Die Analyse des Herzrhythmus liefert wichtige Aufschlüsse über Eigenschaften des kardiovaskulären Regulationssystems. So findet man zum Beispiel eine verminderte Herzfrequenzvariabilität bei pathologischen Zuständen des Herzens oder des autonomen Nervensystems. Die Herzfrequenzvariabilität wurde bisher unter verschiedenen physiologischen Bedingungen wie Schlaf, körperlicher Belastung und im Altersgang analysiert. Es ist jedoch wenig über die normale Entwicklung von Herzfrequenzparametern unmittelbar nach der Geburt bekannt. Es konnte im ersten Schwerpunkt der vorliegenden Schrift gezeigt werden, dass sich lineare und nichtlineare Parameter des Herzrhythmus jeweils schlafstadienspezifisch in charakteristischer Weise nach der Geburt verändern. Die altersbezogene Veränderung kann als Widerspiegelung mehrerer Reifungsprozesse angesehen werden. Besonders wichtig ist, dass keiner der Parameter einen geradlinigen Altersverlauf aufzeigt. Diese Tatsache deutet darauf hin, dass mehrere der Reifung unterworfene Faktoren die Parameter des Herzrhythmus beeinflussen. Einen weiteren Schwerpunkt stellt die Analyse der Interaktion von Atemrhythmus und Herzrhythmus in der postnatalen Periode dar. Zwei wichtige Aspekte wurden hier berücksichtigt: zum einen die Charakterisierung und Quantifizierung der Synchronisation beider Rhythmen und zum anderen die Frage nach der Richtung der Kopplung dieser Rhythmen. Es wurde zunächst ein numerisches Verfahren entwickelt, das eine Analyse großer Datenmengen zulässt. Damit konnte nachgewiesen werden, dass eine Synchronisation von Herz- und Atemrhythmus über mehrere Minuten hinweg auch innerhalb des ersten Lebenshalbjahres vorkommt. Die Häufigkeit ganzzahliger Verhältnisse der Synchronisation (z.B. 3:1, 4:1) zeigte in unseren Untersuchungen einen charakteristischen Altersverlauf. Um die Interaktion von rhythmischen Systemen zu verstehen, muss die Frage nach der Kausalität der Interaktion geklärt werden. Die Ergebnisse der Analyse dazu zeigen, dass keine eindeutige Dominanz des Informationstransfers vom Atemrhythmus auf den Herzrhythmus gegeben ist. Vielmehr unterliegt die Richtung der Kopplung einer Altersentwicklung innerhalb der ersten sechs Lebensmonate. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass die Atemfrequenz deutlich die Dominanz der Richtung der Interaktion beeinflusst. Die atemfrequenzabhängige Richtung der Interaktion ist statistisch unabhängig vom Schlafstadium. Daraus lässt sich ableiten, dass die Strukturen, die maßgeblich für die atemfrequenzabhängige Beziehung sind, nicht in entscheidendem Maße funktionell moduliert werden. Die in dieser Arbeit erprobten Verfahren können auch auf andere Systeme oszillatorischer Natur übertragen werden. Ein dritter Schwerpunkt beschäftigt sich mit der Frage nach dem Hintergrund zweier neuartiger auf dem Herzrhythmus basierender Prädiktoren für den plötzlichen Herztod. Die Analyse stützt sich auf ein neu entwickeltes numerisch-mathematisches Kreislaufmodell. Dieser Ansatz war nötig, da sich das Verhalten eines Systems beim zeitlichen Ineinandergreifen verschiedener Prozesse nicht ohne dieses Hilfsmittel analysieren lässt. Es konnte mittels der Simulation gezeigt werden, dass bei abgeschwächter Barorezeptorreflex-Antwort genau die Herzfrequenz-Muster nach einer ventrikulären Extrasystole auftreten, die den pathologischen Werten der Prädiktoren für den plötzlichen Herztod entsprechen.
This habilitation thesis deals with the numerical analysis and modelling of various aspects of heart rate. It is presented in a cumulative form, i.e. multiple journal articles of the author related to the subject are bundled together.