Die hämodynamische Regulation im hämorrhagischen Schock ist abhängig von der Funktion und Interaktion des vegetativen Nervensystems und vasoaktiver Hormone, wie Angiotensin II, Vasopressin oder Endothelin. Diese Hormone tragen dazu bei, den Abfall des Blutdruckes und des Herzzeitvolumens nach akutem Blutverlust zu vermindern und damit die Durchblutung lebenswichtiger Organe aufrechtzuerhalten. Patienten werden zunehmend mit Angiotensin II Rezeptorantagonisten zur Therapie des Hypertonus oder der Herzinsuffizienz behandelt oder mit Endothelin-Rezeptorantagonisten zur Therapie des pulmonalen Hypertonus. Tritt bei diesen Patienten ein Blutverlust nach einem Unfall oder während einer Allgemeinanästhesie auf, so wird durch die Anästhesie per se die Hypotension durch die anästhesie-bedingte periphere Vasodilatation und durch die Verminderung der kardialen Kontraktilität verstärkt. Es fehlt in beiden Situationen die Möglichkeit, mittels Angiotensin II oder Endothelin einem Blutdruckabfall entgegenzuwirken. Der hämodynamische Einfluss von Anästhetika ist unterschiedlich ausgeprägt. So ist bekannt, dass Isofluran als Inhalationsanästhetikum einen stärkeren Blutdruckabfall hervorruft, als zum Beispiel Xenon, welches als Edelgas auch eine hypnotische Wirkung hat und durch seine potentiell hämodynamisch günstigen Eigenschaften möglicherweise ein Anästhetikum der Zukunft darstellt. Trotz intensiver Forschung ist derzeit nicht bekannt, in welchem Ausmass verschiedene Anästhesieregime die hämodynamischen und hormonellen Regulationsmechanismen während der Anästhesie per se, nach akutem Blutverlust und nach Retransfusion beeinträchtigen. So hatte die vorliegende Arbeit mehrere Ziele: 1\. Welche hormonellen Systeme werden am wachen Hund und während der verschiedenen Narkoseverfahren nach Hämorrhagie aktiviert? Ist diese Aktivierung ausreichend zur Aufrechterhaltung des Blutdruckes und des Herzzeitvolumens? 2\. Welches Narkoseverfahren geht mit der besten hämodynamischen Stabilität nach akutem Blutverlust und nach Retransfusion einher? 3\. Welche Auswirkungen hat eine Angiotensin II (AT1) Rezeptorblockade und eine Endothelin-A Rezeptorblockade auf die hämodynamische und hormonelle Regulation im hypovolämen Schock und nach Retransfusion beim wachen und narkotisierten Hund? 4\. Hat eine kombinierte Angiotensin II und Endothelin-A Rezeptorblockade eine additive kreislaufdepressive Wirkung im hypovolämen Schock und nach Retransfusion beim wachen und narkotisierten Hund? 5\. Wie stark ist die Nierenfunktion unter den verschiedenen Narkosebedingungen, nach akutem Blutverlust beeinträchtigt? Insgesamt 112 Experimente wurden an 28 Beagle-Hunden durchgeführt. Die Haltung und Ernährung der Hunde waren hochstandardisiert. Es wurden vier experimentelle Protokolle entworfen, die jeweils ca. 4 Stunden dauerten: 1\. Kontrollversuche 2\. Angiotensin II (AT1) Rezeptorblockade mit Losartan® 3\. Endothelin-A Rezeptorblockade mit ABT-627 4\. Doppelblockade mit beiden Rezeptorantagonisten Diese Protokolle wurden an wachen Hunden (n=10), an Isofluran (1 MAC) /Lachgas anästhesierten Hunden (n=6), an Xenon/Remifentanil anästhesierten Hunden (n=6) und an Isofluran (1 MAC)/Remifentanil anästhesierten Hunden (n=6) durchgeführt. Vor dem Experiment erhielten die Hunde einen intravenösen Zugang (Kreatinininfusion zur exogenen Kreatininclearance und GFR Berechnung), einen Blasenkatheter (Ausscheidungsparameter), einen arteriellen Zugang (arterielle Drucke, Blutgasanalysen, Blutentnahmen), über eine Schleuse einen pulmonalarteriellen Katheter (pulmonalarterielle Drucke, HZV-Messung, gemischt-venöse Blutgasanalysen) und eine zweite Schleuse zum Blutentzug. Nach Anlage der Katheter und einer Ruhephase begann die Kontrollperiode wach , an die sich bei den drei Narkoseprotokollen eine Stunde