Einleitung Stillen ist die natürliche Ernährungsform für Säuglinge. Jedoch wird die Empfehlung, Säuglinge in den ersten Lebensmonaten ausschließlich zu stillen, von vielen Frauen nicht erreicht. Stillprobleme wie wunde Brustwarzen oder Mastitis puerperalis führen häufig zu einer frühzeitigen Beendigung der Stillbeziehung. Für die Gesundheit von Mutter und Kind ist es erforderlich, die mit dem Stillen assoziierten Brusterkrankungen adäquat zu behandeln. Im Frühjahr 2010 hat die Nationale Stillkommission (NSK) die Entwicklung einer evidenz- und konsensbasierten Leitlinie (S3) zur Therapie entzündlicher Brusterkrankungen in der Stillzeit initiiert. Ziel war es, Handlungsempfehlungen bereitzustellen, die die bestmögliche Versorgung stillender Frauen mit Stillproblemen auf Basis wissenschaftlicher Evidenz und praktischer Erfahrungen ermöglichen und gleichzeitig zur Förderung des Stillens in Deutschland beitragen. Die methodische und inhaltliche Entwicklung der S3-Leitlinie ist Gegenstand dieser Dissertation. Methodik Nach den Kriterien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften wurde die S3-Leitlinie (AWMF-Register-Nr. 015/071) in einer interdisziplinären Leitliniengruppe entwickelt. Als Leitlinienthemen wurden die Therapie wunder Brustwarzen, der Mastitis puerperalis, des Milchstaus und der verstärkten initialen Brustdrüsenschwellung festgelegt. Zu den Schlüsselfragen wurden systematische Recherchen der Literatur durchgeführt und relevante Studien anhand definierter Ein- und Ausschlusskriterien identifiziert. Die eingeschlossen Studien wurden systematisch bewertet und in Evidenzklassen eingeteilt. Auf Grundlage der Evidenz und unter Berücksichtigung praktischer Erfahrungen formulierten die Experten in einem strukturierten Konsensusverfahren die Leitlinienempfehlungen. Zusätzlich wurden klinische Konsensuspunkte zu relevanten Fragestellungen definiert, zu denen keine wissenschaftlichen Untersuchungen möglich sind oder angestrebt werden. Ergebnisse In die systematische Literaturbewertung wurden sieben Studien zu wunden Brustwarzen, fünf Studien zu Mastitis, eine Studie zu Milchstau und fünf Studien zu verstärkter initialer Brustdrüsenschwellung eingeschlossen. Die Studienqualität erwies sich häufig als gering. Zu vielen praxisrelevanten Fragestellungen waren keine Studien verfügbar. Aufgrund der Evidenzlage wurden insgesamt neun evidenz- und konsensbasierte Empfehlungen formuliert. Siebzehn weitere Empfehlungen wurden als klinische Konsensuspunkte verabschiedet. Schlussfolgerung Mit der S3-Leitlinie wurden erstmals einheitliche Empfehlungen für die Behandlung still-assoziierter Brusterkrankungen in Deutschland bereitgestellt. Diese im Konsens verabschiedeten Empfehlungen beruhen auf systematischen Literaturauswertungen und berücksichtigen Expertenerfahrungen. Es wird dargelegt, welche der konsentierten Empfehlungen durch Evidenz untermauert werden und wo Unsicherheiten hinsichtlich einer Nutzen-Schaden-Abwägung bestehen. Diese Transparenz ist ein wichtiger Beitrag für die Leitlinienimplementierung und Basis für eine allgemeine Akzeptanz. Dieses Projekt zeigt, dass das Vorhaben der NSK, evidenz- und konsensbasierte Leitlinien zu Stillthemen zu erarbeiten, umsetzbar ist. Konsensbasierte Leitlinien ohne systematische Evidenzaufbereitung können in Abhängigkeit des Themas ebenfalls für zukünftige Leitlinien geeignet sein. Eine genaue Abwägung des Aufwands und der Zweckmäßigkeit des Leitlinienprojektes ist bei Wahl der geeigneten Leitlinienstufe erforderlich.
Introduction Breastfeeding is the natural form of nutrition for infants. It is recommended to exclusively breastfeed infants during the first months of life. However, this recommendation is not achieved by many women as breastfeeding problems e.g. sore nipple or mastitis often result in an early weaning. With respect to the health of mother and child, breastfeeding associated diseases should be adequately treated. In spring 2010, the National Breastfeeding Committee has initiated the development of an evidence and consensus based guideline (S3) for the treatment of inflammatory breast diseases during lactation. The aim was to provide recommendations improving the health care of women who experience breastfeeding problems and to promote breastfeeding in Germany. The development of the guideline is topic of this thesis. Methods In accordance with the criteria set up by the Association of the Scientific Medical Societies, the S3-guideline (AWMF Register 015/071) was developed in an interdisciplinary expert panel. Topics of this guideline were the therapy of sore nipples, mastitis, blocked ducts and initial engorgement. Systematic searches and selection of literature were done for each key question. A critical appraisal of the included trials was performed and studies were classified in evidence levels. In a structured consensus process, experts formulated recommen¬dations based on both the evidence and their clinical experience. Additionally, good clinical practice was consented if evidence was not available because scientific investigations could not be performed or were not aimed for. Results Seven trials for sore nipples, five for mastitis, one for blocked ducts and seven for initial engorgement were included in the literature assessment. They exhibited low study quality. For many relevant questions, studies were not available. Based on literature assessment, nine evidence and consensus based recommendations were formulated. Additionally, 17 recommendations were consented as good clinical practice. Conclusion This S3-guideline provides consistent recommendations for the treatment of breastfeeding associated diseases in Germany. Recommendations base on systematically assessed literature but also take clinical experience into account. It was clearly stated if evidence substantiates recommendations or uncertainties exist in balancing benefits and harms. This transparency facilitates the acceptance of the guideline and contributes to its implementation. This project indicates that the purpose of developing evidence and consensus based guidelines for breastfeeding themes is realisable. Consensus based guidelines without systematic literature assessment may be also suitable depending on the topic of the future guidelines. When choosing the appropriate guideline class, effort and convenience should be precisely evaluated.