Context: Basic medical sciences education differs among medicine courses, especially as traditional and integrated problem-based learning (PBL) curricula teach basic sciences in very different ways. The literature shows no clear differences in the performance of students of these different educational philosophies. The Charité Medical University of Berlin (Charité Universit tsmedizin Berlin) teaches both a traditional medical curriculum (TMC) and a PBL reformed medical curriculum (RMC). Both curricula conduct the Progress Test in Medicine (PTM), which examines competence in the basic and clinical sciences from the first to the last semester. Objectives: The aim of this study was to compare the development and retention of knowledge in the basic medical sciences between students on the traditional and reformed undergraduate medical curricula, respectively. Methods: For each student and single PTM, relative frequencies of correct answers were computed for basic sciences items only and for the whole curriculum. Frequencies were averaged and grouped by semester and curriculum. Analyses of variance (ANOVAs) were performed at all measurement points with a Bonferroni-corrected p-value at the level of p < 0.005. Eta-squared (η2) was used to classify effect size. Results: In the first three semesters, RMC students slightly outperform TMC students in the basic sciences, although TMC students receive more systematic teaching. After this, TMC students develop a peak of knowledge in basic sciences and overtake RMC students. The knowledge of TMC students then decreases over time, but despite this, they perform better in the final semester. Students on the RMC show constant progress throughout their undergraduate studies. Overall, the development of medical knowledge is consistent in both curricula. There is no significant difference in this outcome between the traditional and PBL courses. Conclusions: Progress testing as a longitudinal method allows us to better understand the development of knowledge during formal undergraduate education. The main difference between traditional and problem-based medical education seems to be provoked by the high-stakes national examination undertaken in the traditional course (the Physikum).
Als erste medizinische Fakultät in Deutschland etablierte die Charité - Universitätsmedizin Berlin (CUB) 1999 einen humanmedizinischen Studiengang nach der sogenannten „Modellstudiengangsklausel“ (§ 41 ÄAppO). Zentral für das Konzept des „Reformstudiengangs“ (RSM) war dabei einerseits eine Auflösung der Fächerstruktur, andererseits die Aufhebung der „klassischen“ Trennung in einen vorklinischen und klinischen Studienabschnitt. Der erste Abschnitt der ärztlichen Prüfung (Physikum) muss nicht mehr absolviert werden. Eine zentrale Bedeutung spielte dabei das Unterrichtsformat des „problemorientierten Lernens“ (POL). Konstruktivistischen Lerntheorien folgend sollen hier in Kleingruppen klinische Problemstellungen und die zugrunde liegenden physiologischen und pathologischen Mechanismen integriert erarbeitet werden. Somit wurden Inhalte einzelner Fächer auf den gesamten Studienverlauf verteilt. In traditionellen Studiengängen wird hingegen jedes Fach separat und systematisch gelehrt. Der Fokus im Unterricht liegt auf der vollständigen und abschließenden Präsentation durch die Lehrenden. Das Curriculum des RSM war von reformierten Studiengängen aus Kanada (McMaster, Hamilton) oder den Niederlanden (Maastricht) beeinflusst, die ähnliche Umstrukturierungen seit den 1970er Jahren etabliert hatten. Die Auswirkungen auf die Lehr- und Prüfungsanteile in den Grundlagenwissenschaften Anatomie, Biologie, Biochemie/Chemie, Physiologie/Physik und Medizinische Psychologie/Soziologie waren besonders deutlich. Im Rahmen der internationalen Diskussion über Vor- und Nachteile sogenannter „integrierter Curricula“ ist eine zentrale Frage ob und wenn wie sich die Abkehr von der systematischen Lehre in den Grundlagenfächern auf die Aneignung von Wissen auswirken können. Studien hierzu kommen immer wieder zu widersprüchlichen Ergebnissen und die wissenschaftlichen Möglichkeiten, derartige Fragestellungen befriedigend zu beantworten, sind begrenzt. An der CUB wurden von 1999 – 2010 das traditionelle Curriculum und der RSM parallel unterhalten. Alle Studierende beider Studiengänge absolvierten jedes Semester den longitudinalen, interdisziplinären Progress Test Medizin (PTM). Im