Kontrolle-Anästhesie anschloß. Danach wurden allen Hunden innerhalb von 5 min 20ml/kg KG Blut entzogen und die Hunde anschliessend über eine Stunde beobachtet. Abschließend wurde den Hunden das entnommene Blut zügig retransfundiert. Die hämodynamischen Parameter wurden kontinuierlich erfasst. Das Herzzeitvolumen, arterielle und gemischt-venöse Blutgasanalysen, Hormonparameter (Plasmareninaktiviät, Angiotensin II Konzentration, Plasmaaldosteronkonzentration, Vasopressin, Adrenalin, Noradrenalin, Endothelin, Atriales Natriuretisches Peptid), Plasmaelektrolyte (Natrium, Kalium) und Laktat wurden am Ende jeder Versuchsperiode bestimmt. Die Mittelwerte der verschiedenen Versuchsperioden wurden innerhalb jedes Protokolls und zwischen zeitgleichen Versuchsperioden der jeweiligen Rezeptorblockade mittels einer globalen Varianzanalyse (GLM ANOVA) auf Unterschiede getestet. Die Protokolle Isofluran/Lachgas und Isofluran/Remifentanil Narkose wurden ausserdem gegen das Protokoll Xenon/Remifentanil Narkose getestet. Ergaben sich hier signifikante Unterschiede, schloss sich für den entsprechenden Parameter eine Folgeanalyse in Form gepaarter t-Teste nach Student mit Bonferroni Korrektur an. Aufgrund des Umfanges der Ergebnisse wird an dieser Stelle auf den Ergebnisteil und den Tabellenanhang der Arbeit verwiesen. An wachen Hunden ohne Rezeptorblockade war die hormonelle Antwort auf akuten Blutverlust mittels Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems und des Vasopressins suffizient, um den Blutdruck im normotonen Bereich aufrechtzuerhalten, das Herzzeitvolumen fiel jedoch um 50% ab. Die beiden Narkoseverfahren mit Isofluran rufen per se eine mäßige Hypotension bei gleichzeitiger Stimulation des RAAS und des Vasopressins hervor. Unter Xenonnarkose dagegen bleibt der Blutdruck unverändert, begleitet von einer starken Stimulation aller hormoneller Vasokonstriktoren inklusive des Anstiegs der Katecholamine. Nach Hämorrhagie sind die Narkoseverfahren Xenon/Remifentanil und Isofluran/Remifentanil dem Verfahren mit Isofluran/Lachgas im Hinblick auf die Blutdruckstabilität überlegen. Im Fall Xenon/Remifentanil Narkose werden dabei erneut sehr hohe Katecholaminspiegel beoachtet. Eine AT1-Rezeptorblockade verschlechtert die kurz- und mittelfristige hämodynamische Regulation nach akutem Blutverlust sowohl an wachen Hunden, als auch unter den hier untersuchten Anästhesieregimen. Durch die ausgeprägte Vasodilatation nach AT1-Blockade sind sowohl der Blutdruck als auch das Herzzeitvolumen beeinträchtigt, wobei, wie bereits für die Kontrollversuche beschrieben wurde, die hämodynamische Beeinträchtigung durch einen Abfall des mittleren arteriellen Blutdruck unter Xenon/Remifentanil Narkose weniger stark ausgeprägt war, als unter Isofluran/Lachgas oder Isofluran/Remifentanil Narkose. Alternative endogene Vasopressoren, wie Vasopressin und Adrenalin werden schnell, Noradrenalin und Endothelin langsamer aktiviert, um einer Hypotension entgegenzuwirken. So ist im klinischen Alltag mit einem vermehrten Einsatz von exogenen Vasopressoren bei Patienten zu rechnen, die mit einem AT1-Rezeptorantagonisten vorbehandelt sind und einen akuten Blutverlust nach einem Unfall oder unter einer Allgemeinanästhesie mit Isofluran erleiden. Dies gilt sogar, wenn der kurzfristig entstandene Blutverlust zügig durch Volumentherapie/Retransfusion ausgeglichen wird. Während Endothelin-A Rezeptorblockade war die hämodynamische und hormonelle Regulation unter den hier vorgestellten Anästhesieregimen nicht beeinträchtigt. Kam es jedoch zu einem akuten Blutverlust, hatte Endothelin einen mittelfristig wichtigen blutdruckstabilisierenden Effekt, denn unter ETA-Rezeptorblockade kam es zu einem stark erhöhten ADH Spiegel im Vergleich zur Kontrolle und die Blockade äußerte sich in einem