dc.contributor.author
Wilkens, Albrecht
dc.date.accessioned
2018-06-07T23:21:16Z
dc.date.available
2001-03-01T00:00:00.649Z
dc.identifier.uri
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/10384
dc.identifier.uri
http://dx.doi.org/10.17169/refubium-14582
dc.description
Inhalt
Titelblatt
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Der "Amor als Sieger"
Das "Opfer Isaaks"
Phänomen und Bedeutung des Lichts in drei anderen Bildern Caravaggios
Literaturverzeichnis
Abbildungen
Gesamtdissertation
dc.description.abstract
### Einleitung
In vorliegender Arbeit gehen religions- und kunstwissenschaftliche Interessen
zusammen. Bilder gehören zum Kult und werden in seinem Kontext untersucht. Die
ausgewählten Bilder Caravaggios, um die es sich hier handelt, sind zwar
Sammlerstücke und als solche aus dem engeren Zusammenhang des Kults gelöst;
sie gehören einer Sphäre an, die man als die Sphäre säkularer Repräsentation
bezeichnen muß. Doch die säkulare Repräsentation kann zur Zeit Caravaggios
sakraler Motive nicht ganz entraten; dies bestätigt, daß sie Funktionen des
Kults übernimmt, ihn nachahmt, ohne ihn verdrängen zu wollen. (Von dieser
Überlegung unberührt bleibt es, daß die säkulare Repräsentation den Kult
prinzipiell in Frage stellt.) Das Bild, das einmal nichts als das statuarische
Kultobjekt war, wird in dieser Zeit der Reflexion geöffnet, wird formalen
Variationen unterworfen, als Verweis auf ganz heterogene Themen artikuliert,
mit einem Wort: es wird zum concetto. Ich hoffe mit meinen Analysen
Anhaltspunkte zu bieten für die Diskussion darüber, wie Caravaggio diese
Entwicklung beeinflußt hat. Dabei folge ich den Anregungen HANS BELTINGS und
KRYSZTOF POMIANS. ANDREAS PRATER hat diese Thematik bereits in bezug auf
Bilder Caravaggios verhandelt.
Am Triumphierenden Amor, Gegenstand des 1. Kapitels, wird besonders deutlich
werden, wie die Grenzen zwischen sakraler und säkularer Kunst um 1600, gelinde
gesagt, durchlässig sind. Das hergebrachte Thema des Amor vincit omnia wird
von Caravaggio erweitert: Die Sexualität wird von ihrer zur Gewaltsamkeit
offenen Seite gezeigt; sie wird nicht zum geringsten durch die starken
homosexuellen Akzente aus dem gesellschaftlich rezipierten Zusammenhang der
Reproduktion gelöst; und sie erscheint in den Zusammenhang des Leidens, um
nicht zu sagen: der Passion gerückt.
Das 2. Kapitel gilt der Thematik des Opfers . Sein Gegenstand ist das Bild des
Isaaksopfers in Florenz. Ich zeige, wie Caravaggio sich in der Tradition der
katholischen Lehre vom Opfer hält und zugleich eine Kritik des Opfers
vorbringt. Ich ziehe andere Bilder des Malers heran, in denen diese Thematik
zu wesentlicher Bedeutung gebracht ist. Das Opfer exponiert und bindet
Gewalttätigkeit; es legitimiert sie und ist damit konstitutiv. Caravaggio legt
die violence bloß und stellt damit die Legitimität in Frage.
Auf kunsthistorischer Seite ist das Licht Thema dieser Arbeit. In den ersten
beiden Kapiteln wird gezeigt, daß Caravaggios Bildlicht den Rahmen des
strengen Beleuchtungslichts, in den WOLFGANG SCHÖNE es eingefügt gesehen
hatte, transzendiert. Noch Prater schließt sich in seiner Auffassung Schöne
an, wenn auch nicht ohne sie modifizieren; meine Analysen und Interpretationen
bestimmen sich in der Auseinandersetzung mit Praters Thesen. Er nimmt das
Bildlicht Caravaggios ikonographisch und öffnet damit die Tür zu einer
Methode, die den Begriff der Ikonographie auch auf formale Aspekte des Bildes
anwendet und ihn damit produktiver macht, als er es bisher in seiner engen
Bindung an den Bildinhalt sein konnte. Diesen Impuls nehme ich auf, und so
kann es zur Kollokation von Licht und Gewalt kommen, die den Titel meiner
Arbeit abgibt.