deutschsprachigen Raum ist der PTM das bisher einzige Instrument, durch das sich die Entwicklung des Wissens einzelner Studierender – unabhängig vom jeweiligen Studiengang – verfolgen lässt. Regelmäßige, wiederholte Testungen jedes Semester sowie der systematische Austausch der einzelnen Testfragen sind dabei von zentraler Bedeutung. Inhalt ist immer der gesamte Wissensumfang, welcher am Ende der formalen Ausbildung erreicht werden sollte und daher gelehrt wird. Alle Teilnehmer absolvieren denselben Test, unabhängig von ihrem Studienfortschritt. Dies ermöglicht neben der Erfassung des aktuellen Wissenstandes und des bisherigen Lernfortschritts auch die Darstellung von Wissensverlusten. Ziel der Studie Studien, die sich grundsätzlich der Frage nähern, welche Auswirkung medizinischen Curricula mit derart unterschiedlichen lerntheoretischen Annahmen auf die tatsächliche Leistung der Studierenden haben, werden auch international nur sehr selten präsentiert. Die curriculare Situation an die Charité – Universitätsmedizin Berlin bot hier eine Möglichkeit: Studierende aus einer Bewerbergruppe wurden in zwei unterschiedlichen Studiengänge parallel ausgebildet und ihre Wissensentwicklung wurde mit dem selben Instrument erfasst. Ziel dieser Arbeit war, die Entwicklung und Nachhaltigkeit von Wissen sowohl in den Grundlagenwissenschaften als auch im gesamten Stoff des Medizinstudiums bei Studierenden des traditionellen Curriculums sowie des RSM der CUB zu vergleichen. Methoden Von April 2003 bis Oktober 2007 wurden in neun Erhebungen für jeden Studierenden die relativen Häufigkeiten richtig gelöster Aufgaben sowohl für die Grundlagenwissenschaften als auch für den gesamten Test erfasst. Insgesamt wurden 1800 Testfragen eingesetzt, davon 218 aus den Grundlagenwissenschaften. Nach Anwendung aller Ein- und Ausschlusskriterien wurden die Ergebnisse von n=13113 Tests ausgewertet. Diese wurden nach Semester und Curriculum gruppiert und zusammengefasst. Für alle Messzeitpunkte wurden Varianzanalysen auf einem Signifikanzniveau von p < .005 (Bonferroni- korrigiert) durchgeführt. Um die Unterschiede zwischen den Gruppen klassifizieren zu können, wurde Eta-Quadrat (η²) zur Berechnung der Effektgröße eingesetzt. Des weiteren wurde analysiert, wie viele Stunden Lehre mit Anwesenheitspflicht in den Grundlagenwissenschaften in beiden Curricula stattfindet, um die Leistung vor dem Hintergrund des Lehraufwandes darstellen zu können. Ergebnisse Bis zum dritten Semestern sind Studierende des Reformstudienganges in den Grundlagenwissenschaften marginal stärker [Eta² = 0,03/0.01] als die des Regelstudiengangs. In diesem Zeitraum findet im traditionellen Curriculum um den Faktor 3,5 – 4,5 mehr Unterricht statt. Ab dem vierten Semester kehrt sich dies um und die Regelstudierenden überholen die Studierenden des RSM. Die höchsten Leistungen erreichen sie zu Beginn des fünften Semesters (Eta² = 0.14; starker Effekt). Dieser deutliche Wissensvorsprung der Regelstudierenden nimmt danach zunächst wieder ab um sich ab Semester 7 sich auf ein konstantes Niveau einzupendeln. Jedoch bleibt die Leistung über das gesamte Studium stärker als die der Reformstudierenden. Die Reformstudierenden zeigen einen eher kontinuierlichen Anstieg des Wissens in den Grundlagenwissenschaften über den gesamten Studienverlauf hinweg, so dass zum Ende der Hochschulausbildung zum zehnten Semester der Effekt nur noch schwach ist (Eta² = 0.03). Das medizinische Wissen der gesamten universitären Ausbildung steigt in beiden Studiengängen kontinuierlich. Hier stellen sich im zweiten bis vierten Semester die Studierenden des RSM überlegen dar (Eta² = 0.04/0.20/0.23). Ab dem achten Semester gibt es keinen signifikanten Unterschied im Gesamtwissen zwischen den beiden Curricula mehr. Schlussfolgerung Progress Testing als Methode zur längsschnittlichen Wissenstestung ermöglicht es die Entwicklung von Wissen während des Studiums besser zu verstehen. Der prominenteste Unterschied im Wissen in den Grundlagenfächern zum fünften Semester zwischen Regel- und Reformstudiengang zeigt sich zeitlich unmittelbar nach dem Physikum, welches nur im Regelstudiengang stattfindet. Hier muss diskutiert werden, ob die Vorbereitung auf das Physikum oder die universitäre Lehre den größeren Einfluss auf die Prüfungsleistung hat. Der frühere Anstieg des Gesamtwissens im RSM scheint eine nachvollziehbare Reflektion der frühen Präsentation klinischer Fragestellungen zu sein.