etwas niedrigeren Blutdruck eine Stunde nach Hämorrhagie und nach Retransfusion, zumindest in den Protokollen mit Isoflurannarkose. So muss bei klinischem Einsatz von ET-Antagonisten mittelfristig (Stunden) mit einer Beeinträchtigung der hämodynamischen Gegenregulationsmechanismen gerechnet werden. Wir können annehmen, dass Patienten mit einer Dauertherapie eines spezifischen ETA-Antagonisten bei langanhaltenden Hypotonien nach schwerem Blutverlust und zügiger Retransfusion eine kompromitierte Kreislaufregulation und damit einen erhöhten Vasopressorenbedarf haben. Unter kombinierter Blockade der AT1- und ETA-Rezeptoren waren der Abfall des Blutdruckes und des systemischen Widerstandes unter allen Narkoseregimen und nach akutem Blutverlust an wachen and narkotisierten Hunden am deutlichsten ausgeprägt. Die Blockade der AT1-Rezeptoren scheint die wichtigere Rolle im Vergleich zur ETA-Rezeptorblockade zu spielen, wobei ein deutlich additiver Effekt nachweisbar ist. Der ETA-Blockade kommt in der Kombination mit der AT1-Rezepotorblockade eine größere Rolle zu, als unter alleiniger ETA Blockade. Als hormonelle Gegenregulation kam es schnell zu einer Steigerung der Vasopressin und Katecholaminkonzentration, mittelfristig zu einer Erhöhung der Endothelinspiegel. Diese Gegenregulationsmechanismen scheinen nicht auszureichen, insbesondere was die Aufrechterhaltung des MAP betrifft. So muss bei Patienten, falls es zur Einführung eines Dualblockers in die klinische Praxis kommt, mit einer deutlichen Beeinträchtigung der hämodynamischen Stabilität nach akutem Blutverlust und nach Retransfusion an wachen, aber vor allem an anästhesierten Patienten gerechnet werden. Unabhängig vom Narkoseregime war die Nierenfunktion im Sinne einer Reduktion des Harnvolumens und der GFR unter Allgemeinanästhesie eingeschränkt. Bei zusätzlicher Blockade der AT1-Rezeptoren war die GFR noch deutlicher vermindert, was sich jedoch nicht in einer Abnahme des Harnvolumens widerspiegelte. Nach einem akuten Blutverlust war die Nierenfunktion unter AT1-Blockade am deutlichsten reduziert. Nach Retransfusion dagegen gewann die ETA-Blockade an Bedeutung, hier war der Wiederanstieg der GFR vermindert im Vergleich zur Kontrolle. So ist bei Patienten, die mit einem AT1-Rezeptorantagonisten vorbehandelt sind, mit einer deutlichen Einschränkung der Nierenfunktion unter Anästhesie und zusätzlichem Blutverlust zu rechnen und bei einer zusätzlichen ETA-Blockade kann zudem die Wiederherstellung der glomerulären Filtration nach akutem Blutverlust eingeschränkt sein.
Hemodynamic regulation after acute hemorrhage depends greatly on an intact interaction of the sympathetic nervous system and vasoactive hormones such as epinephrine and norepinephrine, vasopressin, endothelins, and angiotensin II. An important effect of these hormones is to limit a hemorrhage-related decrease in mean arterial pressure (MAP) and cardiac output (CO), to defend the perfusion of vital organs and tissues. If hemorrhage occurs during anesthesia, the situation may become worse because inhalation anesthesia per se is frequently associated with some degree of hypotension owing the decreased vascular smooth muscle tone, impaired myocardial contractility, and blunted autonomic nervous system baroreflex responses. The situation may become even more problematic when two of the powerful vasoconstrictor hormones known to date, endothelin-1 and angiotensin II, become ineffective in the face of therapeutic receptor blockade. The aim of the study was to explore to what extent endothelin-A receptor inhibition impairs hemodynamic regulation and endogenous compensatory mechanisms during hypotensive hemorrhage in awake dogs, and in dogs undergoing different types of anesthesia. The results were compared with controls and with angiotensin