT, wird in den meisten Geweben von Fibroblasten synthetisiert und hauptsächlich in der EZM gut differenzierter mesenchymaler Gewebe vorgefunden. So ist es auch ein natürlicher Bestandteil der EZM des Knochenmarks. In stark proliferierendem Gewebe wie Tumorstroma oder während der frühen embryonalen Entwicklung fehlt es hingegen. Auf seiner NC3-Domäne beherbergt Kollagen XIV eine Zellbindungsregion, deren einzig bekannter Ligand eine Chondroitin/Dermatansulfatvariante von CD44 ist. CD44 ist eine Familie von weit verbreiteten Zelladhäsionsmolekülen, die von allen Leukozyten exprimiert werden. In dieser Arbeit sollte der Frage nachgegangen werden, ob Kollagen XIV eine Proliferationsreduktion CD44-positiver humaner Tumorzelllinien bewirken kann. Ein solcher Effekt war bereits durch CD44-spezifische Antikörper bei verschiendenen Leukämiezelllinien gezeigt worden. Als Modelle für eine akute myeloische Leukämie und ein histiozytisches Lymphom wurden die humanen Zelllinien CS-1 bzw. U937 verwendet, zudem wurde die Zelllinie HT1080 als Modell für ein humanes Fibrosarkom eingesetzt. Es wurde systematisch ein Zellkultursystem etabliert, das es ermöglicht, die Proliferation dieser Zelllinien zu messen. Diese Methodik ist prinzipiell auch auf andere Tumorzelllinien, primäre Tumorzellen und verschiedene Agenzien übertragbar. Alle untersuchten Zelllinien tragen auf ihrer Oberfläche CD44, den bislang einzig bekannten Rezeptor für Kollagen XIV. Er ist durch einen CD44-spezifischen monoklonalem Antikörper (Klon DF1865), der nicht zwischen den Splice- und Glykosylierungsvarianten des CD44-Moleküls unterscheidet, darstellbar. HT1080-Zellen zeigen mit einer MFI von 2.228 die höchste Rezeptordichte, CS-1 und U937 besitzen eine MFI von 370 bzw. 320. Anschließend wurde das Zellwachstum mit der [3H]-Thymidineinbau-Methode gemessen; die SRB- Färbung erwies sich als ungeeignet. Dabei wurden für jede Zelllinie die Parameter Inkubationszeit, Ausgangszellzahl pro Mikrokulktur (AZM) und FKS- Konzentration des Mediums schrittweise variiert. Auf diese Weise wurden Kulturbedingungen etabliert, die einerseits hinreichend lange Inkubationszeiten aufweisen sowie andererseits daran angepasste AZM besitzen, so dass es während der Inkubation nicht zu Zelltod aufgrund suboptimaler Wachstumsbedingungen kommt. Unter den so etablierten Bedingungen wurde der Einfluss von hochgereinigtem humanem, immobilisiertem Kollagen XIV auf die Proliferation der verwendeten Zelllinien untersucht. Die Proliferation aller Zellllinien wurde durch seine Anwesenheit reduziert. Die maximale Kollagen XIV-induzierte Proliferationsreduktion betrug bei HT1080-Zellen 81%, bei U937-Zellen 76% und bei CS-1-Zellen 52%. Der Effekt trat bei HT1080- und U937-Zellen über einen weiten AZM-Bereich auf, bei CS-1-Zellen nur bei einer AZM von 2,5x104 bzw. 5x104. Die Effekte wurden durch eine Beschichtung der Kulturplattenlöcher mit je 3 µg Kollagen XIV erzielt. In dieser Arbeit wurde zum ersten Mal gezeigt, dass Kollagen XIV die Proliferation von AML-Zellen, aber auch von adhärent wachsenden humanen Fibrosarkomzellen, inhibieren kann. Daraus ergibt sich die interessante Frage, ob der einzige bisher beschriebene Rezeptor für Kollagen XIV, eine Chondroitinsulfat/Dermatansulfat-Variante von CD44, ursächlich an dem gezeigten proliferationsinhibitorischen Effekt beteiligt ist. Experimente, die auf den hier gezeigten methodisch aufbauen, könnten den Einfluss blockierender CD44-spezifischer monoklonaler Antikörper auf den Kollagen XIV-Effekt untersuchen. Zusätzlich könnten weitere Rezeptorkanditaten wie z.B. die Matrixrezeptoren Integrine und DDR mit Hilfe von knock-out Zellen und Antikörpern bzw. synthetischen kompetitiven Liganden untersucht und Rezeptoren durch radioaktive Oberflächenmarkierung der Zellen und Rezeptor-fishing identifiziert werden. Auf Matrixebene könnten mit Hilfe rekombinanter Kollagen XIV-Fragmente, die ausgewählte funktionelle Domänen enthalten, die für Adhäsion und Proliferationsreduktion verantwortlichen Regionen näher eingegrenzt werden. Interessant ist auch die Frage, ob die fehlende Adhäsion bei gleichzeitiger Proliferationsinhibition möglicherweise auf eine unvollständige Differenzierung der U937-Zellen zurückzuführen ist. Dazu bietet sich eine Untersuchung des zeitlichen Verlaufs der Expression von differenzierungsassoziierten Oberflächenantigenen oder auf genetischer und proteinchemischer Ebene die Regulation von Zellzyklusinhibitoren wie p21 an. Ein Fernziel wäre die Beeinflussung der Tumorigenität dieser Zellen über ein von Kollagen XIV abgeleitetes Peptid bzw. Mimetikum.