Nicht erst mit dieser Kollokation ist das Licht in einen
religionswissenschaftlichen Kontext gerückt. Das Licht, als Instanz des
Zeigens, hat an der Konstitution des Bildes, seiner Realität, die zur
allgemeinen Realität ein signifikantes Verhältnis einnimmt, wesentlichen
Anteil. (Man könnte, zur ersten, groben Orientierung, sagen: Das Licht ist das
Ich des Bildes.) Wenn das Licht, wie angedeutet, sich nicht immer in gleicher
Weise zu den Gegenständen stellt, sondern variiert zwischen dem Extrem eines
harten Beleuchtungslichts und dem anderen eines sich an die Materie, an die
Gegenstände ?anschmiegenden? Verhaltens, so hat das auch Konsequenzen für das
Problem der Konstitution, d. h. der in der Wahrnehmung und im Bewußtsein
festgestellten und so mit bestimmten Bedingungen und Tendenzen apostrophierten
Realität. Die Auffassung des Lichts als Instanz des ?Generierens? der
sichtbaren Welt läßt sich induktiv aus der Doktrin des Beleuchtungslichtes
herleiten, wie sie seit Cennini gelehrt wurde und wie auch Caravaggio sie
anerkannte. Diese Doktrin ist, so scheint es, alles, was Caravaggio
theoretisch über das Licht wußte und gelten ließ; es gibt nach meiner
Übersicht keine Anzeichen dafür, daß er sich von einer überlieferten
Lichtmetaphysik hätte leiten lassen. Indem Licht und Gewalt am Begriff der
Konstitution teilhaben, zeigt sich, daß ihre Zusammenstellung nicht so krud-
willkürlich ist, wie man es meinem Titel zunächst ablesen könnte. Hierzu
Näheres in den Bildanalysen des 2. und 3. Kapitels.
Es dürfte schon deutlich geworden sein, wie emphatisch die hier dargestellte
Arbeit auf den Kontext eines Phänomens Bedacht nimmt. Es genügt nicht, dem
Licht, für sich genommen, einen plausibel scheinenden Einfluß auf die
Bedeutung des Bildes zuzuschreiben; man muß es, wie es auch Prater
beispielhaft vorführt, im Kontext des ganzen ikonographischen Komplexes lesen.
In ihn gehört auch eine ikonographisch reflektierte Beachtung von Form und
Komposition. Diesen methodischen Aspekt meiner Arbeit entwickele ich in einem
Exkurs über THEODOR HETZER, der, wie bekannt, in seinen Analysen auf Form und
Farbe eines Bildes vorrangig einging (Kapitel 2).
Im 3\. Kapitel untersuche ich drei weitere Bilder Caravaggios nach den
gleichen methodischen Gesichtspunkten. Im ersten dieser Bilder, dem
Ungläubigen Thomas, ist die Artikulation des Lichts, variabel wie in den
vorher dargestellten Bildern, wenn auch mit geringerem Spielraum, in den
Zusammenhang von Charakterisierung und Dramatik gestellt. Die beiden anderen
Bilder des Kapitels, der S. Giovanni der Galleria Borghese und das in
derselben Sammlung aufbewahrte Bild David mit dem Haupte des Goliath, zeigen
das Licht in Variationen, die als Kommentare zu ihren Themen, den Themen der
Schuld, des Opfers, des Leidens, zu lesen sind. Das Kapitel legt dar, in wie
verschiedenen Bildern Caravaggio das Prinzip der variierten Artikulation des
Lichts realisiert und welch präzise Akzente er damit setzt.
Das Weiterwirken des caravaggesken Lichtkonzepts ist Gegenstand eines
Exkurses, der die Arbeit abschließt. Ausgewählt wurde das Bild der Auffindung
des heiligen Sebastian von Georges de La Tour (Berlin). Bei seiner Analyse
wird ein Interpretament entwickelt, das zum Schluß auf Caravaggios Helldunkel,
genauer das des Martyriums der heiligen Ursula angewandt wird.
Den Schritt, eine Entwicklung von Caravaggios Lichtkonzeption zu konstruieren,
getraue ich mir nicht zu gehen. Dies gilt auch für die Wirkungsgeschichte
dieses Konzepts. Die Arbeit ist konsequent monographisch gedacht. Zwar kann
man geltend machen, die Kategorie der Entwicklung sei ihrerseits ein
unabdingbares Kriterium der Gültigkeit, aber bei solchem Überprüfen und
Rekonstruieren bleibt die Aufmerksamkeit auf das Besondere einer Realisierung
zu leicht auf der Strecke. Vielleicht ist solches Überblicken der Gegenstände
in ihrer Folge der Indifferenz angemessen, die sich uns repressiv als
geeignete Existenzform anbietet. Gerade dann ist die Emphase kontextueller
Rede umso dringender geboten. Möglich, daß die Malerei selbst das
unüberbietbare Vorbild solch kontextueller Rede abgibt: Ut pictura theoria.