II receptor inhibition. After permission from the Governmental Animal Protection Committee, a total of 112 experiments were perfomed in 28 Beagle dogs. The dogs were kept under highly standardized conditions and received a standardized dietary regime. The four different protocols were: 1\. Controls 2\. angiotensin II receptor blockade 3\. endothelin-A receptor blockade 4\. angiotensin II and endothelin-A receptor blockade These four protocols were performed under four different conditions: 1. awake dogs (n=10), 2. under isoflurane (1MAC)/nitrous oxide anesthesia (n=6), 3. under isoflurane (1MAC)/ remifentanil anesthesia (n=6), and 4. under xenon/remifentanil anesthesia (n=6). Before the experiments started the dogs received an intravenous line, a self-retaining Foley catheter, after local anesthesia an arterial line (for invasive blood pressure measurement, blood gas analysis) and two percutaneous sheath, one for a pulmonary artery catheter and one for the hemorrhage procedure. After a baseline period of 30 min in awake dogs, anesthesia was induced in the three anesthesia protocols, and the dogs observed for one hour. Thereafter, in all protocols the dogs had 20ml/kg body weight withdrawn (equal to 25% of the total blood volume) within 5 min and were studied for another hour. After that, the shed blood was rapidly retransfused within 5 min and the dogs observed again for one hour. During the experiment, hemodynamic parameters were continously recorded. Cardiac output, arterial and mixed-venous blood gases, hormonal parameter (plasma renin acitivity, angiotensin II concentration, aldosterone concentration, vasopressin, epinephrine, norepinephrine, endothelin), and plasma sodium and potassium concentrations were measured at the end of each observation period. For intragroup comparison (time course), a general linear model of analysis of variance for repeated measures was applied. Intergroup comparison was performed using Student t-test. The level of sigificance for the error of the first order was adjusted according to the Holm procedure. Statistical significance was assumed a P< 0.05. For results see table attachment in the original paper. The hormonal response to acute hemorrhage in control awake dogs was sufficient with activation of the renin-angiotensin system and vasopressin to keep a normotonic MAP. The CO decreased about 50% at the same time. Isoflurane anesthesia induced a moderate hypotension with small activation of RAAS and vasopressin. In contrast, xenon anesthesia did not change MAP, but stimulated all vasoactive hormones including epinephrine and norepinephrine. After hemorrhage, decrease in blood pressure was more pronounced with isoflurane than with xenon anesthesia, whereas during xenon anesthesia catecholamine concentrations were very high. Angiotensin II receptor inhibition impaired short- and medium term blood pressure regulation after acute hemorrhage in awake and anesthetized dogs. Alternative vasoactive hormones like vasopressin and epinephrine (fast), and like norepinephrine and endothelin (slow) were activated to counteract hypotension, but were not sufficient. Endothelin-A receptor inhibition did not impair blood pressure regulation in awake and anesthetized dogs. After acute hemorrhage and isoflurane anesthesia, medium term blood pressure regulation was slightly impaired and vasopressin release was higher compared to controls. Combined receptor inhibition induced the most pronounced decrease in MAP and systemic vascular resistance in awake and anesthetized dogs. Angiotensin II receptor inhibition played the major role in blood pressure regulation compared to endothelin-A inhibition. But there is a distinct additive effect for blood pressure impairment after acute hemorrhage, when both receptors were inhibited.