Elevated systemic hematocrit (Hct) is known to increase cardiovascular risk, such as deep vein thrombosis, myocardial infarction, and stroke. Besides an impairment of the hemodynamic conditions due to the increased blood viscosity and resistance to blood flow, another possible mechanism could be a disturbance of the blood-endothelial cell (EC) interface. It has been shown that the flowing blood interacts with the EC surface via an approximately 0.5 µm thick layer, termed glycocalyx, or endothelial surface layer (ESL), which is relevant for various physiological and pathophysiological processes, including inflammation, transendothelial molecular transport, and atherosclerosis. The consequences of increased Hct levels for the functional properties of this interface in microvessels are incompletely understood. To examine the effects of elevated Hct on ESL thickness, microvascular hemodynamics and hemorheology, an erythropoietin-transgenic mouse line (tg6) exhibiting Hct levels as high as 0.85 without alteration of total peripheral resistance was used. Intravital microscopy of cremaster muscle venules (nvessel = 32), both before and after systemic hemodilution, was combined with micro-particle image velocimetry (µ-PIV) to determine specific flow quantities (flow velocity, shear rate, shear stress, viscosity, flow rate) and ESL thickness. C57 wild-type mice (wt, Hct 0.46) served as control (nvessel = 37). A flow simulation model was used to assess the effects of changes in Hct and ESL on overall flow resistance in a microvascular network. Tg6 mice showed reduced flow velocity (2.5-fold) and flow rate (2-fold) relative to their wt counterparts. ESL thickness in tg6 mice was substantially smaller (median, 0.13 µm) than in control mice (median, 0.52 µm). Flow simulations show that the increase in luminal vessel diameter in tg6 mice due to the reduced ESL accounts for less than 20% of the maintenance of network flow resistance. The simulations further indicate that only the integrative effect of several compensatory mechanisms (increased cell flexibility, larger cell volume, Fåhraeus-Lindqvist effect, increased vascular volume, and diminished ESL) could keep flow resistance similar to wt levels, despite the much higher Hct. Upon hemodilution of tg6 mice to an Hct of 0.50, ESL thickness increased almost to wt levels (median, 0.42 µm), as did flow velocity and flow rate. This relatively rapid reconstitution of physiological ESL thickness suggests that compression, i.e. mechanical interaction between the blood and the endothelium, rather than chemical degradation is the primary mechanism of its initial reduction. In conclusion, excessive Hct levels in tg6 mice are associated with a reversible loss of ESL thickness. This contributes, in part, to compensation of increased flow resistance. However, it may also evoke pathophysiological effects linked to an impaired function of the blood-EC interface, suggesting that the pathological phenomena previously observed in tg6 mice (chronic multiple organ damage, EC degeneration) might relate predominantly to the biological implications of the nearly abolished ESL rather than to compromised hemodynamic conditions.
Es ist bekannt, daß ein erhöhter systemischer Hämatokrit (Hkt) das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, wie beispielsweise venöse Thrombosen, Herzinfarkt und Schlaganfall, erhöht. Neben einer Verschlechterung der Hämodynamik durch die erhöhte Blutviskosität und den erhöhten Strömungswiderstand stellt die Störung des Blut-Endothel Interfaces einen anderen möglichen Pathomechanismus dar. Es ist gezeigt worden, daß das strömende Blut über eine etwa 0,5 µm dicke Schicht, genannt Glykokalyx oder auch endotheliale Oberflächenschicht (ESL), mit der Gefäßwand interagiert. Diese Schicht ist in zahlreiche physiologische und pathophysiologische Prozesse involviert, wie beispielsweise Entzündung, transendothelialer Molekültransport und Atherosklerose. Die Auswirkungen von erhöhtem Hämatokrit auf die funktionellen Eigenschaften dieses Interfaces in Mikrogefäßen sind nur unvollständig verstanden. Um die Auswirkungen eines erhöhten Hämatokrits auf die ESL-Dicke, die mikrovaskuläre Hämodynamik- und Rheologie zu untersuchen, wurde ein transgener Mausstamm (tg6) verwendet. Durch Überexpression von Erythropoetin erreichen diese Mäuse Hämatokritwerte von etwa 0,85, zeigen aber dennoch einen normalen peripheren Strömungswiderstand. Intravitalmikrosopie von post-kapillären Venolen des M. creamster (nGefäß = 32) vor und nach Hämodilution wurde mit einer mikropartikulären Geschwindigkeitsmessung (µ-PIV) kombiniert, um bestimmte Strömungsparameter (Strömungsgeschwindigkeit, Scherrate, Schubspannung, Fließrate) und die ESL-Dicke zu bestimmen. C57 Wildtyp Mäuse (wt, Hkt 0,46) dienten als Kontrollgruppe (nGefäß = 37). Ein Strömungssimulationsmodell wurde verwendet, um die Auswirkungen von Veränderungen des Hämatokrits und der ESL- Dicke auf den Strömungswiderstand eines Gefäßnetzwerkes quantitativ zu beurteilen. Tg6 Mäuse zeigten eine Verminderung der Strömungsgeschwindigkeit (2,5-fach) und der Fließrate (2-fach) relativ zu den Kontrolltieren. Die Dicke der ESL in tg6 Mäusen (Median 0,13 µm) war deutlich geringer als in den wt Mäusen (Median 0,52 µm). Die Strömungssimulationen zeigen, daß die Vergrößerung des Gefäßlumens, bedingt durch den fast kompletten Verlust der ESL, weniger als 20% zur Aufrechterhaltung des Strömungswiderstands der tg6 Mäuse beiträgt. Erst durch die Kombination verschiedener Kompensationsmechanismen (Erhöhung von Erythrozytenflexibilität, vergrößertes Zellvolumen, Fåhraeus-Lindqvist Effekt, vergrößertes Gefäßvolumen und reduzierte ESL) kann der Netzwerkwiderstand - trotz stark erhöhtem Hämatokrit - auf dem Niveau der wt Mäuse gehalten werden. Nach Hämodilution der transgenen Tiere auf einen Hämatokrit von 0,50 stieg die ESL-Dicke (Median 0,42 µm) ebenso wie Strömungsgeschwindigkeit und Fließrate nahezu auf die entsprechenden Werte der Kontrolltiere an. Diese relativ schnelle Wiederherstellung einer physiologischen ESL-Dicke legt nahe, daß ihre ursprüngliche Verringerung weniger auf chemischen Abbau als auf Kompression, d.h. mechanische Interaktion zwischen Blut und Endothel, zurückzuführen ist. Es lässt sich konkludieren, daß extrem hohe Hämatokritwerte mit einem reversiblen Verlust der ESL assoziiert sind. Das trägt dazu bei, die hämatokritbedingte Zunahme des Strömungswiderstands auszugleichen. Es kann aber andererseits auch pathophysiologische Effekte hervorrufen, welche mit gestörter Funktion des Blut-Endothel Interfaces verknüpft sind. In Analogie dazu könnten die für diese Tiere bereits bekannten pathophysiologischen Effekte des hohen Hämatokrits (Multiorganschäden, endotheliale Degeneration) eher mit den biologischen Implikationen einer stark reduzierten ESL assoziiert sein als mit einer Verschlechterung der Hämodynamik.