The extracellular matrix is a constitutive part of tissues and organs. It consists of multiple interacting components and plays a crucial role in cellular adhesion, migration, proliferation, differentiation and apoptosis. Collagen XIV belongs to the group of fibril-associated collagens with interrupted tripelhelices. In most tissues collagen XIV is synthesized by fibroblasts and it is mainly found in well differentiated mesenchymal tissues including bone marrow stroma. It is almost absent in proliferating tissues like tumour stroma or during early embryonic development. The aminoterminal domain NC3 contains a cell-binding region whose solely known receptor is a chondroitin/dermatansulfate-variant of CD44. CD44 is a family of widespread cell adhesion molecules and expressed by all leukocytes. The aim of this work was to examine whether collagen XIV can reduce proliferation of human, CD44-positive tumour cell lines. This effect had already been shown for CD44-specific antibodies in different leucemic cell lines. As models for an acute myeloic leucemia and a histiocytic lymphoma we used the human cell lines CS-1 and U937. Additionally, we used the cell line HT1080 as a model for human fibrosarcoma. Systematically, we established a cell culture system which enables to measure proliferation of these cell lines. This method can also be used for other cell lines, primary tumour cells and different agents. Using a monoclonal CD44-antibody (clone DF 1485), that does not differentiate between splice- and glycosylation-variants, we detected CD44 on the surface of all tested cell lines. With a mean fluorescence intensity of 2.228 HT1080 cells showed the highest density of CD44-receptor, followed by CS-1 and U937, which showed a density of 370 and 320, respectively. Next, we measured cell proliferation using the [3H]-thymidine essay, sulforhodamine b-staining was shown to be unsuitable. For each cell line we successively varied incubation time, cell count per microculture and concentration of fetal calf serum. By this means we established conditions with sufficient incubation time and adjusted cell count per microculture in order to avoid cell death during incubation as a result of suboptimal growth-conditions. Under that way established conditions we measured the influence of 3 µg highly purified, human, immobilized collagen XIV on cell proliferation. Collagen XIV reduced proliferation of all tested cell lines. HT1080-cells showed a maximum collagen XIV-induced reduction of proliferation of 81%, followed by U937 (76%) and CS-1 (52%). In HT1080 and U937 the effect was detectable over a wide range of cell count per microculture. In contrast, CS-1 cells showed an effect only when 2,5x104 or 5x104 cells per well had been seeded. This work showed for the first time that collagen XIV can reduce proliferation of acute myeloic cell lines and of the human fibrosarcoma cell line HT1080. This prompts the question whether the up to now solely known receptor of collagen XIV, a chondroitin/dermatansulfate variant of CD44, is causative for this effect. For this reason furhter trials should investigate the effects of blocking CD44-specific monoclonal antibodies. Additionally, the influence of other receptors, like integrins and DDR, should be studied with knock-out cells, antibodies or synthetically compounded competitive ligands. Potentially involved, yet unknown receptors could be identified by radioactive staining of cell surface and by receptor-fishing. Concerning the extracellular matrix, using recombinant collagen XIV fragments could help to identify the responsible functional domains of the molecule. Furthermore, investigation of the expression of cellular differentiation markers like cell surface antigens or cell cycle inhibitors during reduction of proliferation would be interesting. A long-term objective would be a collagen XIV-derived peptide to influence the malignancy of these cells.