de
dc.description.abstract
Light in Caravaggio is not irrelevant to the meaning of a picture, but is
accessible to an iconographic interpretation. Its meaning can be determined by
considering the context in which it appears; by discussing its articulation
which varies between the extremes of a hard grasp of the object and a
sympathetic dwelling within the object, or rather, within matter. This can be
demonstrated in the Berlin Amore vincitore. The extremes of lighting are the
glaring light on the tablecoth and the soft light not heightened by reflexes
in the musical instruments. The hard, detached light is metaphorical of the
conquering Amor, whereas the soft variant stands for a mild, all-embracing
Amor. In some of Caravaggio´s pictures, light with its varying articulation
underlines the aspect of violence in the respective subject matter. In a
highly significant passage of the Florence Sacrifice of Isaac, strong light
hits the boy´s nude body which is threatened by the knife. Thus light creates
the atmosphere of impending violence in an interplay with Abraham´s gesture
and the hard contours. The foreground group as a whole is determined by strong
light-and-shade contrasts, whereas in the background landscape, soft light
spreads in space without casting hard shadows. Light is here understood to
accentuate the motherly aspect of the landscape. By contrast against this soft
chiaroscuro, the hard foreground lighting recalls the unreal aspect of
mirroring. This is normally and by rights considered as heightening the
realistic character of painting; in this context, however, it gives momentum
to the unreal appearance of the scene brought about by the stress of
aggression and fear. At closer inspection, however, it will be noticed that
the violent dynamics of light affects the landscape, too. Light leaves some
traces in it which are hardly recognizabe as real light phenomena and which
point back to the knife in a strange arrangement. The Sacrifice of Isaac
follows the demands of the Catholic dogma of sacrifice, but it does so only at
a superficial level. It exposes the situation of sacrifice as one of horror
and puts forward a radical criticism of sacrifice, pointing at eros as a force
which is threatened by this institution and would eventually make sacrifice
dispensable. Besides the Sacrifice of Isaac, the Capitoline St. John is
interpreted in this sense. The Florence Sacrifice unfolds a conflict between
the violence of sacrifice and a force of mediation which incorporates reason
and love. This force is embodied by the angel, whose pointing hand epitomizes
the dominating formal tendencies of the composition, thus making it clear that
the composition is an integral part of the enacted drama. The variable
articulation of light is also relevant in other iconographic contexts. The
hard light variant hitting objects from outside is always on the side of a
strong affect or of violence which transcends emotion. In the Potsdam Doubting
Thomas the hard light is that of the disciple stubbornly seeking certainty by
physical perception, and is contrasted by a soft light emanating from Christ
and symbolizing his all-embracing spirit. In the late Borghese St. John, the
head of the saint is articulated under a decisive, vitalizing light, whereas
the light on his trunk is weaker in chiaroscuro and makes the body appear
abandoned to sacrifice. The latest version of David with the Head of Goliath
(also in the Borghese Gallery) has a strong illumination light on the severed
head. It is the light of violence and guilt. The tenderer light version, in
the figure of David, represents grace as unfolded in the compassion with which
the victor regards his trophy. The hand which is holding the giant´s head is
also affected by the strong chiaroscuro. Thus the figure of the future king
(and the type of Christ) appears to be subject to conflict and guilt. Most
Caravaggio pictures display their figures or figure groups against a neutral
background. The situation they constitute is inescapable, and so is the
beholder´s identification with them. This gives the metaphor of light as
violence a strong validity. Georges de La Tour takes up the Caravaggesque
tradition of light and colour and uses it to conjure up a cult-like atmosphere
in which figures and impulses are transfixed. This is demonstrated in the
Berlin Finding of St. Sebastian by St. Theresa. In Caravaggio´s Martyrdom of
St. Ursula, there is a whitish, soft light quasi emanating from the saint. It
signifies a tenderness in relation to herself and the recognition of the
mortal wound at a moment which is free of fear and hatred. This picture
presents the clearest conceivable alternative to the light of violence.
en
dc.rights.uri
http://www.fu-berlin.de/sites/refubium/rechtliches/Nutzungsbedingungen
dc.subject
Caravaggio Bildanalyse
dc.subject.ddc
700 Künste und Unterhaltung::700 Künste::700 Künste, Bildende und angewandte Kunst
dc.title
Licht und Gewalt bei Caravaggio
dc.contributor.firstReferee
Prof. Dr. Klaus Heinrich
dc.contributor.furtherReferee
Prof. Dr. Rudolf Preimesberger
dc.date.accepted
1999-06-18
dc.date.embargoEnd
2001-05-09
dc.identifier.urn
urn:nbn:de:kobv:188-2001000326
dc.title.subtitle
Studien zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte einer epiphanen Neuerung
dc.title.translated
Light and violence in Caravaggio
en
dc.title.translatedsubtitle
an innovation in sacred representation and it's development
en
refubium.affiliation
Geschichts- und Kulturwissenschaften
de
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